Der Jukebox-Mann
treffen wollen, oder? Du sorgst ja dafür, dass ihn alle hören können, nicht? Mama sagt, wenn es nach dir ginge, würde es nur Elvis und sonst nichts in den Jukeboxen geben.«
»Ach?«
»Aber sie mag Elvis auch.«
»Und du – magst du Elvis?«
»Tja … geht so. Wo wohnt er eigentlich?«
»In Memphis, Tennessee, im Süden von Amerika.«
»Wirst du hinfahren?«
»Das weiß ich nicht. Man sollte es vielleicht tun.«
»Dort gibt es Neger«, sagte Lennart. »Wir haben in der Schule darüber gesprochen. Im Süden von Amerika wollen die Weißen nicht, dass die Neger in dieselbe Schule gehen wie die Weißen.«
»Das gilt nicht für alle Weißen in Amerika«, sagte Johnny, »aber es gibt immer Idioten. Und besonders viele im Süden.«
»Ist Elvis ein Neger?«
Johnny lachte auf. Lennart lächelte, vielleicht hatte er nur Spaß gemacht, vielleicht auch nicht.
»Nein, er ist kein Neger. Seine Stimme klingt nur so.«
Lennart klapperte fast rhythmisch mit den Zähnen.
»Du erfrierst ja.« Johnny erhob sich. »Wir fahren. Im Auto ist es wärmer, wenn die Sonne reinscheint.«
Sie gingen zum Duett, der bei dem Wäldchen wartete. Johnny fuhr rückwärts hinaus. Lennarts Zähne klangen jetzt wie Kastagnetten.
»Damit könntest du auf dem Jahrmarkt auftreten«, sagte Johnny.
»Im nächsten Monat kommt er zu uns«, sagte Lennart. »Wenn Markttag ist. Den haben wir jedes Jahr.«
»Ach?«
»Der Jahrmarkt ist immer dabei, beim Markttag. Da gibt es einen Fakir.«
»Mister Swing«, sagte Johnny.
»Genau! Mister Swing!« Lennart zitterte wieder. »Kennst du den?«
»Ja. Er ist Fakir und gleichzeitig Starker Mann«, sagte Johnny.
»Woher kennst du ihn?«
»Wir haben zusammen gearbeitet.«
»Was!? Bist du auch Fakir gewesen?«
»Nein. Aber ich hab für die Schausteller gearbeitet. Ich hab einen der Laster gefahren, sie beladen, hab Zelte aufgerichtet und Bühnen gebaut und so was.«
»Oh, das klingt aber toll.« Lennart schien es ein wenig wärmer geworden zu sein. »Ich würde auch gern mit solchen Jahrmarktwagen herumreisen.«
»So lustig war das gar nicht. Man musste immer nur Sachen anheben und schleppen.«
Lennarts Zähne hatten aufgehört zu klappern. Bevor sie losgefahren waren, hatte er sich hinter dem Auto angezogen und sich in die Decke gewickelt, die jetzt um ihn herum auf dem Sitz lag. Johnny hatte das Fenster geschlossen und die Sonne schien warm herein.
»Ich würde Mister Swing gern treffen«, sagte Lennart und guckte Johnny an. »So wie du Elvis treffen möchtest.«
»Ich kann es einrichten, dass du ihn kennen lernst«, sagte Johnny. »Wenn ich in einem Monat wieder hier bin.«
»Kommst du dann mit?«
Lennarts Stimme klang etwas ängstlich.
»Wenn du Mister Swing triffst? Na klar, aber er ist kein bisschen gefährlich.«
»Er steckt sich Nadeln durch die Wangen und isst Glühlampen«, sagte Lennart.
»Für so was muss man ein netter Mensch sein.« Johnny lächelte. »Wenn man so was macht, ist man eher dumm als gefährlich.«
»Ist er dumm?«
»Nein, nein. Er ist nett und … gewitzt. Außerdem ist es sein Job.«
»Und dann ist er auch noch Feuerschlucker«, sagte Lennart.
Johnny sah Mister Swing vor sich, oder Sune Jonasson, wie er in Wirklichkeit hieß, den rasierten Schädel, die schwarz geschminkte Haut, den Mund voller Benzin, der Feuer über die Zuschauer spie, die auf Holzbänken in dem gottverlassenen Varietézelt hockten, ihre Gesichter flackernd in den zuckenden Flammen. Die offenen Münder. Der Gestank nach Feuer und Benzin. Der Gestank nach Schnaps.
»Ich könnte ihm ja mein Zähneklappern vorführen«, sagte Lennart. »Vielleicht ist das ein guter Trick.« Er schlug wie zur Probe die Kiefer zusammen. »Aber dann muss ich erst mal baden, und zwar lange.«
»Du kriegst eine Wanne auf die Bühne gestellt«, sagte Johnny.
»Das ist gut, falls es im Zelt anfängt zu brennen, wenn Mister Swing Feuer spuckt!«
Johnny drosselte in einer scharfen Kurve das Tempo und fuhr dann wieder schneller. Der Schotter knirschte am Straßenrand.
»Eine Wanne auf der Bühne ist wirklich gut«, sagte Johnny.
»Hat dein Bruder auch bei den Jahrmarktleuten gearbeitet?«, fragte Lennart.
Jetzt waren sie also wieder dort gelandet. Er hatte geglaubt, Lennart habe es vergessen. Jedenfalls hatte er sich eingebildet, dass sie inzwischen über so viel anderes gesprochen hatten, dass das Thema nicht mehr interessant war. Aber für den Jungen war alles interessant. Er wollte alles lernen, was es auf
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