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Der Jukebox-Mann

Der Jukebox-Mann

Titel: Der Jukebox-Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Åke Edwardson
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Todesgewicht.
    Ljung antwortete nicht. Er sah beschämt aus, vielleicht auch nur gleichgültig. Johnny merkte, wie schwer es ihm fiel, den Unterschied zu erkennen. Vielleicht sah eine Münze eigentlich auch gleich aus auf beiden Seiten. Jetzt sah Ljung aus, als würde er wiederkäuen. Er zupfte an seinem Jackettärmel.
    Hier gab’s keine Münzen mehr zu holen, das war jedenfalls klar.
    »Ich nehm die Box gleich mit«, sagte Johnny und marschierte ins Café. Er sah sie, eine Wurlitzer 2204, die an einen bequemen alten Lehnstuhl erinnerte. Die war hier nicht mehr zu Hause. Die war hier nicht mehr willkommen. Sie war einsam. »Du musst mir helfen, sie rauszutragen.«
    »Aber warte doch, Bergman, Schei…«
    Johnny hörte nicht mehr hin. Er hatte schon den Stecker herausgezogen und die Front geöffnet und war dabei, die Platten herauszunehmen. Ljung war ihm gefolgt.
    »Ich hab doch für heute noch nicht mal geschlo…«
    »Sperrst du bitte die Türen auf?«, unterbrach Johnny ihn.
    »Das kannst du doch nicht machen!«
    »Es ist meine Box.« Er fuhr fort, die Platten herauszunehmen, zweiundfünfzig Stück, hundertvier A- und B-Seiten. Ljung hatte soeben seine B-Seite gezeigt. Er hatte keine A-Seite. »Ich mach, was ich will.«
    Johnny verstaute die Platten in der Tasche. Die meisten waren neu, ungespielt. Sie würden bei jemandem gespielt werden, der es besser verdiente.
    Er zerrte an der Box und zog sie langsam zu sich heran. Sie wog hundertzweiundsechzig Kilo. Er maß den Abstand zwischen dem Laden und dem Café. In der Tür war eine Milchglasscheibe, die ungefähr genauso hoch war wie die Box. Die Tür wirkte schmal.
    »Wir müssen die Tür aushängen«, sagte er.
    Ljung schaute zwischen Box und Tür hin und her und dann aus dem Fenster wie auf der Suche nach Hilfe.
    »Zum Teu… Bergman, hör doch mal zu, das ka…«
    »Oder wir müssen sie durchs Fenster hieven«, schnitt Johnny ihm das Wort ab. »Entweder oder.«
    Er wusste, dass die Box durch die Türöffnung passte. Er hatte sie ja selbst aufgestellt vor vier Jahren. Ein halbes Jahr später hatte Ljung das Café gekauft. Ljung wusste nichts über die Breite und Tiefe.
    »Verdammt noch mal, Bergman, das ist doch nicht meine Schuld!«, schrie Ljung. Er machte einen Schritt ins Lokal hinein. »Du scheinst das nicht … nicht zu begreifen.«
    »Ich begreife nicht? Was begreif ich nicht?« Johnny spürte das Gewicht der Box an seinem Körper. Das Gewicht war real. Er packte fester zu und verstand, dass es um sie ging, genau um sie, die Box. »Ich kapier schon.«
    »Es ist vorbei, Bergman. Jedenfalls geht’s langsam aufs Ende zu. Die Leute wollen keine Jukeboxen mehr. Die sind überholt. Junge Leute kaufen sich Plattenspieler. Und Popmusik kannst du doch ununterbrochen im Radio hören.
    Kapierst du das nicht? Das ist nicht meine Schuld, Bergman. Ich bin nicht der Einzige …«
    Johnny ließ die Wurlitzer gegen die Wand krachen. Sie schien vor Schmerzen zu beben. Er drehte sich um.
    »Nicht der Einzige, was? Nicht der Einzige, der keine Box mehr in seinem Café haben will? Wer noch?« Johnny machte einen Schritt auf Ljung zu, der sich zurückzog und die Arme in Abwehrhaltung hob. »Sag’s mir, wer noch?«
    »Nie … nie …«, sagte Ljung und schob die Tür mit seinem Hintern auf.
    »Ni …? Nina wer? Nina Karlsson? Nina Blomblad?«
    Er zielte aus vier Meter Entfernung einen kurzen geraden Haken gegen Ljung. Der drehte sich in einer einzigen Bewegung, die fast einstudiert wirkte, und stürzte auf die Schwingtür der Küche zu, stieß sie auf und Johnny sah ihn weiter auf die Küchentür zum Hof zustolpern, dann war Ljung verschwunden.
    Links von Johnny wurde plötzlich die Ladentür geöffnet. Die Glocke klingelte schrill. Johnny stand immer noch mit vorgestreckter linker Hand da. Aus dem linken Augenwinkel sah er jemanden eintreten, einen Arm, ein Bein, eine Farbe.
    »Guten … Abend.« Er hörte eine Frauenstimme. Einen verwunderten Tonfall.

12
    Johnny wandte den Kopf, hielt die Arme jedoch schützend vor den Körper. Die Frau rührte sich nicht. Johnny ließ die Hände sinken und drehte sich um.
    »Guten Abend.«
    »Ist … geöffnet?«
    Er kannte sie nicht. In der ersten Sekunde hatte er geglaubt, es sei die Frau in Rot, es war seltsam, aber diese Frau war jünger und kleiner. Und hielt ein kleines Kind an der Hand. Es war ein Mädchen mit blonden Zöpfen. Es sah mit großen Augen zu Johnny auf.
    »Ich weiß es nicht«, sagte er, »aber ich glaub schon.«
    »Wo

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