Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Jukebox-Mann

Der Jukebox-Mann

Titel: Der Jukebox-Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Åke Edwardson
Vom Netzwerk:
Rondo. Die wenigen Jugendlichen des Ortes waren immer hierher gekommen, aber das änderte sich allmählich. Vor einigen Jahren hatte Johnny geglaubt, hier werde er eines Tages Jugendliche treffen, die er noch als Kleinkinder gekannt hatte, aber jetzt wusste er, daraus wurde nichts.
    Vielleicht ist die Vierunddreißig hier nicht so gut gegangen, weil in diesem Ort noch zu wenig abgerissen worden war. Hier konnten Buden zusammenbrechen, ohne abgerissen zu werden. Die Leute gingen weg und ließen die Schuppen einfach wie geschrumpfte Erinnerungen zurück.
    »Jeder darf sich was wünschen, gratis.«
    »Wir wissen ja nicht, was du Neues mitgebracht hast«, sagte das Mädchen, das nach den Rolling Stones gefragt hatte. Er versuchte sich zu erinnern, wie sie hieß. Es war ein Name, der mit B anfing.
    »Darum geht es jetzt nicht«, sagte er. »Ich möchte wissen, welche Platten in der Box populär sind.«
    »Machst du eine Untersuchung?«, fragte der kleine Halbstarke.
    »Mal los«, sagte Johnny. »Was möchtest du hören, Junge?«
    »Elvis natürlich.«
    »Und was?«
    » Suspicion. «
    »In der Jukebox ist zu viel Elvis«, sagte der kurz geschorene Junge.
     
    Das Mädchen hieß Barbro. Sie sehnte sich von hier weg. Während er Kaffee trank und ein Butterbrot mit Ei und Anschovis aß, leistete sie ihm Gesellschaft. Er wollte sie einladen, aber sie wollte nichts.
    »Hier ist nichts los«, sagte sie. »Wenn man klein ist, fällt einem das nicht auf, aber jetzt.« Sie fingerte an der Tischplatte herum. »Wenn man älter wird, merkt man es.«
    »Wie alt bist du, Barbro?«
    »Achtzehn.«
    »Gehst du noch zur Schule?«
    »Letztes Jahr bin ich auf die Haushaltsschule in der Stadt gegangen«, antwortete sie, »aber nur sechs Monate.«
    »Und was machst du jetzt?«
    »Vielleicht krieg ich einen Job bei der Schulspeisung, wenn die damit anfangen.« Sie zeigte durchs Fenster in eine unbestimmte Richtung. »Ab Oktober gibt es eine Schulspeisung im Gemeindehaus. Das ist neu.«
    »Klingt doch gut.«
    »Wenn ich den Job kriege, bleib ich hier.«
    »Ist doch gut, oder?«
    »Ich weiß nicht.« Sie schaute zu den anderen, die am Fenstertisch Karten spielten. »Dann bleibe ich hier. Verstehst du, wie ich das meine? Dann bin ich … gezwungen zu bleiben.«
    »Was zwingt dich denn? Oder wer?«
    »Die … Erwachsenen«, sagte sie. »Meine Eltern. Und andere Erwachsene.«
    »Die können dich doch nicht zwingen.«
    »Sie scheinen … nervös zu sein«, sagte sie. »Als würde man aus diesem Gefängnis ausbrechen, abhauen von hier.«
    »Du brauchst nicht abzuhauen«, sagte er. »Du gehst einfach weg. Und es muss ja noch nicht das Ende bedeuten, in der Schulspeisung zu arbeiten. Du bist doch erst achtzehn. Du kannst dort zum Beispiel zwei Jahre arbeiten, und dann fährst du hinaus in die Welt.«
    »Genau das möchte ich«, sagte Barbro, »in die Welt hinaus.«
    »Das schaffst du.«
    »Du fährst ja auch rum«, sagte sie.
    »Diese Welt ist nicht besonders groß«, sagte er.
    »Aber man kriegt was Neues zu sehen«, sagte sie, »nicht jeden Tag dasselbe.« Sie zeigte wieder nach draußen, diesmal auf die Häuser und die Landstraße. »Hier ist immer alles gleich. Immer.«
    »Wenn du bei der Schulspeisung anfängst, ist das etwas Neues«, sagte er. »Montag Leber, Dienstag Dorschrogen, Mittwoch Speckpfannkuchen.«
    Sie lächelte.
    Er schob den Teller mit dem halb aufgegessenen Butterbrot beiseite und zündete sich eine Zigarette an.
    »Hast du ein bestimmtes Ziel?«
    »Ja … etwas, das größer ist als dies.«
    Der Halbstarke an dem anderen Tisch grinste. Er hatte es gehört.
    »Dann reicht es, wenn du zwölf Kilometer fährst«, rief er durch den Raum. »In die Stadt.«
    »So meine ich es nicht.« Sie beugte sich näher zu Johnny und fügte leiser hinzu: »Ich möchte in eine … Großstadt. Ist das komisch?«
    »Kein bisschen. Warst du schon mal in der Hauptstadt?«
    »Nein. Aber du doch bestimmt?«
    »Ja, da muss ich manchmal eine Lieferung abholen.«
    »Ich möchte … nach England«, sagte sie noch leiser. »Bist du da mal gewesen?«
    »Nein, aber es liegt am Weg nach Amerika.« Er lächelte.
    »Wenn man mit dem Schiff nach Amerika fährt, kommt man erst nach England. Nach Liverpool.« Er lächelte wieder. »Die Beatles stammen aus Liverpool.«
    »Bist du schon mal in Amerika gewesen?«
    »Nein. Aber ich … denke an Amerika. Ungefähr wie du an England denkst, vermute ich.« Er nahm einen Zug von seiner Zigarette und blies den Rauch in eine

Weitere Kostenlose Bücher