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Der Junge aus dem Meer - Roman

Der Junge aus dem Meer - Roman

Titel: Der Junge aus dem Meer - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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der die Mediziner nicht genau wissen, ob sie genetisch bedingt ist.
Ich
wusste jedoch sehr genau, dass ich Ballerinas Flip-Flops vorzog.
    Während ich mir ein Handtuch um die Hüften wickelte, blickte ich aus meinem Fenster, das auf den Glaucus Way hinausging. Dunkelrote Streifen erschienen am Himmel, und leuchtende Glühwürmchen tanzten zwischen den Hausdächern umher. Unter den schattigen Ästen schob eine junge Mutter rasch einen Kinderwagen, und das Louisianamoos ähnelte den spinnwebartigen Bärten alter Männer. Im Dunkeln zu schwimmen, war mir unheimlich, ich musste mich also beeilen, bevor die Dunkelheit hereinbrach.
    Ich rief Mom zu, dass ich bald zurückkäme, und raste die knarrenden Treppenstufen hinunter, durchs Wohnzimmer und auf die hintere Veranda. Die abendliche Kühle ließ mich zittern und ich rieb mir über die Arme. Die Verandastufen fühlten sich kalt unter meinen Füßen an, doch der sandigeAbhang, der zum Wasser führte, war warm, von den Sonnenstrahlen des Tages aufgeheizt.
    Genau wie der Ozean. Ich watete bis zu den Schienbeinen hinein, wobei meine Zehen kleine Sandwölkchen aufwirbelten. Seegras strich an meinen Knöcheln entlang, und ich spürte, wie mich ein Gefühl von Frieden überkam. Ich blickte über die offene Weite des dunklen Türkis. In der Ferne lag ein Segelboot, und als ich die Augen zusammenkniff, konnte ich ein Fischerboot auf die Insel zutuckern sehen. Abgesehen davon hatte ich das Meer ganz für mich allein.
    Was hatte Mom vorhin gesagt? ›Wasser, Wasser überall, und nirgends ein Tropfen zu trinken.‹ Ich war ehrlich gesagt noch nie in die Situation geraten, vor lauter Durst fast zu sterben, konnte dieses Verlangen aber durchaus nachvollziehen. So hatte ich mich die ganzen Jahre gefühlt, bevor ich einen Freund hatte; meine High School schien wie ein Ozean von Jungs zu sein, alle waren zum Küssen da, alle waren zum Ausgehen da, aber keiner wollte mich.
    Ich schüttelte den Kopf und schob meine Erinnerungen beiseite. Dann ließ ich mich weiter in den Atlantik hineintreiben, hielt die Luft an und tauchte gänzlich unter.
    Ich liebte diese blaugrünen Schatten der Unterwasserwelt, die Art, in der sich das Seegras wie in Zeitlupe hin- und herwiegte. Als ich wieder hochkam, um nach Luft zu schnappen, streckte ich meinen Körper der Länge nach aus und begann langsame Schwimmbewegungen mit den Beinen. Nur Schwimmen gestattete mir soviel Anmut und Freiheit, nicht einmal das Bestehen einer naturwissenschaftlichen Prüfung bereitete mir soviel Vergnügen. Außerdem war es irgendwie aufregend, im Ozean zu treiben. Die warmen Liebkosungen des Wassers waren in gewisser Weise ursprünglich und natürlich.
    Die meiste Zeit meines Lebens hatte ich mich mit Swimmingpools begnügen müssen. Mom mochte keine Ferien am Strand. Wenn sie sich freinehmen konnte, besuchten wir Städte wie Chicago oder die Berge im Norden des Staates New York. Mein Vater war immer bereit, mich in L. A. mit an den Strand zu nehmen, doch wir sahen uns nicht häufig. Jetzt fragte ich mich, ob Mom den Ozean gemieden hatte, weil er sie an ihre Kindheit und an Isadora erinnerte.
    Mein Herz setzte aus, als ich etwas Schleimiges an meinen Beinen entlangfahren spürte. Ich fühlte mich im Wasser nicht länger völlig allein, und zu allem Überfluss hallten nun Matrosenmützes Worte über die gefährlichen Kreaturen in meinen Ohren wider. Lächerlich. Trotzdem paddelte ich zum Strand zurück und redete mir ein, dass es ohnehin Zeit sei, ins Haus zurückzukehren. Der Himmel wandelte sich in der Zwischenzeit von Orange über Lila bis hin zu Dunkelblau.
    Ich trocknete mich ab. Das Wasser tropfte aus meinem Pferdeschwanz und lief mir an den Armen herunter. Wirklich komisch, wie sehr Schwimmen dich verändern kann – ich wusste, dass ich jetzt völlig anders als die trockene Miranda aussah, die ich vor Minuten noch gewesen war. Mir klapperten die Zähne, als ich die Verandastufen hinaufstürmte und ins Haus schlüpfte. Das Wohnzimmer war dämmrig, die Vorhalle von Schwärze umgeben. Abgesehen vom konstanten Flüstern des Ozeans und dem Surren der Deckenventilatoren war es still im Alten Seemann. Mom hatte gesagt, dass sie vielleicht früh zu Bett ginge, weshalb ich mich nun auf Zehenspitzen bewegte. Im Gegensatz zu mir hatte Mom einen leichten Schlaf. Sie hatte einmal gesagt, dass das so sei, seit sie Mutter geworden war.
    Ich war noch nicht müde. Das Schwimmen hatte mich erfrischt,mich leicht rastlos und durstig

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