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Der Junge, den niemand sah: Kriminalroman (German Edition)

Der Junge, den niemand sah: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Der Junge, den niemand sah: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cornelia Read
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nicht blutgetränktmit oben rausstehenden Unterschenkelknochen. »Hm. Und warum haben Sie sie mir ausgezogen?«
    »Habe ich nicht«, sagte sie. »Aber so was kommt vor, wenn man von einem Auto angefahren wird. Der Aufprall haut einen aus den Latschen.«
    »Aus einem Paar bis oben zugebundenen Converse-Hightops? Wie soll das gehen?«
    »Physikalische Gesetze«, antworteten die haarigen Hände. »Jetzt schneiden wir Ihre Hose auf. Ich will einen Blick auf das Knie werfen.«
    Ich versuchte, den Kopf zu schütteln. »Warum kann ich meinen Kopf nicht bewegen?«
    »Sie sind festgeschnallt«, sagte Skwarecki. »Alles ist gut.«
    Die kalte Scherenklinge glitt über meinen Bauch.
    »So eine Scheiße«, sagte ich. »Mir ist eiskalt.«
    Dr. Haarig deckte meinen Torso mit einem Laken zu. »Wir wollen Sie noch röntgen.«
    »Langsam tut es richtig weh«, sagte ich, und Tränen kullerten mir aus den Augenwinkeln und rollten mir über die Schläfen, während ich auf meiner Trage an eine neue Flurdecke starrte.
    Der Arm war am schlimmsten, aber auch der Rest meines Körpers pulsierte im Konzert. Das Warten vor dem Röntgenraum fühlte sich an, als wären wir seit Wochen hier.
    »Wahrscheinlich lässt gerade der Schock nach«, sagte Skwarecki. »Ist Ihnen immer noch kalt?«
    »Jetzt, wo Sie es sagen.«
    »Ich bitte den Mann um eine Decke oder so, wenn er zurückkommt.«
    »Als würde er zurückkommen.«
    »Der kommt schon, wenn er nicht will, dass ich ihm eine Kugel verpasse«, sagte sie.
    Ich begann mit den Zähnen zu klappern. »Toll, eine Freundin mit K-knarre zu haben. Spart den ganzen Papierkram.«
    »Wo wir gerade davon reden, ich brauche Ihre Aussage.«
    »Sp-päter?«
    »Klar«, sagte sie. »Aber haben Sie was gesehen? Konnten Sie den Wagen erkennen?«
    »Skwarecki, mir ist so k-kalt …«
    »Hey«, rief sie laut. »Hat hier jemand eine Decke?«
    Ich hörte quietschende Schritte auf dem Linoleum, dann legte sich etwas Weiches über meine Beine.
    Besser.
    Sie wartete einen Augenblick, bis meine Zähne sich beruhigt hatten. »Erinnern Sie sich an irgendwas, das mit dem Wagen zu tun hatte? Haben Sie ihn gesehen?«
    Ich wollte den Kopf schütteln, aber er war festgeschnallt. »Ich hab nur Luft gesehen. Danach erinnere ich mich an nichts. Nicht mal, wie ich auf dem Boden gelandet bin.«
    Skwarecki schwieg. Der Lärm des vorbeihastenden Gewimmels auf dem Flur hörte sich umso lauter an.
    »Aber da waren zwei Typen, die auf der Straße rumhingen«, sagte ich. »Auf der anderen Straßenseite, als ich vor dem Friedhof gewartet habe. Wegen ihnen bin ich vor zur Bushaltestelle gegangen. Als ich zurücksah, war einer von beiden weg, und der andere hat mich angegrinst. Hat mir irgendwie einen Schreck eingejagt.«
    »Wie meinen Sie das?«, fragte sie.
    »Na ja, vielleicht ist der andere jemand anrufen gegangen, wissen Sie? Einen Freund mit einem Auto zum Beispiel.«
    »Ich halte die Sache eher für einen Unfall mit Fahrerflucht«, sagte sie. »Total beschissen, aber Zufall.«
    Ich dachte wieder an den grinsenden Jungen. »Irgendwie hatte ich das Gefühl, er wusste Bescheid …«
    »Worüber?«
    »Verdammt, ich weiß es nicht. Als er mich angrinste, habe ich Gänsehaut bekommen.«
    »Vielleicht fand er Ihren Hintern gut.«
    »Ich meine es ernst.«
    »Na gut«, sagte sie. »Wie sahen die Typen aus?«
    »Rollmützen«, sagte ich, »dicke Daunenjacken, ausgeleierte Jeans und sehr weiße Turnschuhe.«
    »Sie haben gerade neunzig Prozent der männlichen Bevölkerung zwischen zehn und dreißig beschrieben. In allen fünf Stadtbezirken.«
    »Afroamerikaner.«
    »Damit sind wir bei sechsundzwanzig Prozent. Ist das alles?«
    »Ja«, sagte ich, »mehr oder weniger.«
    Tatsache war, ich wusste nicht, wie die zwei aussahen, weil ich mir größte Mühe gegeben hatte, sie nicht anzusehen, und Skwarecki hatte wahrscheinlich vollkommen recht, wenn sie sagte, dass meine Beschreibung keinen Penny wert war.
    »Sie gehen doch noch mal hin, oder?«, fragte ich.
    »An die Unfallstelle? Hab ein paar Kollegen hingeschickt, bisschen rumfragen – vielleicht hat jemand das Nummernschild gesehen.«
    »Nicht da hin«, sagte ich. »Auf den Friedhof. Ich bin echt froh, dass ihr euch nach Zeugen umseht, aber Louise Bost hat gesagt, wir brauchen den zweiten Schuh.«
    »Machen Sie sich darum keine Sorgen.«
    »Warum?«
    »Weil Sie eine Platzwunde und einen gebrochenen Arm haben und am linken Auge bald ein Mordsveilchen.«
    »Na und?«
    »Sie haben genug zu

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