Der Junge, den niemand sah: Kriminalroman (German Edition)
einem Auto geprügelt, das Auto hat gewonnen. Oh yeah.«
Ich schloss die Augen und erfreute mich am Farbspiel der Neonröhren, das durch meine Lider drang. »Wow.«
»Ich frag mal, wie ich dich hier abmelde. Dann bringe ich dich nach Hause.«
»Du bist so toll. Danke, dass du so toll bist … immer, immer.«
Er strich mir eine Haarsträhne aus der Stirn. »Bunny, hast du heute schon was gegessen?«
»Essen«, sagte ich, »wow.«
Ich döste, bis er mit einer Schwester zurückkam. Sie zogen mir die Turnschuhe an, dann halfen sie mir, mich aufzusetzen, bevor sie meine Beine sanft von der Liege schoben.
Neben der Liege stand ein Rollstuhl, aber als ich mich nur ein paar Zentimeter zur Seite lehnte, um die rechte Turnschuhspitze auf den Boden zu bekommen, schoss mir eine Kaskade heißer, spitzer Sternchen in die Augen.
Dean nahm mich in den Arm, sein Mund war dicht an meinem Ohr. »Bunny?«
»Ich kann nicht«, sagte ich und schloss die Augen wieder.
Ich spürte, wie er den Arm um meine Taille legte und den anderen unter meinen Kniekehlen durchschob. »Fertig?«
Ich lehnte mich an ihn. »Mir ist schlecht.«
»Ich hab dich«, sagte er und hob mich zärtlich von der Liege. »Keine Angst.«
Ich erinnere mich, wie Dean mich anschnallte und an das Glitzern der Sonne auf dem East River, als wir über die Brücke fuhren.
»Schau mal«, sagte ich. »So viele Stahlträger. So viel Himmel.«
Seine Hand lag auf meinem Knie. »Bald sind wir daheim. Schlaf noch ein bisschen.«
»Zeit zum Aufwachen«, zwitscherte Pagan. »Wir haben einen Cheeseburger für dich.«
Ich lag auf der Couch auf einem Haufen von Kissen.
Pagan, Sue und Dean saßen um mich herum am Couchtisch und pulten Deckel von Styroporbehältern.
»Ihr seid die Besten«, krächzte ich. »Irgendwas zu trinken?«
Sue schob mir einen hohen Pappbecher hin. »Pepsi – nicht Diet. Dean fand, du kannst ein bisschen Zucker gebrauchen.«
Ich legte die Hand um den Becher, dann versuchte ich, den Kopf in Richtung Strohhalm zu heben.
Kein Glück. Mein Mund fühlte sich an wie ein Kohleneimer.
»Hier.« Sue bog den Strohhalm um, nahm den Becher und klemmte ihn mir in die Armbeuge. »Geht’s jetzt?«
»Ich glaube.« Ich hob den Kopf ein wenig und schaffte es, den Strohhalm mit den Zähnen zu erwischen.
Der Becher kippte ein bisschen, Eiswürfel klimperten, und dann flutete eine prickelnde Welle braunes Gold in meinen Mund.
Himmlisch.
»Aufregender Tag heute, was?«, fragte Pagan.
»Hm.« Ich saugte noch einen Schluck Pepsi-Seligkeit ein.
Sie stippte eins der Pommes frites in Ketchup. »Was war los, bist du mitten auf der Straße spazieren gegangen?«
»Bürgersteig«, sagte ich. »Ich habe gehört, wie die Reifen gegen den Bordstein geknallt sind.«
»Bevor das Auto dich umgefahren hat?«, fragte sie.
»Yup.«
Sue kaute genussvoll und musterte dabei meine Schlinge und Schiene. »Hast ziemlich viel Schrammen abbekommen.«
»Danke, dass du nicht gestorben bist«, sagte Pagan hinterher.
»Gern geschehen«, erwiderte ich und klopfte dankbar mit der gesunden Hand auf die Holzplatte vor mir.
Dean hielt einen Burger in der Hand, doch er biss nicht ab. »Bunny, meinst du, die Sache hatte etwas mit dem Kleinen vom Friedhof zu tun?«
»Skwarecki glaubt es nicht«, sagte ich, »ich meine, in einer Kleinstadt wäre so was ein komischer Zufall, aber in Queens – ein paar Millionen Einwohner?«
»Hauptverkehrszeit«, sagte Sue, »und alle fahren wie die Irren.«
»Eben. Ziemlich unwahrscheinlich, oder?« Ich hatte den Strohhalm wieder zwischen den Zähnen.
Dean biss in den Burger, kaute und schluckte. »Aber du hast auf dem Weg vom Krankenhaus zwei Typen erwähnt. Und dann ist einer davon weggegangen?«
»Der Friedhof liegt abseits von der Hauptstraße«, sagte ich. »Das Tor führt auf eine Gasse hinter einem College, und da kamen ein paar Leute vorbei. Skwarecki war viel zu spät. Die Typen kamen vom Bahndamm – unter der Hochtrasse ist eine kleine Unterführung –, und dann blieben sie am Campustor stehen, fast direkt gegenüber vom Friedhof. Es war zwar nicht so, dass sie die Messer wetzten oderso was, aber irgendwie hatte ich das Gefühl, es wäre besser, wenn ich mich in Richtung Straße verzog. Da war eine Bushaltestelle und jede Menge Menschen.«
»Und dann wurdest du überfahren?«, fragte Pagan.
»Eher unterfahren. Das Auto hat mich in die Luft geworfen wie ein Stier einen Rodeoclown.«
»Und du bist auf dem Arm gelandet?«, fragte
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