Der Junge, der es regnen liess
Nachdenken.«
»Worüber?«
»Über uns, die Schule, Glasgow, mich, dich. Jede Menge Scheiß. Wichtiger Scheiß.«
»Wow, das klingt ja nach einem Supertag.«
»Es war das, was ich brauchte.«
»Ich habe gehört, was in der Schule passiert ist.«
»Ja, der Typ gehört in die Anstalt.«
»Schwach in der Birne ist der.«
»Ich komme morgen wieder, weißt du?«
»Ist das klug?«
»Ich kann nicht ewig weglaufen, Rosie. Ich muss diesen Typen stellen … Ich muss.«
»Ich glaube, da stimme ich zu.«
»Tust du das?«
»Ja. Stell den Irren.«
»Das habe ich vor. Ich werde diesem Typen nicht erlauben, mich noch länger einzuschüchtern. Er macht mir alles kaputt.«
»Hast du eine Idee, wie du die Sache angehen willst?«
»Ich habe eine Ahnung, aber ich schließe es nicht völlig aus, mich an bestimmte Lehrer oder an die Polizei zu wenden, wenn das nötig ist.«
»Ich glaube nicht, dass es so weit kommen wird.«
»Ich denke daran, ihn allein zu stellen.«
»Und was machst du dann?«
»Ich lasse ihm die Wahl.«
»Zwischen was?«
»Rationalität oder Konflikt.«
»Sprich Englisch, Clem«, sagte sie. Sie sagte das oft.
»Ich werde versuchen, vernünftig mit ihm zu reden, und wenn er darauf nicht anspringt, dann habe ich keine Wahl, als ihn herauszufordern.«
»Zu einem Kampf? Du willst Fran McEvoy zum Kampf herausfordern?«
»Nur er und ich.«
»Wirklich?«
»Mit keinem von seinem lustigen Haufen drum herum. Nur wir beide.«
»Clem …«
»Was habe ich sonst für eine Wahl?«
»Keine vermutlich.«
»Genau.«
»Aber McEvoy kämpft andauernd, ich meine, er hat darin einen Haufen Erfahrung. Es ist das Einzige, worin er wirklich gut ist.«
»Ich habe in meiner alten Schule Rugby gespielt.«
»Rugby. Na toll.«
»Ich bin stärker und fitter als er.«
»Das bezweifle ich nicht.«
»Ich rechne mir Chancen aus, wenn wir beide allein sind und fair kämpfen.«
»Mit diesem Irren? Der weiß doch nicht mal, was das Wort fair bedeutet.«
»Nun, wenn er irgendeine Waffe bei sich trägt, muss ich mich eben entsprechend vorbereiten.«
»Oh Gott, Clem, du hörst dich an, als würde dich das aufregen.«
»Ich bin psychologisch vorbereitet.«
»Und was, wenn er deine Herausforderung nicht annimmt? Was ist dann?«
»Dann werde ich einfach anfangen müssen, oder?«
»Ich glaube, du solltest bei deinem ersten Plan bleiben.«
»Und ihn bitten, Vernunft anzunehmen?«
»Ja. Bleib einfach bei dem Plan, ich glaube, das wird funktionieren.«
»Meinst du?«
»Sagen wir mal so, ich habe ein gutes Gefühl.«
»Nun, dann hoffen wir mal, dass dein Gefühl dich nicht täuscht.«
»Du willst doch nichts Idiotisches machen?«
»Das will ich nicht.«
»Ich kenne dich, Clem, du tust vielleicht irgendwas Impulsives.«
»Ich habe es im Kopf wieder und wieder durchgespielt. Ich muss mich einfach nur an den Plan halten.«
»Gut. Ich werde dich unterstützen.«
»Danke«, sagte ich. Ihre Hilfsbereitschaft überraschte mich.
Mein Plan für McEvoy wies Fehler auf. Fehler auf so vielen Ebenen. Ich brauchte einen für Rosie und mich. Einen Plan, der ihr klarmachte: »Rosie, altes Mädchen, es war super mit dir, aber jetzt wird’s Zeit für was Neues. Ich schreibe dir eine Postkarte aus Brighton.«
»Es ist spät, Clem.«
»Ja, ich muss gehen.« Beinahe rannte ich zur Tür.
»Gut, dann sehen wir uns morgen?«
»Okay.«
»Du wirst es schon schaffen, Clem. Versuch, dir keine Sorgen zu machen.« Sie legte ihre Hand auf meine. Sie war der Typ dazu. Ich war anders.
»Ich werd’s versuchen.«
»Ich will nicht, dass dir wehgetan wird.«
»Ich weiß, dass du das nicht willst«, sagte ich. »Wir sollten einander schützen.« Ich glaube, sie dachte, ich wolle, dass sie mich beschützt. Aber bei Rosie wusste man das nie so genau. Sie war wieder einmal zweideutig. Sie mochte das Wort. Ich würde sie vermissen. Das würde ich wirklich. Ich würde vermissen, wie sie es genoss, all die neuen Worte auszusprechen.
»Das werden wir.«
»Soll ich morgen vor der Schule vorbeikommen?«
»Äh …«
»Wir könnten zusammen gehen.«
»Wenn du willst.«
»Okay, bis morgen dann, Rosie«, sagte ich und küsste sie auf die Wange.
»Komm nicht zu spät.« Was redete sie denn da? Natürlich würde ich nicht zu spät kommen.
»Bestimmt nicht. Ich versprech’s.«
»Dann gute Nacht.«
Sie schloss die Tür, ehe ich mich abwandte. Ehe ich das Ende der Straße erreicht hatte, wurde der Vorhang zugezogen.
Es war zu Ende – der
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