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Der Junge, der mit den Piranhas schwamm

Der Junge, der mit den Piranhas schwamm

Titel: Der Junge, der mit den Piranhas schwamm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ravensburger
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„Was ist denn das?“, fragt er.
    „Ein … ein … ein Salamibrot“, stammelt der Junge.
    Pancho hält das Brot an die Glasscheibe des Beckens. Die Fische schießen sofort zu ihm. Ihre Mäuler öffnen sich und ihre Augen funkeln bösartig durch das Glas.
    „Die armen kleinen Fischlein haben Hunger, mein Junge“, sagt Pancho. „Wollen wir sie mit deinem Salamibrot füttern?“
    „Ja, Herr Pirelli“, flüstert der Junge.
    An der Seite des Beckens führt eine Leiter hinauf. Pancho klettert hoch, das Brot in der Hand. Je weiter Pancho nach oben steigt, desto höher schwimmen die Fische. Die Menge lacht, als der kleine Junge zu seinem Vater rennt. Pancho erreicht die oberste Stufe. Er beugt sich über das Becken. Er lächelt und dann lässt er das belegte Brot fallen. Seine schrecklichen Fische stürzen sich darauf und zerreißen es. Es herrscht ein unglaublicher Tumult im Becken und völlige Stille in der Menge.
    Stans Herz hämmert. Etwas so Wildes hat er noch nie gesehen – und nur wegen eines Salamibrots. Was, so fragt er sich, würden diese Piranhas erst mit einem Jungen anstellen?

Neunundzwanzig
    Pancho lächelt. Das Salamibrot ist verschwunden. Die Fische kreisen mit neuer Energie und beinahe drängend in dem Becken, als ob sie auf der Jagd nach weiteren Leckereien wären.
    „Seht ihr?“, sagt Pancho. „Seht ihr, was meine Fische mit einem Salamibrot machen? Stellt euch nur vor, was sie mit einem …“ Er stöhnt enttäuscht auf. „Aber wo ist denn mein Frechdachs geblieben? Mein kleines Monster? Aha, es ist zu seinem Papa zurückgelaufen!“ Pancho runzelt die Stirn. „Geben Sie ihn mir wieder! Die Fische sind hungrig! Sie warten schon!“
    Der Vater des Jungen hat beide Arme um seinen Sohn geschlungen. Er blickt Pancho böse an; sein Blick warnt ihn davor, den kleinen Jungen auch nur anzurühren.
    Pancho entspannt sich und lächelt. „Machen Sie sich keine Sorgen, mein Herr“, sagt er. „Das ist nur ein kleiner Scherz. Ihr Monster ist vollkommen sicher. Jetzt schauen Sie her.“
    Er greift unter das Becken und zieht ein totes, gerupftes Huhn hervor. Er hält es an einem Bein hoch und lässt es baumeln. „Es ist Zeit für etwas Größeres“, sagt er zu den Zuschauern.
    Wieder klettert er die Leiter hoch. Er senkt das Huhn in das Becken. Die Fische stürzen sich darauf und innerhalb von Sekunden sind nur noch die Knochen übrig. Ein paar Sekunden später sind auch die Knochen verschwunden. Die Fische schwimmen weiter, in Kreisen, in Spiralen, in bedrohlichen Achten.
    „Glaubt ihr, sie haben genug?“, fragt Pancho Pirelli.
    Er steigt die Leiter wieder hinunter. Er greift nach einem alten Schuh, der auf dem Boden liegt. Es ist ein verbogener, steifer, dunkler Lederschuh, der vermutlich schon seit Monaten oder sogar Jahren hier liegt. Pancho wiegt den Schuh in seiner Hand. Er dreht ihn um. Er tut so, als würde er daran riechen. Die Leute kichern. Dann schleudert Pancho den Schuh in die Luft. Er beschreibt einen Bogen und landet mit einem Platschen im Becken. Kurz darauf ist er weg, zerrissen von den Zähnen der Piranhas, aufgefressen von ihren Kiefern, geschluckt von ihren Innereien. Und immer noch schwimmen sie rastlos im Kreis, auf der Suche nach mehr.
    Pancho blickt zu Stan, und als er spricht, spricht er nur zu ihm. „Wer würde es wagen, in dieses Becken zu steigen und mit diesen Fischen zu schwimmen?“ Sein Blick wird bohrend. „Du? Du?“
    Stan packt Nitaschas Hand. Er schüttelt den Kopf. „Nein“ , murmelte er. „ Nein!“
    Pancho geht wieder durch die Menge. „Möchten Sie sehen, wie Pancho Pirelli in das Becken steigt?“, fragt er. „Würden Sie es wagen hinzuschauen, wenn er es täte? Oder würden Sie die Augen schließen? Würden Sie sich abwenden? Würden Sie schreiend davonlaufen?“
    Er hält einen Samtbeutel in der ausgestreckten Hand.

    „Natürlich müssen Sie bezahlen“, sagt er leise. „Sie müssen Geld geben, damit ein Mann sich in derart große Gefahr begibt.“ Münzen fallen in den Beutel. „Danke, mein Herr“, murmelt er. „Danke, verehrte Dame.“ Manchmal bleibt er stehen und schaut die Leute traurig oder verärgert an. „Ist das alles , was Sie geben wollen?“, flüstert er. „Würden Sie dafür dem Tod ins Antlitz blicken? Geben Sie mehr. Geben Sie mehr! Danke. Das ist viel besser.“ Er schüttelt den Beutel und klimpert mit den Münzen. Er findet diejenigen, die sich verstecken wollen, seinem Blick ausweichen, nichts bezahlen. „Ich sehe

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