Der Junge, der Ripley folgte (German Edition)
die Kommode gelehnt.
Tom gab Eric ein Zeichen, ihm den Hörer zu geben, und reichte dem Deutschen den Ohrhörer. »Hallo, hier ist Tom Ripley.«
»Oh! Ah ja… Sie haben mit Mrs. Pierson gesprochen?«
»Genau. Ich würde gern wissen, ob es dem Jungen gutgeht und was Sie vereinbart haben.«
»Wir wissen nicht, wie es ihm geht«, entgegnete der Detektiv kühl.
»Die wollen Lösegeld?«
»Hmm – ja.« Zögernd kam das, als habe der Mann nach kurzem Nachdenken beschlossen, er könne durch diese Enthüllung nichts verlieren.
»Soll das Geld in Berlin übergeben werden?«
»Ich weiß nicht, warum Sie das etwas angehen sollte, Mr. Ripley.«
»Weil ich ein Freund des Jungen bin.«
Dazu sagte der Detektiv nichts.
»Frank wird Ihnen das bestätigen«, fuhr Tom fort.
»Wir konnten noch nicht mit ihm sprechen.«
»Aber sie werden ihn etwas sagen lassen, zum Beweis, daß sie ihn haben – meinen Sie nicht? Wie auch immer, Mr.… Wie heißen Sie, wenn ich fragen darf?«
»Meinetwegen: Thurlow. Ralph. Woher wissen Sie von der Entführung?«
Darauf konnte oder wollte Tom nicht antworten. »Haben Sie die Berliner Polizei informiert?«
»Nein, die Kidnapper wollen das nicht.«
»Irgendeine Idee, wo die in Berlin sind?« fragte Tom.
»Nein.« Thurlow klang mutlos.
Ohne die Mitarbeit der Polizei dürfte ein Anruf nur schwer zurückzuverfolgen sein, dachte Tom. »Was für ein Lebenszeichen sollen Sie erhalten?«
»Sie sagten, er würde mit uns sprechen – später am Abend vielleicht. Er hätte Schlaftabletten bekommen. Geben Sie mir Ihre Nummer in Berlin?«
»Tut mir leid, das geht nicht. Aber ich kann Sie immer erreichen. Gute Nacht, Mr. Thurlow.« Thurlow sagte noch etwas, doch Tom legte auf.
Eric strahlte ihn an, als sei das Gespräch ein Erfolg gewesen, und steckte die Muschel wieder zurück.
»Na gut, wenigstens etwas«, sagte Tom. »Der Junge wurde wirklich entführt, ich habe mich nicht geirrt.«
»Und was jetzt?« fragte Eric.
Tom goß sich aus der Silberkanne Kaffee nach. »Ich will in Berlin bleiben, bis etwas geschieht. Bis ich weiß, daß Frank in Sicherheit ist.«
12
Gleich darauf ging Peter. Er versprach Eric, anderntags bei der Werkstatt vorbeizufahren und dafür zu sorgen, daß dessen Wagen vor dem Haus abgestellt wurde. »Tom Ripley – viel Erfolg!« Er hatte einen festen Händedruck.
»Ist er nicht wunderbar?« sagte Eric, kaum daß er die Wohnungstür hinter Peter geschlossen hatte. »Ich habe Peter in den Westen geholfen, und er hat mir das nie vergessen. Von Beruf ist er Buchhalter, er könnte hier Arbeit finden. Hatte auch eine Stelle, eine Zeitlang, aber jetzt muß er so viel für mich tun, daß er sie nicht mehr braucht. Meine Steuererklärungen erledigt er auch sehr gut.« Er lachte leise.
Tom hörte zu, dachte aber zugleich, daß er heute nacht noch einmal Paris anrufen sollte, um zwei oder drei Uhr vielleicht, um von Thurlow zu hören, ob er mit Frank gesprochen habe. Schlaftabletten. Natürlich, wie nicht anders zu erwarten.
Lanz holte die Zigarrenkiste hervor, doch er lehnte ab. »Das war richtig von Ihnen, dem Detektiv meine Telefonnummer nicht zu nennen. Er könnte sie an die Kidnapper weitergeben. Viele Privatdetektive sind boobs, sagen Sie nicht so? Die saugen soviel Informationen aus dir heraus wie irgend möglich, und alle anderen können zum Teufel gehen. Boobs – ich liebe amerikanischen Slang!«
Tom verkniff sich die Bemerkung, boobs habe auch eine zweite Bedeutung. »Muß Ihnen ein Wörterbuch davon schicken. Nach Zürich oder Basel? Welche von beiden?« Tom genoß es, vor Eric laut zu denken; gewöhnlich behielt er seine Gedanken für sich.
»Glauben Sie, dort wird das Geld übergeben?«
»Das wäre das Wahrscheinlichste, nicht? Es sei denn, die Entführer wollen D-Mark für ›Aktionen gegen das Establishment‹ oder was auch immer. Aber die Schweiz ist sowieso sicherer, finde ich.«
»Was glauben Sie, wieviel werden die verlangen?« Eric zog sachte an seiner Zigarre.
»Ein, zwei Millionen? Dollar. Kann sein, daß Thurlow ihre Forderung schon kennt und morgen in die Schweiz fliegt.«
»Tom, warum ist Ihnen diese Entführung so wichtig, wenn ich fragen darf?«
»Nun, mir ist wichtig, daß der Junge in Sicherheit ist.« Tom ging auf und ab, die Hände in den Hosentaschen vergraben. »Er ist ein merkwürdiger Mensch, wenn man bedenkt, wie reich seine Familie ist. Geld macht ihm angst – oder es ist ihm zuwider. Wissen Sie, daß er meine Schuhe geputzt
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