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Der Junge, der Ripley folgte (German Edition)

Der Junge, der Ripley folgte (German Edition)

Titel: Der Junge, der Ripley folgte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Highsmith
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ging in die Küche und erzählte Eric, was sein 3-Uhr-Gespräch ergeben hatte.
    »Zwei Millionen Dollar! Genau, wie Sie geschätzt hatten, oder?«
    Was Eric mehr zu interessieren schien, als daß Frank noch am Leben war und es ihm gut genug ging, mit seiner Mutter zu sprechen. Tom sagte nichts dazu und trank seinen Kaffee.
    Er zog sich an, schaffte es, das Bett wieder in ein Sofa zu verwandeln, und faltete die Laken ordentlich zusammen, denn er könnte sie in der Nacht noch brauchen. Als das Zimmer wieder wohnlich war, sah er auf seine Uhr.
    Er dachte an Thurlow. Dann trat er neugierig an Erics Bücherregal, an die lange Reihe Schiller, und zog Die Räuber hervor – ein einzelner Band, ein echtes, ledergebundenes Buch. Tom hatte vermutet, Schillers Gesammelte Werke könnten nur Fassade sein, Tarnung für einen Tresor oder ein Geheimfach, womöglich gleich hinter den Bücherrücken.
    Tom ging zum Telefon, wählte die Nummer vom Lutetia und fragte nach Monsieur Ralph Thurlow.
    Thurlow hob ab. »Mr. Ripley – hallo. Ich habe jetzt die Namen der Banken, alle drei.« Er hörte sich deutlich wacher und munterer an.
    »Das Geld ist in Berlin?«
    »Ja, und Mrs. Pierson ist damit einverstanden, daß Sie es heute abholen, sobald wie möglich sogar. Sie hat Zürich benachrichtigt, die Überweisung wäre mit ihrer Zustimmung erfolgt, und Zürich hat das an die Berliner Banken weitergegeben. Die Banken dort haben offenbar merkwürdige Öffnungszeiten, aber das macht nichts. Sie sollten jede Bank anrufen, sagen, wann Sie kommen, und die werden dann… äh…«
    »Ich verstehe.« Einige Banken schlossen erst um halb vier, andere schon um eins. Tom wußte das. »Also, die Banken –«
    Thurlow fiel ihm ins Wort: »Die… Leute, die mit mir Verbindung aufgenommen haben, werden mich später am Tag anrufen. Sie wollen sicher sein, daß das Geld abgeholt wurde, dann werden sie den Ort für die Übergabe nennen.«
    »Aha. Meinen Namen haben Sie nicht erwähnt?«
    »Das versteht sich von selbst. Ich sagte nur, jemand wird es abholen und ausliefern.«
    »Gut. Nun die Banken, bitte.« Tom nahm einen Kugelschreiber und notierte die Namen: Zuerst die ADCA -Bank im Europacenter, eineinhalb Millionen D-Mark. Dann die Berliner Diskonto-Bank mit der gleichen Summe und schließlich die Berliner Commerzbank mit »knapp« einer Million D-Mark. »Danke«, sagte Tom, als er alles aufgeschrieben hatte. »Ich bemühe mich, das Geld in den nächsten Stunden abzuholen. Rufe Sie gegen zwölf zurück, wenn alles glattgeht.«
    »Ich werde hier sein.«
    »Übrigens: Haben unsere Freunde gesagt, ob sie einer Gruppe angehören?«
    »Einer Gruppe?«
    »Oder einer Bande? Manchmal geben sie sich Namen, die sie gern verkünden. Sie wissen schon, so was wie ›Rote Befreier‹.«
    Ralph Thurlow lachte nervös. »Nein, nichts davon.«
    »Was meinen Sie, rufen sie aus einer Wohnung an?«
    »Meistens nicht, nein. Als der Junge mit der Mutter gesprochen hat, da vielleicht. Jedenfalls glaubt sie das. Aber heute morgen haben sie Münzen eingeworfen. In einer Telefonzelle. Gegen acht riefen sie an, ob das Geld in Berlin eingetroffen wäre. Die ganze Nacht waren wir damit beschäftigt.«
    Tom legte auf. Aus dem Schlafzimmer hörte er das Klackklackklack einer Schreibmaschine; er wollte Eric nicht stören und zündete sich eine Zigarette an. Er sollte Héloïse anrufen, da er heute oder morgen hatte zurück sein wollen. Doch die Zeit wollte er sich jetzt nicht nehmen. Außerdem, wo würde er morgen zu dieser Stunde sein?
    Tom stellte sich Frank vor, eingesperrt in einen Raum irgendwo in Berlin, vielleicht nicht gefesselt, aber rund um die Uhr bewacht. Ein Junge wie er könnte versuchen zu fliehen, könnte sogar aus dem Fenster springen, wenn es nicht zu hoch über dem Boden lag, und den Entführern war das womöglich inzwischen klargeworden. Tom wußte, daß diese Gruppen, die gegen das Establishment kämpften und Menschen entführten, Freunde hatten, die nicht im Untergrund lebten und bei denen sie untertauchen konnten. Reeves hatte vor nicht allzu langer Zeit am Telefon davon gesprochen: Die Lage war kompliziert, weil diese revolutionären Banden behaupteten, zur politischen Linken zu gehören, obwohl deren Mehrheit sie ablehnte. Tom schien es, als hätten diese Banden kein Ziel, abgesehen von ihrem offensichtlichen Bemühen, eine Atmosphäre des Aufruhrs zu schaffen und die Behörden zu provozieren, hart zuzuschlagen und ihr vermeintlich wahres, das heißt

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