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Der Junge, der Ripley folgte (German Edition)

Der Junge, der Ripley folgte (German Edition)

Titel: Der Junge, der Ripley folgte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Highsmith
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Telefongespräche. Keine Fragen. Gut so. Er hätte einer von Franks Entführern sein oder mit ihnen unter einer Decke stecken können, dachte er, und dennoch konnte er ohne weiteres das Gepäck des Jungen mitnehmen.
    »Guten Flug!« wünschte ihm der Mann am Empfang.
    »Danke.« Tom sah Eric die Hotelhalle betreten.
    »Hallo, Tom!« Eric strahlte, das dunkle Haar noch feucht vom Baden. »Sind Sie fertig?« Er blickte kurz zum Schalter. »Den einen Koffer nehme ich, ja? Sind Sie allein?«
    Da war ein Page, doch der stand wartend bei einem Mann mit drei Koffern.
    »Im Moment, ja. Mein Freund wartet am Flughafen«, sagte Tom für den Fall, daß der Mann am Empfang oder andere sie hören konnten.
    Eric nahm Franks Koffer. »Kommen Sie, Peters Wagen steht gleich rechts vom Hotel. Meiner ist bis morgen in der Werkstatt. Zur Zeit kaputt, ha, ha!«
    Nicht weit vom Eingang parkte ein hellgrüner Opel am Bordstein. Eric stellte Tom vor: Peter Schubler oder so ähnlich, ein großgewachsener, schlanker Mann um die Dreißig mit kantigem Kinn und schwarzem Haar, ziemlich kurz, wie frisch vom Friseur. Das Gepäck paßte problemlos hinten auf Boden und Sitze. Eric bestand darauf, daß Tom vorn neben Peter saß.
    »Wo ist Ihr Freund? Wirklich am Flughafen?« Interessiert beugte Lanz sich vor, als Peter den Motor anließ.
    Wer dieser Freund war, wußte Eric nicht, vermutete in ihm aber vielleicht Frank Pierson, den Empfänger des Passes, den er für Tom nach Paris gebracht hatte. »Nein«, erwiderte Tom. »Das erzähle ich später. Eric, wenn es Ihnen nichts ausmacht – könnten wir gleich zu Ihnen fahren?« Er sprach englisch. Ob Peter verstand, wußte er nicht.
    »Aber sicher! Ja, Peter, nach Hause! – Er wollte sowieso dahin. Wir dachten, Sie hätten vielleicht ein bißchen Zeit.«
    Wie schon beim Verlassen des Hotels sah Tom sich nach allen Seiten um, musterte Passanten auf dem Gehweg und selbst die Autos, die am Bordstein parkten. Als sie aber den Kurfürstendamm erreichten, entspannte er sich.
    »Der Junge begleitet Sie?« fragte Eric auf englisch. »Wo ist er?«
    »Spazierengegangen. Ich kann ihm später Bescheid sagen«, sagte Tom leichthin. Plötzlich war ihm elend zumute. Er kurbelte sein Fenster ganz herunter.
    »Mein Haus ist dein Haus, wie die Spanier sagen«, bemerkte Lanz und zog einen Schlüsselbund hervor. Sie standen hinter der Eingangstür zu einem großen, alten, aber renovierten Mietshaus in der Niebuhrstraße, die parallel zum Kurfürstendamm verlief.
    Zu dritt fuhren sie in einem geräumigen Lift mit den Koffern nach oben. Eric schloß die Wohnungstür auf und hieß ihn noch einmal willkommen. Mit Peters Hilfe stellte Tom die Koffer in einer Ecke des Wohnzimmers ab: eine Junggesellenwohnung ohne Schnickschnack, doch mit gediegenen alten Möbeln. Nur eine polierte silberne Kaffeekanne auf einer Kommode verbreitete ein wenig Glanz. An den Wänden hingen mehrere Gemälde aus dem neunzehnten Jahrhundert, deutsche Landschaftsporträts und Szenen aus Wald und Flur, doch solche Bilder langweilten Tom eher.
    »Entschuldige uns kurz, Peter. Hol dir doch ein Bier«, sagte Eric.
    Peter nickte wortlos, nahm eine Zeitung und machte es sich auf einem breiten schwarzen Sofa unter einer Leselampe bequem.
    Eric winkte Tom in das angrenzende Schlafzimmer und schloß die Tür. »Also, was ist los?«
    Sie blieben stehen. Schnell erzählte Tom seine Geschichte, einschließlich des Telefongesprächs mit Lily Pierson. »Mir kam der Gedanke, daß die Kidnapper mich vielleicht beseitigen wollen. Womöglich haben sie mich im Grunewald erkannt. Oder sie haben vom Jungen erfahren, wer ich bin. Deshalb wäre ich Ihnen überaus dankbar, Eric, wenn ich diese Nacht hierbleiben könnte.«
    »Eine Nacht, zwei Nächte, auch länger! Mein Gott, was für ein Schlamassel! Und jetzt? Vermutlich die Lösegeldforderung. An die Mutter?«
    »Nehme ich an.« Tom zuckte die Achseln und zog an seiner Zigarette.
    »Wissen Sie, ich glaube kaum, daß sie versuchen werden, den Jungen aus West-Berlin hinauszuschmuggeln. Jedes Auto wird an den Grenzübergängen gründlich gefilzt.«
    Tom glaubte ihm das aufs Wort. »Ich würde gern heute abend noch zweimal telefonieren – einmal mit der Polizei, ich will fragen, ob sie etwas über den Audi im Grunewald herausgefunden haben, dann mit dem Hotel, ob Frank zufällig wieder aufgetaucht ist. Ich dachte mir, die Kidnapper könnten kalte Füße bekommen und den Jungen freigelassen haben. Aber ich…«
    »Ja?«
    »Ich

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