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Der Junge, der Ripley folgte (German Edition)

Der Junge, der Ripley folgte (German Edition)

Titel: Der Junge, der Ripley folgte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Highsmith
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aufsuchen und bestimmte Summen abholen, das Lösegeld für die Entführer. Würde Peter sie fahren, oder sollten sie zu dritt seinen Mercedes nehmen?
    Peter sah sich nach Tom um und lächelte. »In Ordnung, mein Wagen.«
    »Hast du deine Pistole dabei, Peter?« Eric lachte kurz auf. »Ich hoffe, wir brauchen sie nicht!«
    »Ja, gleich hier.« Peter zeigte auf das Handschuhfach und lächelte, als sei es absurd, sie unter solchen Umständen zu benutzen: Tom war schließlich befugt, das Geld abzuholen.
    Sie beschlossen sofort, zuerst zur ADCA -Bank im Europacenter zu fahren, da die beiden anderen Banken am Kurfürstendamm lagen, auf dem Rückweg zu Erics Wohnung. Sie fanden einen Parkplatz nahe der Bank, eine weitgeschwungene Auffahrt vor dem Hotel Palace für Gäste und wartende Taxis. Die Bank hatte geöffnet. Tom ging allein hinein, den Koffer nahm er nicht mit.
    An der Information nannte er seinen Namen und sagte auf englisch, der Direktor erwarte ihn. Die junge Frau sprach kurz in einen Hörer und zeigte dann auf eine Tür hinten links im Schalterraum. Dort öffnete ihm ein Mann in den Fünfzigern, blaue Augen, graues Haar, der sich kerzengerade hielt und verbindlich lächelte. Ein anderer Mann mit mehreren Aktenkoffern verließ sofort das Zimmer, ohne Tom auffällig anzusehen. Tom entspannte sich.
    »Mr. Ripley? Guten Morgen«, sagte der erste Mann auf englisch. »Wollen Sie nicht Platz nehmen?«
    »Guten Morgen, Sir.« Tom setzte sich nicht gleich in den angebotenen Sessel, sondern zog den Paß hervor. »Sie gestatten? Mein Reisepaß.«
    Der Direktor oder Geschäftsführer stand hinter dem Schreibtisch. Er setzte seine Brille auf und besah sich den Paß sorgfältig, verglich das Foto mit Toms Gesicht, setzte sich dann und machte sich Notizen. »Danke.« Er gab Tom den Paß zurück und drückte einen Knopf auf dem Tisch. »Fred? Alles in Ordnung«, sagte er auf deutsch. »Ja, bitte.« Er faltete die Hände und sah Tom an, immer noch lächelnd, doch leicht verwirrt. Dann betrat der Mann, den er zuvor hatte gehen sehen, mit zwei großen braunen Umschlägen den Raum. Hinter ihm schloß sich die Tür automatisch mit einem satten Klack – felsenfest, so kam es Tom vor.
    »Möchten Sie nachzählen?« fragte der Direktor.
    »Einen Blick sollte ich sicher darauf werfen«, erwiderte Tom höflich, als nehme er auf einer Party ein Canapé, das man ihm anbot. Aber er hatte keine Lust, das ganze Geld zu zählen. Er zog die Gummibänder von den Umschlägen und öffnete sie: Bündel von D-Mark-Scheinen steckten darin, durch braune Banderolen zusammengehalten; mehr als ein Dutzend in jedem Umschlag, schätzte er, und beide wogen gleich schwer. Die Scheine waren alles Tausender.
    »Eine Million fünfhunderttausend D-Mark«, sagte der Direktor. »Fünfzig Noten dieser Höhe pro Streifband.«
    Tom riffelte schnell ein Bündel durch: fünfzig schien richtig. Er nickte. Ob die Bank die Seriennummern notiert hatte? Fragen wollte er allerdings nicht – sollten sich die Entführer darüber den Kopf zerbrechen. Über die Stückelung hatten sie offenbar auch nichts gesagt, sonst hätte Thurlow ihm das sicher mitgeteilt. »Ich glaube Ihnen.«
    Die beiden Deutschen lächelten; der Mann, der die Umschläge gebracht hatte, verließ den Raum.
    »Und die Quittung«, sagte der Direktor.
    Tom quittierte den Empfang von eineinhalb Millionen D-Mark, der Direktor zeichnete mit seinen Initialen gegen, behielt die Durchschrift und gab Tom das Original. Tom stand schon, streckte die Hand aus: »Vielen Dank.«
    Der Direktor schüttelte ihm die Hand. »Angenehmen Aufenthalt in Berlin«, sagte er.
    »Danke.« Als glaube er, Tom wolle mit dem Geld, das er abholte, die Puppen tanzen lassen. Tom steckte die beiden dicken Umschläge unter den Arm.
    Der Direktor schien sich über etwas zu amüsieren. Ob ihm ein Witz eingefallen war, den er beim Mittagessen von sich geben würde? Oder wollte er von dem Amerikaner erzählen, der fast eine Million Dollar in D-Mark abholte und mit dem Geld unterm Arm davonspazierte? »Hätten Sie gern Begleitschutz bis zum Bestimmungsort?«
    »Nein, danke«, erwiderte Tom.
    Er ging durch die Bank, ohne jemanden anzusehen. Eric saß im Wagen; Peter stand daneben, eine Hand in der Hosentasche, rauchte eine Zigarette und hielt das Gesicht in die Sonne.
    »Alles gutgegangen?« fragte er auf deutsch, als er die Umschläge sah.
    »Kein Problem.« Auf dem Rücksitz klappte Tom den Koffer auf, legte die Umschläge hinein und zog den

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