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Der Junge, der sich in Luft auflöste

Der Junge, der sich in Luft auflöste

Titel: Der Junge, der sich in Luft auflöste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Siobhan Dowd
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ein neues Hochdruckgebiet, das vom Atlantik heranzieht«, erklärte ich.
    Â»Was du nicht sagst.«
    Â»Woran denkst du denn gerade?«, fragte ich. Ich hatte an Konvektionsströme, Isobaren und Isothermen gedacht. Und mir den Seewetterbericht vorgestellt. Insel Lundy und Fastnet-Felsen, aus wechselnden Richtungen 3 bis 4. Vielleicht hatte Salim ja dasselbe gedacht.
    Â»An nichts Besonderes«, sagte er. »Und du?«
    Â»Immer noch ans Wetter.«
    Wir schwiegen wieder.
    Â»Süd- bis südostdrehend 5 bis 6«, sagte ich laut.
    Â»Wie bitte?«, sagte Salim.
    Â»Ich tue so, als ob ich den Seewetterbericht vorlese und als ob sich statt der Windstille, die gerade herrscht, ein Sturm zusammenbraut. Draußen auf dem Meer.«
    Â»Ein Sturm«, sagte er. »Toll. Dann würden die Flugzeuge nicht mehr starten dürfen.«
    Â»Das müsste dann aber schon ein sehr großer Sturm sein.«
    Â»Echt?«
    Â»Windstärke acht oder neun. Bei Nebel wäre es viel wahrscheinlicher, dass sie nicht mehr starten dürfen.«
    Ich hörte, wie er sich im Dunkeln wieder aufsetzte. »Ted?«
    Â»Ja?«
    Â»Also … Dieses Syndromdings, das du hast …«
    Â»Hmpf«, sagte ich und fragte mich, wer ihm wohl davon erzählt hatte.
    Â»Ich hoffe, es ist nicht schlimm, wenn ich dich das frage. Aber was ist das denn? Wie merkt man es?«
    Niemand hatte mich das je zuvor gefragt. Ich lehnte mich in mein Kissen zurück und dachte nach. »Es ist diese Sache in meinem Gehirn«, sagte ich.
    Â»Ja?«
    Â»Es ist nicht so, dass ich krank bin.«
    Â»Nein.«
    Â»Oder dumm.«
    Â»Das weiß ich.«
    Â»Aber normal bin ich auch nicht.«
    Â»Na und, wer ist das schon?«
    Â»Es ist, als wär das Gehirn wie ein Computer«, erklärte ich. »Bloß dass meins mit einem anderen Betriebssystem läuft als bei anderen Leuten. Und die Leitungen verlaufen anders.«
    Â»Cool«, sagte Salim.
    Â»Dadurch kann ich sehr gut über Fakten nachdenken und darüber, wie Dinge funktionieren, und die Ärzte sagen, dass ich am oberen Ende des Spektrums stehe.« Ich hatte außerdem mal gehört, wie ein Arzt zu Mum sagte, dass meine Entwicklung auf krummen Pfaden verlaufen würde. Das erzählte ich Salim aber nicht, denn ich hatte beide Wörter im Wörterbuch nachgeschlagen, und sie bedeuten so was Ähnliches wie »schiefe Bahn«, und das bedeutet »kriminell«, und das bin ich nicht.
    Â»Klingt doch gut«, sagte Salim.
    Â»Ja. Aber bei Fußball und so was bin ich miserabel.«
    Â»Ich auch«, sagte Salim. »Ich kann gut Tennis.«
    Â»Mein Lieblingssport ist Trampolinspringen«, sagte ich.
    Â»Trampolinspringen?«
    Â»Ja, ich hatte mal eins und bin jeden Tag drauf rumgesprungen, das hat mir beim Denken geholfen. Aber dann ging es kaputt.«
    Â»Wie schade. Ich liebe Trampoline.«
    Â»Wegen meinem Syndrom kann ich mir große Dinge gut merken, zum Beispiel wichtige Fakten über das Wetter. Aber kleine Sachen vergesse ich andauernd, zum Beispiel meine Sporttasche. Mum sagt, ich hab ein Gedächtnis wie ein Sieb. Damit meint sie, dass die Dinge durch die Löcher in meinem Gedächtnis fallen.«
    Salim lachte. »Vielleicht habe ich ja dasselbe Syndrom. Ich bin auch vergesslich.«
    Â»Was vergisst du denn?«
    Â»Mein Handy, manchmal. Oder meine Hausaufgaben.«
    Â»Ich vergesse meine Hausaufgaben nie. Kat sagt, dass ist der Grund, warum sie in der Schule Strinner zu mir sagen.«
    Â»Strinner?«
    Â»Das ist eine Mischung aus Streber und Spinner. Die mögen mich nicht, weil ich nur über richtige Dinge rede. Ich versuche das mit den Belanglosigkeiten zu lernen, aber es ist schwer.«  
    Â»Du weißt unheimlich viel«, sagte Salim. »Das seh ich an den vielen Büchern.« Er zeigte auf mein Lexikonregal. »Wozu musst du denn versuchen, anders zu sein, als du bist?«
    Â»Mr Shepherd meint, wenn ich lerne, so zu sein wie andere, zumindest äußerlich, dann bekomme ich mehr Freunde.« Unddann erzählte ich Salim etwas, was ich noch keinem je zuvor erzählt hatte. »Ich mag es nicht, anders zu sein. Ich mag es nicht, in meinem Gehirn zu sein. Manchmal ist es wie ein großer leerer Raum, in dem ich ganz alleine bin. Und außer mir ist da nichts.«
    Â»Gar nichts?«
    Â»Nichts«, sagte ich. »Nicht mal das Wetter. Nur meine Gedanken.«
    Â»Das

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