Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Junge, der sich in Luft auflöste

Der Junge, der sich in Luft auflöste

Titel: Der Junge, der sich in Luft auflöste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Siobhan Dowd
Vom Netzwerk:
ein Witz-T-Shirt ist. Es sind ja nur zwei Wörter.«
    Â»Es gibt ja auch welche, wo die Namen von Universitäten draufstehen«, fiel mir ein.
    Â»Stimmt … Ist aber unwahrscheinlich«, sagte sie. »Dann wäre irgendein Abzeichen oder so was drauf. Ein Symbol oder Motto, das irgendwas mit dem Namen der Schule zu tun hat.«
    Â»Wenn es wirklich eine Schule ist, würde uns das irgendetwas nützen?«
    Â»Wie meinst du das?«
    Â»Man kann solche Sweatshirts doch überall kaufen. Das könnte jeder anziehen. In meiner Klasse gibt es einen Jungen, der ein Sweatshirt mit der Aufschrift OXFORD UNIVERSITY trägt. Obwohl er doch noch viel zu jung ist, um auf eine Universität zu gehen.«
    Kat ließ stöhnend den Kopf in ihre Hände sinken. »Das hier ist reine Zeitverschwendung.«
    Â»Andererseits«, fuhr ich fort, »gibt es diesen anderen Jungen, den seine Mutter immer von der Schule abholt, und sie trägt ein T-Shirt mit der Aufschrift GÄRTEN FÜR BEHINDERTE. Die Buchstaben bilden einen Kreis und in der Mitte ist ein großes Gänseblümchen. Und es ist der Name der Organisation, für die sie arbeitet.«
    Kat richtete sich wieder auf. »Auch wieder wahr«, sagte sie. »ECURI OMMA«, murmelte sie. »Arbeitet er da … oder ist es irgendein Club oder eine Gesellschaft? Irgendwas, wo er Mitglied ist? Etwas, was uns vielleicht zu ihm führt?« Sie betrachtete den verschwommenen Brustkorb, die verwaschenen weißen Buchstaben. Plötzlich fuhr sie in die Höhe wie ein Springteufel.
    Â»Security!«, brüllte sie.
    Â»Was?«
    Â»Das erste Wort, du Dummi! Es heißt SECURITY!«
    Mein Kopf kippte zur Seite.
    Â»Er arbeitet bei einer Security-Firma, einem Sicherheitsdienst!«
    Â»Security«, nickte ich. Ich war beeindruckt und zugleich enttäuscht, dass mir die Idee nicht auch gekommen war. »Und was ist mit dem zweiten Wort?«
    Kat setzte sich wieder hin und runzelte die Stirn, während sie sich konzentrierte. »OMMA … OMMA …«, murmelte sie, als wäre es ein Mantra.
    Â»Kat«, sagte ich. »Es gibt da was, was ich nicht kapiere. Beim Fotografieren.«
    Â»Pscht«, sagte sie und widmete sich wieder ihrem Mantra.
    Â»Wie macht man das mit dem Lächeln?«
    Â»Was?«
    Â»Du weißt schon. Wie schaffen die Leute es, auf Kommando zu lächeln, wenn sie fotografiert werden?«
    Sie antwortete mir nicht. »OMMA … OMMA«, sagte sie. Dann hielt sie inne. »Was hast du da gesagt?«
    Â»Ich sagte, wie schaffen die Leute es …«
    Ich unterbrach mich. Kat starrte mich an, die Augen weit aufgerissen, mit offenem Mund.
    Â»Entschuldige, entschuldige, Kat. Ich wollte dich nicht aus dem Konzept bringen …«
    Â»Nein, nein …«, fing sie an. Aber weiter kam sie nicht, denn von unten ertönte ein ohrenbetäubender Schrei.

23
    Katastrophe
    Der Schrei war aus der Küche gekommen. Kat schnappte nach Luft und packte mich hart am Arm. Dann rannte sie aus dem Zimmer und trampelte die Treppe hinunter. Ich folgte ihr, so schnell ich konnte. Ob wohl jemand ermordet worden war? Es hatte geklungen wie die Sorte Schreie, die man aus altmodischen Fernsehkrimis kennt, wenn das Dienstmädchen mit einem Tablett das Zimmer betritt, eine Leiche vorfindet, das Tablett fallen lässt und einen ohrenbetäubenden Schrei ausstößt. Ein Bild von Tante Gloria, die Salim tot im Keller findet, tauchte vor meinem geistigen Auge auf, und ein unangenehmes Gefühl kroch mir die Speiseröhre rauf.
    Kat blieb in der Küchentür stehen. Ich schielte ihr über die Schulter, um zu sehen, was dahinter geschah. Mum, Tante Gloria und Rashid standen am Tisch und starrten auf Tante Glorias Handy.
    Â»Was ist passiert?«, fragte Kat.
    Niemand antwortete. Es war, als wären wir in ein Kinderspiel hereingeplatzt, bei dem die Mitspieler zu Statuen erstarren müssen. Kat lief zum Tisch hinüber und wollte nach dem Handy greifen.
    Â»Fass es nicht an!«, flüsterte Tante Gloria.
    Kats Hand hielt inne. »Wieso nicht?«
    Mum schob Kats Hand beiseite. »Halt dich da einfach raus, Kat. Siehst du denn nicht, dass Glo völlig fertig ist?«
    Rashids Hände schossen in die Höhe, die Handflächen nach außen gedreht. »Also bitte, jetzt setzen wir uns hin und beruhigen uns alle«, sagte er. »Lass uns der Sache auf den Grund

Weitere Kostenlose Bücher