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Der Junge, der sich in Luft auflöste

Der Junge, der sich in Luft auflöste

Titel: Der Junge, der sich in Luft auflöste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Siobhan Dowd
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gehen.«
    Alle außer mir taten es (weil es nur vier Stühle gab). Ich stellte mich neben Mums Schulter.
    Â»Gloria«, sagte Rashid. Seine Stimme klang beschwichtigend. Er ergriff ihre Hand und streichelte sie, als würde er eine Katze streicheln. »Erzähl uns, was geschehen ist.«
    Tante Gloria schluckte. »Ich hatte mein Handy die ganze Zeit bei mir. Hab es keine Sekunde aus den Augen gelassen. Neben meinem Kissen. In meiner Hosentasche. In meiner Hand. Die ganze Zeit. Falls Salim anruft. Und dann … Gerade eben … Oh!« Sie wischte sich eine Träne von der Wange. »Ich habe es für einen kurzen Moment hier hingelegt, auf den Tisch, als ich ins Wohnzimmer ging. Um bei der Fluggesellschaft anzurufen. Vom Festnetz. Ich musste da anrufen, versteht ihr. Weil wir eigentlich …«, sie schüttelte den Kopf und presste die Lippen aufeinander, »weil wir heute eigentlich über den Atlantik hätten fliegen sollen, Salim und ich. Ich hab dort angerufen, um zu erklären, warum wir den Flug verpassen werden, und die Dame am Telefon war sehr freundlich.«
    Ihr Mund verzog sich in die eine Richtung, ihre Nase in die andere und ihre Augen verschwanden ganz und gar. Sie weinte. Ich begriff nicht, wie jemand mit seiner Freundlichkeit Tante Gloria zum Weinen bringen konnte, aber genau so war es. »Sie meinte, unsere Reservierungen würden bestehen bleiben. Vorausgesetzt, dass Salim … gefunden wird. Und dass wir den frühestmöglichen Flug nach New York bekommen. Also habe ich mich bedankt und aufgelegt. Ich stellte das Telefon an seinen Platz zurück und kam wieder her. Und es klingelte, genau in diesem Moment! Das Handy. Es lag auf dem Tisch und klingelte und klingelte, und niemand war hier, niemand hat es gehört. Ich ging ran … und da hörte es auf …«
    Â»Es hätte jeder sein können«, sagte Rashid.
    Tante Gloria schüttelte den Kopf. Sie nahm das Handy und zeigte uns das Display, das den Namen des letzten Anrufers anzeigte.
    Salim.
    Â»Er hat versucht mich zu erreichen … Ich habe natürlich zurückgerufen. Sofort. Aber es meldete sich niemand. Es war wieder ausgeschaltet. Niemand. Ach, Salim. Du hast mich angerufen. Und ich war nicht für dich da.«
    Die letzten sieben Worte brachen als Schluchzer hervor, der bis zum »da« immer lauter wurde. Und dann blieb Tante Gloria auf dem a hängen.
    Â»Aa-aa-aaaaa«, heulte sie, wie ein Baby, das sein Fläschchen verloren hat.
    Viking Nord, Utsire Süd und Utsire Forties zyklonische 6 bis Windstärke 8, abnehmend 5, raue bis sehr raue See, tönte es in meinem Kopf.
    Â»Ach, Glo«, sagte Mum. Sie packte sie am Ellbogen und die beiden gingen nach hinten raus, stellten sich in den Garten, und ich sah, wie Mum Tante Gloria ihre Zigarettenschachtel und das Feuerzeug reichte, was sehr seltsam war, den Mum ist ja Krankenschwester, und Krankenschwestern wissen doch, wie sehr Rauchen die Gesundheit gefährdet. Tante Gloria hätte besser eine Tasse Tee getrunken, denn in meinem Erste-Hilfe-Buch steht, dass einem ein heißes Getränk guttut, wenn man einen Schock erlitten hat.
    Rashid saß zusammengesunken am Küchentisch. Er stützte den Kopf in die Hände und murmelte irgendetwas von »Presse verständigen«. Dann folgte er den beiden in den Garten.
    Kat sah mich an. »Ted«, sagte sie. »Die Sache wird langsam ernst.«
    Â»Ernst«, stimmte ich zu.
    Sie stand vom Tisch auf und ging dreimal um ihn herum, bis mir ganz schwindlig wurde. Offensichtlich dachte sie nach. Wenn Kat nachdenkt, bewegt sie sich ziemlich viel. Wenn ich nachdenke, mache ich – mal abgesehen vom Schieflegen des Kopfes – gar nichts. Ich mochte die Art von Kats Nachdenkerei nicht. Ihr Pferdeschwanz wippte hin und her, ihre Lippen waren fest zusammengepresst und ihr Mund bewegte sich, ohnedass ein Ton herauskam. Urplötzlich lief sie ins Wohnzimmer hinüber. Ich folgte ihr. Sie nahm das Branchenbuch vom Regal, blätterte es mit zusammengezogenen Augenbrauen durch. Dann schlug sie eine bestimmte Seite auf und nickte. Sie riss die Seite heraus und faltete sie zusammen.
    Â»Ted. Ich muss mal weg. Jetzt gleich.«
    Â»Aber …«
    Â»Du musst bloß noch mal lügen. Sag, dass ich kurz zu Tiff bin.« Tiffany ist Kats beste Schulfreundin.
    Â»Aber du gehst doch gar nicht zu Tiffany, oder?«, fragte

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