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Der Junge, der sich in Luft auflöste

Der Junge, der sich in Luft auflöste

Titel: Der Junge, der sich in Luft auflöste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Siobhan Dowd
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Öffnen der Sperre, und dann ist er da. Hier bei uns. Wir wohnen doch gleich um die Ecke.« Kat atmete geräuschvoll aus. »Es hat echt keinen Zweck, Ted.«
    Â»Vielleicht wusste er nicht so genau, in welche Richtung er laufen sollte, als er an der Hauptstraße heraufkam. Das passiert mir auch.«
    Kat starrte mich an. »Das glaube ich nicht. Nicht Salim. Er ist den Weg morgens doch noch mit uns gegangen. Und es ist kinderleicht. Nur zweihundert Meter die Hauptstraße runter, an der Kaserne vorbei und dann links in die Rivington Street. Und dann kommt ungefähr in der Mitte unser Haus.«
    Ich nickte. »Unser Haus. In der Mitte.«
    Kat ließ sich wieder auf die Luftmatratze fallen. »Zwecklos, Ted.«
    Â»Zwecklos«, wiederholte ich.
    Meine Hand begann zu schlackern. Mein Kopf kippte zur Seite. »Was hast du gesagt, Kat?«, fragte ich. »Sag es noch mal.«
    Â»Zwecklos.«
    Â»Das nicht. Das davor. Das mit der Hauptstraße und so.«
    Â»Zweihundert Meter die Hauptstraße runter, an der Kaserne vorbei und dann …« Sie unterbrach sich und machte große Augen.
    Â»In der Gondel, Kat. Als sie oben waren. Marcus hat erzählt, dass Salim direkt in die Sonne starrte. Er schaute nach Süden.«
    Â»Er sagte, er würde nach Manhattan gucken«, murmelte Kat.
    Â»Aber er guckte nicht nach Manhattan, Kat. Oder in die Sonne. Er guckte auf etwas, das ihn an Manhattan erinnerte. Auf ein großes Hochhaus. Er guckte zur Kaserne hinüber.«
    Â»Das ist etwas«, sagte Kat. »Das ist es. Das ist das Coriolis-Dingsbums. Das, was ihn vom Kurs abgebracht hat.« Sie schüttelte den Kopf. »Aber Ted. Er wollte schnell nach Hause. Er wäre doch nicht stehen geblieben und zu der Kaserne rübergelaufen?«
    Â»Er liebt hohe Gebäude, Kat«, sagte ich.
    Sie nickte. »Er hatte seine Einwegkamera. Vielleicht wollte er noch ein paar Fotos schießen.«
    Ich nickte. »Das Wetter war schön. Eine tolle Aussicht von dort oben.«
    Â»Eine Aussicht, von der er wusste, dass es sie nach dem Abriss der Kaserne nicht mehr geben würde … Außerdem hat er vielleicht Angst vor Tante Glos Wutanfall gehabt, wenn er wiederauftauchte. Ein kleiner Aufschub kam ihm vielleicht ganz gelegen … Er betritt die Kaserne, um sich kurz umzusehen … Und dann?«
    Â»Dad kam an diesem Abend nach Hause!«, stieß ich hervor. »Er meinte, am Gebäude wäre alles abgesichert. Dass er es verriegelt hat. Seitdem ist er nicht mehr dorthin zurückgefahren. Heute war er unten in Peckham, hat er erzählt. Auf einer anderen Baustelle. Es hat die Kaserne abgeschlossen, Kat. Als Salim noch drin war. Und seither ist niemand mehr dort gewesen. Salim ist da drin, Kat. Eingesperrt. Und die Betonbrecher rücken an. Morgen.«

39
    Nächtlicher Regen
    Â»Um Gottes willen!«, kreischte Kat. Sie rannte aus dem Zimmer. »Dad! Mum! Kommt schnell.«
    Wenn ich Leuten etwas erzähle, was ich herausgefunden habe, hört mir keiner zu. Wenn Kat es tut, hören alle zu. Innerhalb von fünf Minuten war jeder halbwegs angezogen und zur Tür hinaus, hinein in den strömenden Regen. Dad nahm zwei Taschenlampen mit und seinen riesigen Schlüsselbund für die Arbeit. In flatternden Mänteln rannten wir die Straße hinunter, Rashid, Tante Gloria, Mum, Dad, Kat und ich, mit unseren Regenschirmen, die sich von innen nach außen stülpten, mit klopfenden Herzen, aufkeimender Hoffnung und meiner schlackernden Hand. Dads Hand zitterte, als er das Vorhängeschloss am Baustellenzaun öffnete. Ein heftiger Windstoß heulte kreuz und quer durch das hohe dunkle Gebäude, das vor uns aufragte. Mum hielt eine Taschenlampe. Wir überquerten einen matschigen Grasstreifen, umrundeten die Kaserne von hinten und liefen zum Eingang. Der nächste Schlüssel. Wieder mit zitternder Hand.
    Â»Schnell, schnell!«, schrie Tante Gloria und hätte Dad fast den Schlüssel aus der Hand gerissen.
    Wir waren drin. Hinter uns schloss sich die Tür. Dad ließ den Lichtkegel der Taschenlampe durchs Foyer wandern. Es stank nach dreckigen Toiletten und toten Tieren. Ein weiterer Schlüssel, der in einen dunkel lauernden Raum führte, eine Art Maschinenraum. Rohre, Boiler, Kabel, Sicherungskästen. Still wie ein Leichenschauhaus. Der Lichtkegel fiel auf das, was Dad suchte. Einen Schrank. Er sperrte ihn mit einem vierten

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