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Der Junge, der sich Vogel nannte (German Edition)

Der Junge, der sich Vogel nannte (German Edition)

Titel: Der Junge, der sich Vogel nannte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Henrik Nielsen
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halfen. Aber es war einfach viel zu wenig. Und irgendwann wirkten die Medikamente nicht mehr bei allen. Nur noch bei manchen. Es ging so schnell. Alles Schlimme wurde immer noch schrecklicher. Da begannen die Leute, aus der Stadt zu fliehen.«
    »Konntet ihr denn nicht einfach mehr Medizin machen?«, fragt Fride.
    »Das haben wir versucht, aber irgendwann ging auch das nicht mehr. Diejenigen, die Medizin herstellten, starben und es gab nichts mehr, woraus wir die Medikamente hätten gewinnen können. Es kamen keine Schiffe mehr mit Waren und die Zusammenarbeit mit den anderen Ländern brach ein. Telefonleitungen und Satelliten funktionierten nicht mehr, wir konnten nicht mehr kommunizieren. Schließlich war uns fast nichts mehr geblieben.«
    »Aber wieso haben manche überlebt?«, fragt Fride.
    »Einige von denen, die Medikamente bekommen haben, überlebten. Sie sind immun geworden, ohne dass wir wissen warum. So ist es einfach.«
    »Warst du die ganze Zeit im Krankenhaus?«, fragt Nanna.
    »Ja. Bis die Behörden am Ende die wenigen, die noch da waren, evakuierten und die Stadt sperrten. Das war die letzte Information, die wir bekommen haben, danach war es still. Wir hatten das Glück, dass wir auf die Bohrinsel vor der Küste ziehen konnten.«
    »Ich finde, du hättest nicht weggehen dürfen«, sagt Fride. »Das war dumm für uns. Wir waren sehr traurig. Papa auch.«
    »Ich weiß, Fride. Aber wir hatten keine Wahl, wenn jemand überleben sollte.«
    »Dachtest du, wir wären tot?«, fragt Nanna.
    Ihre Mutter schaut ins Feuer.
    »Nein. Nie.«
    »Wir dachten, du wärst gestorben«, sagt Nanna.
    »Hat Papa das gesagt?«, fragt Mama.
    »Nein, das hat er nicht. Aber er hat auch nie gesagt, dass du zurückkommen würdest. Er hatte nur Angst, dass uns jemand entdecken könnte.«
    »Aber wo sind denn alle anderen?«, fragt Fride.
    »Alle anderen?«, fragt Mama.
    »Die, mit denen du fortgegangen bist.«
    »Sie sind noch auf der Bohrinsel draußen im Meer.«
    »Sind da noch viele Menschen?«, fragt Nanna.
    »Nein, nicht sehr viele. Wir waren nur sehr wenige hier aus der Stadt, aber es kamen auch von anderen Orten noch ein paar dazu.«
    »Sind die böse?«, fragt Fride.
    »Nein. Sie wollen nur dasselbe wie wir. Leben.«
    »Sind da auch Kinder?«
    Mama lächelt Fride an.
    »Ja«, sagt sie. »Da sind mehrere Kinder. Jungen und Mädchen.«
    »Wie schön. Wann kann ich sie besuchen?«
    »Das weiß ich nicht, Fride. Aber sie würden dich bestimmt auch gerne kennenlernen.«
    Mama nimmt eine der dampfenden Dosen aus dem Feuer und kippt die Spaghetti auf ein Holzbrett.
    »Jetzt essen wir erst mal«, sagt sie.
    Sie essen mit einem Löffel und einer Gabel, die Mama dabeihat. Nanna schaut zu Vogel, der in einen Baum geklettert ist und die Stadt beobachtet.
    »Aber wieso bist du gerade jetzt gekommen?«, fragt Fride.
    »Wegen des Signals. Ich bin aufgebrochen, so schnell ich konnte.«
    »Welches Signal?«
    Mama schaut sie verwirrt an.
    »Das Funksignal, das ihr gesendet habt.«
    »Wir haben kein Signal gesendet«, sagt Nanna.
    »Aber das müsst ihr gewesen sein. Wir haben Morsesignale empfangen. Nanna und Fride . Es wurde mehrmals wiederholt.«
    »Oh«, sagt Nanna. »Das muss passiert sein, als wir im Funkraum gespielt haben. Fride hat es geschafft, den Strom anzuschließen. Papa war furchtbar sauer, als er uns erwischt hat.«
    »Das Signal war ganz deutlich«, sagt Mama. »Nanna und Fride.«
    »Aber wieso habt ihr nicht geantwortet? Papa hat nächtelang gewartet, ohne etwas zu empfangen.«
    »Es war nicht erlaubt. Auf der Bohrinsel gibt es große Antennen und es hat immer jemand auf Signale gelauscht. Aber die anderen wollten nicht antworten. Sie hatten Angst, jemand könnte herausfinden, wo wir sind. Sie wollten nicht, dass noch mehr Menschen auf die Bohrinsel kommen. Alle hatten Angst vor Ansteckung.«
    »Aber wollten sie denn nicht wissen, ob noch jemand an Land ist?«, fragt Nanna.
    »Wir haben geplant, ein Schiff zur Suche auszusenden, aber dann bekamen die anderen Angst und wollten warten, bis ein neues Signal kam. Mir war sofort klar, dass das Signal nur von euch kommen konnte, aber das musste ich für mich behalten. Sie hätten mir nie erlaubt, euch zu suchen. Deshalb bin ich heimlich aufgebrochen, sobald sich die Möglichkeit zur Flucht bot.«
    »Wieso hast du es erst jetzt geschafft abzuhauen?«
    »Weil vorher kein Boot da war, das ich hätte nehmen können. Die meisten Boote dort sind viel zu groß und sie werden streng

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