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Der Junge, der sich Vogel nannte (German Edition)

Der Junge, der sich Vogel nannte (German Edition)

Titel: Der Junge, der sich Vogel nannte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Henrik Nielsen
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bewacht. Es gab nur eins, das ich alleine steuern konnte. Ein kleines Segelboot, das vor ein paar Jahren angetrieben wurde. Eine Frau, der ich vertraute, hatte an dem Abend Wachdienst. Sie hat mir geholfen.«
    »Werden die anderen dich verfolgen?«, fragt Nanna.
    »Ja. Ich denke schon.«
    »Aber müssen wir mit auf die Bohrinsel, wenn sie uns finden?«
    »Ich weiß es nicht«, sagt Mama. »Aber ich glaube nicht. Ich glaube, sie werden hierbleiben.«
    »Ich will auch hierbleiben«, sagt Fride.
    »Ja, willst du das?«, fragt Mama.
    »Ja, hier gibt es so viele Spielsachen und so viel zu essen. Und außerdem gibt es ein Geheimnis!«
    Fride zieht eine Tomate aus der Tasche.
    »Schau mal«, sagt sie lächelnd.
    Mama reißt die Augen auf. Sie streckt eine Hand nach Fride aus.
    »Eine Tomate? Ist die echt?«
    »Ja«, sagt Fride und legt die Tomate in ihre Hand.
    Mama hält sie an die Nase und riecht daran.
    »Iss ruhig. Die ist ganz echt, wirklich.«
    Mama steckt sie in den Mund und kaut.
    »Die schmeckt lecker, nicht wahr?«
    Mama nickt.
    »Das ist die beste Tomate, die ich je gegessen habe. Tausend Dank. Wo habt ihr die her?«
    »Aus Vogels Gewächshaus«, sagt Nanna und schaut zu Vogel, der noch immer mit dem Rücken zu ihnen im Baum sitzt.
    »Vogel?«, fragt Mama.
    »Ja, so nennen wir Ask. Das mag er am liebsten.«
    »Vogel klingt schön«, sagt Mama und dreht sich zu ihm. »Hast du die Tomaten angebaut?«
    Vogel nickt, ohne sich umzudrehen.
    »Wie hast du das geschafft?«
    Vogel antwortet nicht, aber er klettert vom Baum und setzt sich oben auf die rostige Leiter.
    »Komm doch zu uns«, sagt Nanna und versucht zu lächeln.
    Vogel verschränkt die Arme vor der Brust und beugt sich vor.
    »Jetzt komm doch und setz dich«, sagt Nanna.
    Vogel schüttelt den Kopf und zieht die schwarze Kapuze tiefer ins Gesicht.
    »Was ist denn los?«
    »Ich muss bald gehen«, sagt Vogel.
    »Warum?«
    Er springt von der Leiter und nimmt wortlos seinen Rucksack.
    »Wohin gehst du?«, fragt Nanna.
    »Ich habe keinen Grund hier zu sein.«
    »Du kannst doch bei uns bleiben?«
    »Nein. Kann ich nicht. Ich muss mich um meine Pflanzen kümmern. Und außerdem würde ich mich woanders nicht wohlfühlen.«
    »Komm und setz dich, Vogel«, sagt Mama. »Willst du nicht mit uns essen?«
    Vogel schaut sie an, aber er geht weiter auf den dunklen Eingang zu.
    »Ich würde gerne sehen, wo du die Tomaten anbaust. Und wir brauchen mehr Essen. Wir lassen dich nicht alleine. Das verspreche ich dir«, sagt Mama.
    Vogel bleibt stehen.
    »Meinst du das ernst?«
    »Ja«, sagt Mama. »Ganz ernst.«
    Vogel stellt den Rucksack ab. Das Feuer hat angefangen zu qualmen und er legt den Kopf auf den Boden und pustet in den Rauch. Das Holz glimmt noch leicht. Er bläst weiter, bis eine kleine Flamme aufflackert.
    »Das kannst du gut«, sagt Mama und legt Zweige nach.
    »Ich friere nicht gern«, sagt Vogel. »Ich habe das schon oft gemacht.«
    »Ja. Das hast du wohl. Sind deine Eltern tot?«
    »Sie sind verschwunden, als ich klein war.«
    »Wer hat sich um dich gekümmert?«
    »Das habe ich selbst gemacht«, sagt Vogel.
    »Tatsächlich?«
    »Ja.«
    »War nie jemand anderes in der Stadt?«
    »Nein.«
    »Bist du sicher?«
    »Ja. Warum fragst du?«
    »Wir haben Spähtrupps ausgeschickt, aber sie sind nicht zurückgekommen.«
    »Ich habe nie jemanden gesehen.«
    »Und dann hast du ganz alleine die Pflanzen gezogen?«
    »Ja. Ich war jeden Tag im Gewächshaus, seit ich sie zum ersten Mal sprießen sah«, sagt Vogel und schaut nach unten.
    »Stimmt was nicht?«, fragt Mama.
    »Wenn ihr zu eurem Vater zurückgeht, kann ich nicht mitkommen«, sagt Vogel und tritt gegen einen Holzscheit, sodass das Feuer knistert.
    Es wird still. Nanna schaut Mama an und sie erwidert ihren Blick.
    »Ich denke, wir bleiben vielleicht in der Stadt«, sagt Mama nach einer Weile, ohne Nannas Blick loszulassen.
    »Oh«, sagt Fride. »Bleiben wir hier? Dann können wir ja in unserer Wohnung wohnen. Und ich kann im Kindergarten spielen. Nicht wahr?«
    »Ja, das kannst du«, sagt Mama. »Die Wohnung ist ja nochgenauso schön wie früher. Ich war so erleichtert, als ich gesehen habe, dass jemand da gewesen sein muss.«
    »Warst du öfter in der Wohnung?«, fragt Nanna.
    Mama schaut einen Augenblick nach unten, bevor sie antwortet.
    »Nein, ich war die ganze Zeit hier auf der Festung, um euch Signale schicken zu können. Nachdem ich über das Meer gesegelt war, musste ich mich eine Weile ausruhen, aber als mein

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