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Der Junge, der Träume schenkte

Der Junge, der Träume schenkte

Titel: Der Junge, der Träume schenkte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luca Di Fulvio
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sagen?«
    Sal senkte den Blick und begann, im Rechnungsbuch zu blättern. Nach einer Weile hob er den Kopf wieder und sah Christmas an. »Was gibt’s denn noch?«
    »Gehst du heute Abend mit Mama ins Theater?«
    »Wir werden sehen.«
    »Sal, wie lange ist es her, seit du zum letzten Mal mit ihr ausgegangen bist?«
    Sals Blick verlor sich in der Ferne. Und seine Gedanken kehrten zurück zu jenem Abend im Madison Square Garden, kurz nachdem er aus dem Gefängnis entlassen worden war. »Bist du jetzt etwa unter die Kuppler gegangen?«, knurrte er. Dann schüttelte er den Kopf und murmelte: »Schon zu lange.«
    »Also gehst du mit ihr hin?«
    »Wir werden sehen.«
    »Sal!«
    »Schon gut, ja, Scheiße noch mal!« Sal griff nach den Eintrittskarten und lachte zufrieden. »Ich hab dich ganz schön ins Schwitzen gebracht, was?«
    »Und sag Mama nicht, dass ich sie dir gegeben habe«, bat Christmas. »Sie freut sich mehr, wenn sie denkt, du hättest sie gekauft.«
    »Sind es wenigstens gute Plätze, oder blamiere ich mich deinetwegen bis auf die Knochen?«
    »Parkett.«
    »Parkett, Parkett ... Bei mir hat sie damals in der ersten Reihe gesessen.«
    »Wiedersehen, Sal. Ich muss los.« Und damit wandte Christmas sich zur Tür.
    »Warte, Hosenscheißer.«
    Die Hand schon an der Türklinke, drehte Christmas sich um.
    »Was gibt’s Neues in Sachen Radiosendung?«
    Mit enttäuschter Miene zuckte Christmas die Schultern. »Noch immer nichts.«
    »Verflucht, wie lange brauchen die denn, bis sie sich entscheiden?«, fuhr Sal auf und schlug mit der Faust auf den Schreibtisch, dass das Rechnungsbuch aufflog. »Zwei Wochen dauert das jetzt schon, verdammter Mist! Was glauben die denn, etwa dass du wartest, bis die sich endlich mal bequemen? Miese Geldsäcke, Versager, Schweinehunde ...«
    Christmas grinste. »Danke wegen Santo«, sagte er im Hinausgehen.
    »Wiedersehen, Hosenscheißer ...«, brummte Sal. Kaum war er allein, schnaubte er ärgerlich, schlug erneut mit der Faust auf den Tisch, stand auf, ging zum Fenster und riss es auf. »Ich lass ihnen die Beine brechen, wenn du willst!«, brüllte er hinunter zu Christmas, der schon auf der Straße war. »Ein Wort von dir und ich schicke ihnen zwei Typen, die ihnen die Beine brechen!«
    Karl Jarach konnte es nicht glauben. Mehr als zwanzig Tage hatte er auf die Antwort der Geschäftsleitung warten müssen, und nun das. »Nein.«
    Anfangs hatten die hohen Herren um den heißen Brei herumgeredet und behauptet, es fehle am richtigen Sendeplatz, dann aber – nachdem Karl sie in die Enge getrieben hatte – waren sie damit herausgerückt, dass sie das Programm für vulgär und uninteressant hielten. Es werde keine Zuhörer finden und niemals funktionieren. Idioten!, dachte Karl. Die Geschäftsleitung von N. Y. Broadcast besteht aus Idioten.
    Gerade hatte er sich ein Herz gefasst, war hinunter ins Lager gegangen und hatte Christmas mitgeteilt, dass es keine Radiosendung mit ihm geben würde. »Die Geschäftsleitung von N. Y. Broadcast besteht aus Idioten«, sagte er.
    »Weiße«, bemerkte Cyril nur und spuckte auf den Boden. Mit verächtlichem Blick sah er zu Karl Jarach hinüber.
    Karl las Christmas die Enttäuschung vom Gesicht ab. »Tut mir leid. Tut mir wirklich leid.«
    Christmas lächelte ihn traurig an, bevor er sich zu Cyril umwandte und fragte: »Gibt es jüdische Hochzeiten zu feiern?«
    Der Lagerarbeiter griff wütend nach zwei Hämmern. »Die brauche ich jetzt auch«, sagte er. »Obwohl ich wüsste, auf wen ich lieber einschlagen würde.« Erneut warf er Karl Jarach einen finsteren Blick zu.
    Karl beobachtete, wie sie ans andere Ende des Lagers gingen, eine Kiste öffneten und sich an den alten Röhren abreagierten. »Ich muss wieder rauf«, erklärte er, doch weder Christmas noch Cyril beachteten ihn.
    »Mr. Jarach, ich habe eine schlechte Nachricht«, sagte die Sekretärin, als sie ihm im siebten Stock atemlos entgegenkam.
    »Noch eine?«, entgegnete Karl düster, ging in sein Büro und starrte aus dem Fenster. Abendliches Dämmerlicht lag über New York. Viele Angestellte strömten bereits auf die Straßen und strebten den U-Bahn-Stationen zu. Wieder neigte sich ein Tag seinem Ende zu.
    »Skinny und Fatso«, sagte die Sekretärin.
    »Was ist mit Skinny und Fatso?«, fragte Karl missmutig und drehte sich um.
    »Sie hatten einen Autounfall. Sie können heute nicht zur Sendung kommen«, berichtete Mildred niedergeschlagen, war sie doch eine begeisterte Hörerin von Cookies , der

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