Der Junge, der Träume schenkte
Comedy-Sendung mit den beiden Varietéschauspielern.
Wortlos hob Karl die Schultern. Skinny und Fatso, die beiden Schwachköpfe, waren ihm vollkommen egal.
»Senden wir stattdessen Musik?«, fragte die Sekretärin.
»Ja, ja ...«
»Welche Musikrichtung denn?«
»Macht, was ihr wollt ...«
Einen Moment lang stand Mildred wie versteinert da. Dann drehte sie sich um und verließ das Büro.
Erneut blickte Karl aus dem Fenster. Die Menschen eilten nach Hause. Guten Abend, New York, dachte er. Und plötzlich lief ihm ein Schauer über den Rücken. »Zum Teufel noch mal!«, rief er laut und stürmte aus dem Büro. »Mildred! Mildred!«, rief er der Sekretärin hinterher, die gerade in den Aufzug stieg. »Lassen Sie es gut sein«, sagte er zu ihr. »Gehen Sie ruhig nach Hause, ich kümmere mich darum.«
»Aber Mr. Jarach ...«
»Gehen Sie nur, Mildred.« Er schob die Sekretärin aus der Aufzugkabine und sagte zum Fahrstuhlführer: »Zweiter Stock, schnell.« Kaum öffnete sich die Aufzugtür wieder, stürzte Karl zum Konzertsaal. »Wo ist Maria?«, fragte er jeden, der ihm über den Weg lief.
»Maria, Sie können noch nicht nach Hause gehen«, sagte Karl außer Atem, nachdem er sie endlich gefunden hatte. Maria hatte schon ihren Mantel angezogen. »Hören Sie mir zu, wir haben nicht viel Zeit. Können Sie sich noch an den Namen des Tontechnikers erinnern, der Christmas’ Probesendung mitgeschnitten hat?«
»Leonard.«
»Leonard, gut. Finden Sie ihn für mich, jetzt gleich. Lassen Sie sich die Aufnahme geben und kommen Sie damit zu mir ... von wo senden wir Cookies ?«
»Aus Saal neun, dritter Stock.«
»In Ordnung, wir treffen uns dort«, sagte Karl und drückte ihre Schultern. »Beeilen Sie sich.« Er warf einen Blick auf die goldene Uhr, die sein Vater ihm geschenkt hatte. »Uns bleiben keine fünf Minuten mehr.«
In Saal neun im dritten Stock warteten der diensthabende Tontechniker Marcus Smith und der Ansager von N. Y. Broadcast auf die Musik, die gesendet werden sollte.
»Sind wir bereit?«, fragte Karl, als er den Raum betrat.
»Ja, aber ...«, hob der Tontechniker an.
»Es dauert nur einen Moment«, fiel Karl ihm ins Wort und gebot ihm mit ausgestrecktem Finger zu schweigen, bevor er sich nervös zur Saaltür umdrehte.
In dem Augenblick kam Maria mit der Aufnahme in der Hand hereingelaufen. »Hier ist sie.«
»Geh auf deinen Platz«, sagte Karl zu dem Tontechniker.
»Was ist das?«, fragte der Ansager, der sich vor das Mikrofon stellte.
Maria und Karl sahen sich an.
»Sind Sie sicher?«, vergewisserte sich Maria.
»So sicher wie noch nie«, erwiderte Karl mit einem strahlenden Lächeln.
»Ich bin so weit«, meldete sich Marcus durch die Gegensprechanlage.
»Danke, Maria. Jetzt dürfen Sie nach Hause gehen«, sagte Karl.
»Um nichts auf der Welt würde ich mir das hier entgehen lassen«, gab sie grinsend zurück. »Aber ich höre es mir unten im Lager an.«
Karl lächelte. »Grüßen Sie ihn von mir.«
Maria nickte und verließ den Saal.
»Wann ihr wollt. Noch fünfzehn Sekunden bis zur Ansage«, erklang Marcus’ krächzende Stimme.
»Was soll ich sagen?«, wollte der Ansager wissen.
»Schalte nach der Ansage die Lichter aus. Alle«, wies Karl den Tontechniker an. Der gab hinter der Scheibe ein Zeichen, dass er verstanden hatte.
»Was soll ich sagen?«, wiederholte der Ansager mit einem nervösen Unterton in der Stimme. »Zehn Sekunden noch.«
Karl sah ihn an. Dann schob er ihn beiseite. »Ich mache das.« Er drehte sich zu Marcus Smith um und wartete auf das Startzeichen.
Der Tontechniker zählte mit den Fingern der erhobenen Hand. Fünf, vier, drei, zwei, eins. Dann senkte er den Arm.
»Hier ist N. Y. Broadcast, Ihr Radiosender«, sagte Karl. »Aufgrund eines kleinen Zwischenfalls kann Cookies heute Abend nicht auf Sendung gehen ...« Karl ballte die Fäuste und hoffte, niemand möge auf einen anderen Sender umschalten. »Aber mit großem Stolz stellen wir Ihnen an dieser Stelle unser neues, außergewöhnliches Programm vor, präsentiert von Christmas ...« Karl hielt inne. Verflucht, Christmas ... und wie weiter?, dachte er, während ihm der kalte Schweiß ausbrach. »Christmas ... einfach nur Christmas, meine Damen und Herren«, sagte er schließlich. »Und in Kürze werden Sie verstehen, weshalb ich Ihnen seinen vollen Namen nicht verraten kann. Er ist ein Typ von zweifelhaftem Ruf. Und die Sendung heißt ...« Wieder hielt Karl inne. Ein Titel. Er brauchte einen Titel! »
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