Der Junge, der Träume schenkte
Tages erkennt, dass ihm nichts anderes übrig bleibt, als auf den Turm des Hollywoodschlosses zu klettern, und das Publikum ...«
»... hält den Atem an, ist schon klar«, lachte Christmas und sah seine Mutter an. »Dass ich gut Geschichten erzählen kann, habe ich allein dir zu verdanken«, sagte er ernst.
»Wie schön du geworden bist, mein Liebling.« Cetta streichelte ihm über das Gesicht. »Fahr nach Hollywood und finde Ruth!«
»Ich habe Angst«, gab Christmas zurück.
»Nur ein Idiot hätte keine Angst, nur mit einer Trompete und einem Holzschwert am Gürtel auf einen Turm zu klettern.«
Christmas lächelte. Er zog seine Hand aus der seiner Mutter. »Hast du darüber nachgedacht, was ich dir gesagt habe?«
»Ich brauche das nicht«, sagte Cetta.
»Ich bin jetzt reich.«
»Ich kann nicht, Schatz.«
»Wieso nicht?«
»Vor vielen Jahren, als du noch klein warst«, begann Cetta, »habe ich Sal beobachtet, wie er Opa Vito behandelt hat. Und ich habe eine wichtige Lektion gelernt, die ich nie vergessen habe. Würde ich mir von dir eine schönere Wohnung als diese hier schenken lassen, wäre das eine Demütigung für Sal.«
Christmas wollte etwas erwidern, als die Wohnungstür aufging und Sal in Hemdsärmeln und mit einem Stapel Papier in der Hand hereinkam.
»Ach, du bist auch da«, sagte er, an Christmas gewandt. Er ließ die Blätter auf den Couchtisch fallen. »Sieh dir das mal an«, forderte er Cetta auf.
Sie nahm die Papiere und warf einen Blick darauf.
»Andersherum«, sagte Sal ruppig, riss sie ihr aus der Hand und drehte sie um. »Kannst du noch nicht einmal einen Plan richtig herum lesen?«
»Welches ist das Zimmer für ...? Ich verstehe nur Bahnhof«, murmelte Cetta.
»Ach, vergiss es«, murrte Sal, nahm die Zeichnungen wieder an sich und rollte sie zusammen.
Christmas sah, dass Cetta kaum merklich lächelte.
»Komm mit rüber, Hosenscheißer«, sagte Sal. »Ich zeige dir die Arbeiten.«
»Was denn für Arbeiten, Mama?«
»Warum fragst du sie das?«, schimpfte Sal. »Das Haus gehört mir, nicht ihr. Na los, beweg dich, gehen wir ins Büro.«
Lächelnd bedeutete Cetta ihm, Sal zu folgen, der bereits mit schweren Schritten im Hausflur verschwunden war.
»Was ist eigentlich los, Mama?«, wollte Christmas leise wissen.
»Geh schon«, sagte sie mit einem glücklichen Strahlen in den Augen.
Christmas lief Sal nach und betrat das Büro.
»Mach die Tür zu«, sagte Sal, während er die Pläne auf dem Nussbaumschreibtisch ausbreitete.
Christmas trat näher. »Von was für Arbeiten sprichst du?«
»Würde es dir etwas ausmachen, wenn deine Mutter und ich zusammenlebten?«
»Wie, zusammenleben?«
»Was zum Teufel bedeutet denn deiner Meinung nach zusammenleben? Zusammen leben, Scheiße noch mal«, grollte Sal. »Guck hier. Wenn ich diese Mauer einreiße und die Wohnung deiner Mutter mit dem Büro zusammenlege, wird daraus eine Dreizimmerwohnung. Das hier gibt ein großes Bad, in das auch eine Badewanne passt, und da, wo im Augenblick die Küche ist, kommt mein Büro hin. Und eines der beiden Schlafzimmer wird zum Esszimmer. Es wird aussehen wie bei reichen Leuten.«
»Und du lebst mit Mama zusammen?«
»Zusammen, ja.«
»Warum fragst du denn mich?«
»Weil du der Sohn bist, verflucht noch mal. Und weil du endlich den Hintern hochgekriegt hast.«
»Heiratest du sie?«
»Mal sehen.«
»Ja oder nein?«
»Du kannst mich mal, Christmas. Setz mir nicht die Pistole auf die Brust«, brummte Sal, während er ihm drohend den Finger unter die Nase hielt. »Deine Mutter hat das nie getan, und du kannst verdammt noch mal was erleben, wenn du es jetzt versuchst.«
»Okay.«
»Okay, was?«
»Meinen Segen hast du.«
Sal setzte sich in seinen Lehnstuhl und zündete sich eine Zigarre an. »Du bist also jetzt reich, was?«, bemerkte er nach einer Weile.
»Ziemlich.«
»Jeder kommt im Leben so weit, wie er kann«, erklärte Sal ernst und sah ihn prüfend an. In einer ausladenden Geste deutete er dann auf die Wände ringsum. »Bis hierher sind deine Mutter und ich gekommen. Das ist unser Leben. Ich werde es ihr nie an etwas fehlen lassen.« Er stand auf und trat an Christmas heran. »Aber eines verspreche ich dir, sollte ich eines Tages feststellen, dass ich es nicht schaffe, ihr zu geben, was sie verdient ... dann komme ich zu dir und ziehe mich zurück.« Daraufhin tippte er Christmas mit dem Finger an die Brust. »Aber bis es so weit ist, respektier unser Leben, so wie ich deines
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