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Der Junge, der Träume schenkte

Der Junge, der Träume schenkte

Titel: Der Junge, der Träume schenkte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luca Di Fulvio
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zeigte sich eine Spur von Enttäuschung. Doch gleich darauf lächelte er. »Du bist jetzt eine große Nummer. Man muss dich im Voraus buchen.«
    Christmas grinste betreten. »An einem der nächsten Abende komme ich euch besuchen.«
    »Wirklich?«
    »Versprochen«, sagte Christmas und wippte von einem Fuß auf den anderen. »Sobald ich einen Augenblick Zeit habe, komme ich rüber nach Brooklyn.«
    »Du fehlst mir, Chef.« Schweigend sah Santo ihn an, aber er bekam keine Antwort. »Sag mal, weißt du noch, als sie uns ins Gefängnis gesteckt haben?« Santo lachte. »Und damals, als ...«
    »Ich muss los, Santo«, schnitt Christmas ihm das Wort ab. »Wenn ich nach Brooklyn komme, schwelgen wir in Erinnerungen an die alten Zeiten, einverstanden?«
    »Du hast es versprochen, ja?«
    »Ja, klar. Versprochen.«
    »Wer sind wir?«, sagte Santo fröhlich.
    »Die Diamond Dogs«, gab Christmas zurück, doch seinen Worten fehlte die Begeisterung.
    »Die Diamond Dogs, ja, verflucht noch mal!«, rief Santo.
    Christmas lächelte. »Na los, fahr schon. Carmelina wartet sicher auf dich.«
    Santo startete den Motor und legte den Gang ein. »Die Diamond Dogs«, wiederholte er leise, fast ungläubig. Er schaute Christmas an. »Mein Leben wäre ein Nichts, wenn ich dir nicht begegnet wäre, Chef. Weißt du das?«
    »Verschwinde, du Nervensäge.« Christmas warf die Tür zu, dann schlug er mit der Hand auf das Wagendach. Mitten auf der 125th Street blieb er stehen und blickte dem davonfahrenden Ford hinterher. »Es war eine tolle Sendung«, sagte er leise. »Ich hatte sie alle im Griff ...«
    Hinter sich hörte er Stimmen. Er drehte sich um. Lachend und scherzend kamen Cyril und Karl aus dem CKC-Gebäude. Christmas versteckte sich in einer dunklen Ecke. Er wartete, bis sie vorübergegangen waren, dann machte er sich mit schwerfälligen Schritten auf den Heimweg. Allein. In seiner Rüstung.
    Zu Hause setzte er sich sofort an seinen Schreibtisch. Er spannte ein weißes Blatt Papier in die Underwood ein und begann zu tippen. Der Killer wollte die Frau, deren Ehemann er erschossen hatte, in sein Bett bekommen. Und während dieser Wurm sie zu verführen versuchte, kam heraus, dass der Tote sein bester Freund gewesen war. »Das Leben ist grausam«, sagte der Killer heuchlerisch. »Das Leben ist grausam. Und dann stirbst du.« Licht aus. Beifall. Szenenwechsel.
    Christmas zog das Blatt aus der Maschine und legte es zu den anderen. Er rieb sich die Augen. Er war müde und schlecht gelaunt. Etwas lag ihm schwer im Magen. Er dachte an das, was Cyril gesagt hatte. Einen aufgeblasenen Fatzke hatte er ihn genannt. Doch die Worte hatten ihm nichts anhaben können. Er trug eine Rüstung. Und er hatte Wichtigeres zu tun, als sich das dumme Geschwätz eines schwarzen Lagerarbeiters anzuhören. Er hatte auch Besseres zu tun, als in einem tristen zweistöckigen Haus in Brooklyn mit Santo und Carmelina zu Abend zu essen. Er war jetzt dabei zu schreiben, für das Theater. Christmas blickte aus dem Fenster. Die Nacht war finster. Er konnte die Parkbank nicht erkennen. Und es war ihm egal. Der Drehstuhl fiel um, als er ungestüm aufsprang. »Es interessiert mich einen Scheiß!«, brüllte er wütend zum offenen Fenster hinaus. Er schloss es wieder, stellte den Stuhl wieder hin, griff nach einem neuen Blatt Papier und spannte es in die Underwood.
    Dunkelheit. Licht an. Polizeiwache. Die Frau sitzt vor einem Schreibtisch. Ein junger Detective befragt sie. Die Frau antwortet einsilbig. Dann will der Detective von ihr wissen, ob sie den Mann kenne, von dem die Zuschauer wissen, dass er der Killer ist. Die Frau sieht den Detective an. »Ja«, antwortet sie, »er war der beste Freund meines Sonny.« Da zieht der Detective die Augenbraue hoch ...
    »Was für ein Schwachsinn«, rief Christmas und riss das Blatt aus der Schreibmaschine. »Was für ein rührseliger Schwachsinn ...« Er zerknüllte die Seite, warf sie auf den Boden und spannte ein neues Blatt Papier in die Underwood.
    Dunkelheit. Licht an. Der Morgen graut. Auf einer Bauparzelle in Red Hook stehen zwei Autos. Aus einem steigt der Killer aus, aus dem anderen ein bulliger Gangsterboss mit einer langen Narbe auf der rechten Wange. Sie geben einander die Hand. »Gute Arbeit«, sagt der Boss. Der Killer klopft auf sein Holster und schweigt. Der Boss gibt einem seiner Männer ein Zeichen. Der klappt den Kofferraum des Wagens auf, holt ein Päckchen heraus und legt es auf einen abgebrochenen Betonpfeiler. Der

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