Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der junge Goedeschal - Roman

Der junge Goedeschal - Roman

Titel: Der junge Goedeschal - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Fallada
Vom Netzwerk:
sich nie treffen,schneiden, berühren, decken würden, sondern geheißen waren zur Weiterwanderung, getrennt, in alle Unendlichkeit und Ewigkeit hinein. Und er sagte dies.
    Sie schlug den Kopf ein wenig auf die Seite, die lang bewimperten Lider wie meist gesenkt, ihr Kehlkopf entsprang rasch einmal dem Mantelschluss, aber schon in seine zögernden und mühsam gehobenen Endworte rollte sie ihre Hände und sagte ein »Nein« und »Immer Unrast?«.
    Kai schmeckte es bitter: ja, sie wanderte diese Wege nicht im hoffnungslosen Verheißungszeichen wehender Hüte und Blicke, unter der gesenkten Heimkehrstandarte durchfrosteter Nacht und Seligkeit.
    So liederte er denn nur dies und das Herabsetzende einer Heimatlandfremden, die, in Timbuktu geboren, nach Muskat duftender Wärme und pflanzenfleischstrotzenden Bananenblättern roch.
    Gesteigert schließlich, so ein bisschen proletig, aber schon von verhaltenem Weinen gedörrt: »Na ja, was willst du denn eigentlich? He?! Nun sag mal! Was soll denn, nun, das alles? Endabsicht … He? Sag!«
    Und er drehte die Arme im Wälzen gebauschter Gedanken vor seiner Brust.
    Doch sie, von all dem Gerippten, Geriffelten, Gerieften zerformt, schlug einen Ausfall. »Und du? Nun, und du? Was denn du?«
    Da sang er es, in Vorsicht bedachtsam betont, doch Drohung glostete hinten: »Ich weiß schon, was ich will …«
    Weil sie schwieg, beschwänzte er’s milder: »… was ich möchte …«
    Nun trieb sie es doch, ein kleines bisschen zu haken, ob es schon in dem und dem – aber was, wusste man nicht – verrucht erschien: »Und? – – Sag doch, ja? – – Nun?«
    »… aber du musst mir versprechen, zu tun, was ich bitte?«
    »Das kann ich doch nicht, wenn ich nicht weiß.«
    »Siehst du … kein Vertrauen …«
    »Vertrauen …! Aber so was verlangt man nicht.«
    »Man! Natürlich man! Lehmann und Klotzsch thronen dem Maßgebenden vor.«
    »Sag, was du willst … dann kann es wohl sein …«
    »Nein.«
    Manchmal streiften die Buschzweige Schnee auf die Achseln. Oder man schlug den Absatz gegen einen Stein und ließ das Geballte, Verkrümpelte hinten.
    Aber nicht dieses! Wohl schien es irgendwo besser, tiefer zu häkeln und angeln, am Widerhaken zu ziehen; aber nein, nun sang die Stimme weich und ein wenig billig erstickt; es ging so unschwer: »Versprich, dass du’s tust, du kannst es so leicht.«
    Schon flehte auch sie: »Kai … Kai …«
    »Bitte, bitte, bitte, liebe Ilse …«
    »Aber du! Ich kann doch nicht …!«
    Sicher, noch hatte man’s nicht gesagt. Wie? Nein, gewiss nicht. Aber es klang, als wüsste sie. Und wusste sie, durfte man’s wagen, tun, so sich vorbeugen und die Meinung des Eigengesichts auslöschen, auf ihren Lippen.
    Aber sie wusste nicht! Sie wusste nicht!! Nie und nie!!!
    Da waren die Straßen, der so getriebene Schritt sank nun in ein Entbreiten zusammen, und ihre Frage war verstockt und her und hin spöttisch: » Nun , Kai?«
    › Nun , Kai! Natürlich wusste sie! O, ich, ich, ich …!!‹ Aber laut: »Ja, Ilse?«
    »Kommst du nicht noch rauf, Kai?«
    Wie sie kratzte!
    »Jetzt noch? So spät?«
    Kleiner schon: »Freilich, spät ist es …«
    »Ach was! Ich komme. Deine alte Dame …«
    »Besser wir lassen’s. Sehn uns doch morgen?«
    »Nein, nun …«
    Und plötzlich, dies, ermächtigt durch die Vorrederei, als Wiedergutmachung fordernd: »Nicht wahr? Ich darf?«
    Hinten im Hirn ließ Hoffnung die verhüllenden Hände sinken, ein Lichtschein brach aus: noch konnte es kommen, konnte es kommen!
    Es wuchs langsam aus ihr. »Nun ja, komm schon rauf. Warum auch nicht?«
    Und nachdenksam: »Warum auch nicht? Was soll es denn schaden?«

48
    Salon. Dunkel. Ein kleiner ungelüfteter Ruch, staubprickelnd.
    »Ich sag nur Mama Bescheid. Einen Augenblick.«
    Die Tür schlippte matt seufzend ins Schloss. Im kaum durchgrauten Schwarz beharrten die Möbel dumpf auf sich. Ein verhehlender Schritt ließ auf der Metallplatte eines Standbeins Tässchen klappern, der nächste schlug Kais Hüfte daran: helles Scheppern.
    Er verwirrte beruhigend seine Hände.
    Der Seitentür entstand gelb Erhelltes. Kai schlich, Gemurmel zu horchen; unnötig, denn schon schrillte es, wohl zu vernehmen: »… Herr Goedeschal nicht wohl? Nach Haus mit ihm! Man geht nicht zu fremden Leuten, um halb neun!«
    »Muttilieb, bitte …«
    ›Oh, die Tür. Die Tür. Fort. Weg. Wie es brennt. Kräx. Klemm den Bauch, du Hund. Wie? Mantel dort, Mütze. Das Entree. Ah …!‹
    Er warf sich in den dunklen

Weitere Kostenlose Bücher