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Der junge Häuptling

Der junge Häuptling

Titel: Der junge Häuptling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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dampfender Erbsensuppe auf den Tisch und trat zu Cate ans Fenster.
    »Nun eßt mal, kleines Fräulein, damit Ihr wieder zu Kräften kommt!«
    »Danke. Vielen Dank. Die Suppe ist noch heiß. Sagt – mein Vater bricht mit der Truppe auf, um die Munitionsräuber zu bestrafen?«
    »Jawohl! Jetzt geht’s den Indsmen an den Kragen. Ihr seht ja, alle Mann brechen auf. Nur zwölf von uns bleiben hier zurück, um die Station und Euch zu beschützen.«
    »Ja – ja.« Es stürmte zuviel auf Cate ein. Sie war wieder halb geistesabwesend. Plötzlich schrak sie auf. »Da ist ein Indianer!«
    »Ein ganz ungefährlicher, angebundener mit dem christlichen Namen Tobias. Ihr braucht Euch wirklich nicht vor ihm zu erschrecken. Laßt die Suppe nicht kalt werden.«
    Cate setzte sich gehorsam an den Tisch und rührte die Suppe um, obgleich sie nicht mehr heiß war. »Warum habt ihr den Indianer angebunden?« forschte sie.
    »Tscha, das ist ein Kundschafter des Forts. Er war unterwegs, um zu spähen, und will nichts von den Dakota bemerkt haben. Weiter ist nichts aus ihm herauszubringen. Nicht einmal dem Major gibt er Antwort. Er wartet auf seine Prügel.«
    Cate blickte noch einmal durch das Fenster. Der Indianer, lang und schlank, stand gebückt, da ihm die Hände an einen kurzen Pfosten gefesselt waren. Sein schwarzes Haar war mit einem grünen Stirnband gehalten; er trug Sammethosen, ein Baumwollhemd und eine gestickte Weste.
    »Die Kleider hätten sie ihm ausziehen müssen«, meinte Theo, »damit die Hiebe besser auf die Haut gehen. Aber unser Adams, der sie ihm verabfolgen soll, hat keine Lust dazu, den Prügelknecht zu spielen.«
    »Wer ist das, Adams?« wollte das Mädchen wissen.
    »Der Blonde, der uns am Tor empfangen hat. – Entschuldigt mich, Fräulein Cate! Ich muß mich draußen sehen lassen!«
    Theo entfernte sich. Cate ließ die Erbsensuppe stehen, um weiter zu beobachten, was im Hof vorging.Eben kam ihr Vater. Er schien selbst noch einmal vom Turm Ausschau gehalten zu haben, denn er trat aus der Tür des Wachturms, die unmittelbar auf den Hof führte. Mit schnellen Schritten ging er zu seiner Fuchsstute und stieg auf. Das war für alle das Zeichen zum Aufbruch. Der Torwächter hatte die großen Torflügel weit geöffnet.
    In diesem Augenblick ertönte vom Turm wieder ein Warnungspfiff. Cate kannte diesen schrillen Ton. Damit war auch ihr Kommen angekündigt worden. Sie beobachtete Adams, der nicht zu Pferde saß, also wahrscheinlich mit der Restbesatzung von elf Mann auf der Station zurückbleiben sollte. Der Blonde rief zum Turm hinauf: »He, Jim! Was ist los?«
    »Roter reitet an die Station heran!« war die Antwort.
    »Reitet heran – mir nichts, dir nichts?«
    »Mir nichts, dir nichts, wie im Frieden oder als Parlamentär!«
    »Garantiert allein?«
    »Garantiert allein.«
    Cate sah, wie Adams zu ihrem Vater eilte. Der Major hörte sich zu Pferde die Meldung und einen Vorschlag des Adams mit sichtlicher Ungeduld an.
     
     

 
Rauhreiter Adams
     
    »Schlage vor«, sagte Adams zu seinem Kommandanten, der zu Pferde beim Tor hielt, »schlage vor, daß ich selbst diesem unbekannten Indsman entgegenreite, ehe er ganz an die Station rankommt.«
    Major Smith ließ sich eben in diesem Moment nicht gern aufhalten, dennoch hörte er auf den Vorschlag. »Gut, reite. Worauf es ankommt: daß wir keine Zeit verlieren und daß der Kerl nicht merkt, wie viele wir sind und was wir vorhaben. Sieh zu, daß du etwas aus ihm herausbekommst und daß du ihn dann draußen erledigen kannst. Die Dakota sind alle verdammt hinterlistig.«
    Adams machte zu diesem Befehl ein mürrisches Gesicht, widersprach aber nicht, sondern holte sich sofort seinen Braunen und ritt durch das geöffnete Tor hinaus. Er durchquerte die Furt und trabte ein Stück in das Tal hinein, das ihm seit seinem ersten Ritt vor zwei Jahren in dieser Gegend schon bekannt war. Es dauerte nicht lange, bis er den beobachteten Reiter sehen konnte, der ihm in leichtem Galopp näher kam. Der Indianer ließ sein Pferd jetzt in Schritt fallen. Adams hielt an und wartete. Mit großer Aufmerksamkeit und Spannung musterte er denanderen. Der Indianer ritt einen Falben mit dunkler Mähne und dunklem Schweif. Er selbst war trotz der Frühlingskälte nackt. Im Gürtel steckten Messer und Revolver. Die Büchse trug er in einer bunt gestickten Lederumhüllung, als ob er kein Gefecht erwarte. Sein schwarzes Haar war gescheitelt und in Zöpfe geflochten. Eine Schlangenhaut hielt am

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