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Der junge Häuptling

Der junge Häuptling

Titel: Der junge Häuptling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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»Hinter die Palisaden mit diesem Mädchen hier! Weiß der Himmel oder auch der Teufel … hoffentlich sind wir wenigstens im Blockhaus sicher. Denn der Bärenbande traue ich alles zu nach dem Stückchen, das sie uns heute nacht wieder vorgeführt hat. Also vorwärts!« Thomas nahm Cate zu sich auf sein verschwitztes und ermüdetes Pferd. Er selbst hatte Blutspritzer an seinem Lederwams, aber Cate mochte nicht fragen, woher sie stammten, und die beiden Rauhreiter wären auch von sich aus nicht willens gewesen, dem Mädchen viel zu berichten.
    In schnellem Trab strebten die beiden mit Cate zusammen in dem Prärietal westwärts. Sie wunderten sich selbst, daß sie unbehelligt blieben, schrieben das aber ausschließlich ihrem eigenen Erfolg über die beiden jungen Dakota zu, mit denen sie zusammengestoßen waren. Eine letzte Hügelkuppe trat zur Seite. Das breite Band des Niobrara, dessen Fluten durch die Schneeschmelze in den letzten Tagen stark angeschwollen waren, lag vor den Augen der Flüchtlinge. Am jenseitigen Flußufer tauchte die Blockhausstation auf. Der Fluß spülte jetzt bis zu der Nordseite der Pfahlmauer, die die Gebäude umgab. Die Dachgiebel schauten eben über die Spitzen der Pfähle. Hoch ragte nur der Wachturm empor. Ein schriller Pfiff ertönte. Die Herankommenden waren bemerkt worden.
    Thomas und Theo erreichten mit dem Mädchen am Nordufer des Flusses die Stelle, die als Furt erkennbar war. Am jenseitigen, südlichen Ufer zeigte sich schon ein junger Reiter, der aus der Station gekommen war, um die Ankömmlinge zu mustern und zu begrüßen. Er trug keinen Hut. Der Wind fuhr in seinen Blondschopf. Er winkte, und Thomas und Theo trieben daraufhin laut rufend und gestikulierend ihre Schecken in die Strömung. Das Wasser reichte den Reitern selbst in der Furt über die Füße, und Cate nahm vorsichtig den langen Rock in die Höhe.
    Als die drei das Südufer erreicht hatten, befanden sie sich auch schon unmittelbar vor dem Palisadenring. Der Reiter aus der Station half dem Mädchen vom Pferd. Er war ein kräftiger junger Bursche. Um seine Augen spielten Erstaunen und nicht sehr viel Hochachtung, als er das Mädchen im langen Rock, bleich und übernächtig, vor sich stehen sah. Cates Nervenkräfte waren zu Ende. Sie fing an zu weinen, obgleich sie sich dessen schämte. Nur mit halbem Ohr vernahm sie, wie der junge Reiter von Thomas und Theo begrüßt wurde.
    »Adam! Adam Adamson!«
    »Thomas! Theo!« Der blonde Adams erwiderte die Begrüßung in verwirrtem Ton, offenbar überrascht und erfreut, aber zugleich bestürzt. »Wie kommt denn ihr hierher?! Aber laßt, darüber reden wir später. Habt ihr euch auch mit den Roten gekatzbalgt?«
    »Auch?« rief Thomas. »Auch? Wir sind mit der jungen Dame da wahrscheinlich die einzigen Überlebenden von eurer Munitionskolonne! Alles beim Teufel – Wagen, Munition, Mannschaft – alles geraubt, alle gekillt – gekatzbalgt ist schon gar kein Wort mehr dafür! Hat sich außer uns noch einer zu euch flüchten können?«
    Die kleine Gruppe war schon nicht mehr allein. Rauhreiter und Soldaten quollen aus dem Tor heraus, umringten die Angekommenen und wollten mehr erfahren. Man schien in der Station bereit gewesen zu sein aufzubrechen. Aber nun mußten die Ankömmlinge erst über die Lage befragt werden.
    »Leutnant Roach ist da«, berichtete Adams den Zwillingsbrüdern, während er Cate durch das Tor in die Station geleitete. »Ein windiger Bursche, scheint mir. Was er aussagt, widerspricht sich, hängt nicht richtig zusammen. Wo bringt ihr denn zum Beispiel jetzt das Mädchen her?«
    »Das ist die Tochter von eurem Major!«
    »Der Major wird seine Freude haben«, meinte Adam, nüchtern und ironisch.
    Cate hörte alle diese Worte nur halb. Sie fühlte sich mehr geschoben als geleitet und gelangte so durch eine Tür in das Haus beim Wachturm. Sie befand sich damit im ersten Raum, einem einfachen Raum mit Holzwänden. Irgend jemand schloß die Tür hinter ihr; die vielen Geräusche von draußen drangen nur noch matt an ihr Ohr. Cate sammelte sich langsam. Sie sah sich ihrem Vater gegenüber.
    Der Major stand aufbruchbereit neben seinem Arbeitstisch; er hatte den zur Uniform gehörenden Hut mit Krempe schon auf dem Kopf. Ohne sich von seiner Überraschung und von der allgemein erregten Stimmung zu irgendeinem Gefühlsausbruch hinreißen zu lassen, betrachtete er seine Tochter zunächst wortlos.
    »Cate! Du!« sagte er endlich in einer unausgeglichenen Mischung von

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