Der junge Häuptling
des Stranges gewählt.
Adams trat vor den Kommandanten. »Major«, sagte er, »ich habe in Euren Augen einen Fehler gemacht. Aber was jetzt hier geschehen soll, ist Mord.«
»Schweig, Rauhreiter Adams. Der Rote ist selbst Manns genug, um zu wissen, was er will. Er hat gewählt, basta!«
Der junge Bursche schaute auf den Indianer, in dessen Mienen ein leiser Zug von Spott erschien. Einen Moment lang trafen sich der Blick des Dakota und des blondschöpfigen Adams, und der Indianer machte eine fast unmerkliche Bewegung mit den Augenlidern – »überlasse mir diese Angelegenheit«, hieß es.
Adams ging zur Seite. In diesem Augenblick fielen zwei Schüsse. Adams fuhr herum. Er sah die abgeschossene Pistole noch in den Händen des Majors. Einige Meter entfernt stand Leutnant Roach mit einer blutenden Hand. Seine Pistole war ihm entfallen, einer der Soldaten hob sie eben auf.
»Ich habe einen Wortbruch verhindert«, sagte der weißhaarige Major. »Leutnant Roach, Ihr habt gewußt, daß dem Roten freies Geleit bis zu unserer Schwelle sicher ist!«
Es entstand ein Gemurmel, das dem Leutnant nicht güngstig war. Roach entfernte sich wütend und verschwand im Kommandantenhaus. Der Vorgang war Adams nachträglich klar. Roach hatte heimtückisch auf den Indianer angelegt, und Smith hatte dem Leutnant im Augenblick des Abschusses die Pistole aus der Hand geschossen, da er den Angriff anders nicht mehr verhindern konnte. Adams freute sich. Der Major war doch ein ehrlicher Kerl trotz seiner verschrobenen Ansichten. Smith befahl, das Tor zu öffnen. Langsam drückte der Wächter die beiden Flügel nach außen. Ein großer Teil der Rauhreiter und Soldaten stellte sich bei oder hinter dem Tor auf. Einige stiegen auf die Pferde, die sie zur Hand hatten, und ritten vor das Tor hinaus, um dem Indianer den Weg auf alle Fälle abzuschneiden. Ein paar begaben sich an die Schießluken der Palisaden, aber sie taten das unwillig und nur auf den besonderen Befehl des Majors, da sie glaubten, sich von diesen Wachplätzen aus nicht an der Schießerei beteiligen zu können. Der Rote mußte nach ihrer Meinung das Tor benutzen, wenn er das Fort verlassen wollte.
Der Häuptling traf seine Vorbereitungen, allerdings auf eine Art, die keinem ganz verständlich war. Die Büchse im Lederüberzug versuchte er an der Haarschlinge festzumachen, die am Rist des Hengstes angebracht war. Das Tier schien mit der Maßnahme seines Reiters nicht einverstanden zu sein. Unruhig warf es den Kopf, tänzelte hin und her, stampfte mit den unbeschlagenen Hufen und versuchte schließlich, nach der Büchse zu beißen. Da dem Hengst dies nicht gelang und der Zügel sein Maul zurückriß, bäumte das Tier sich auf und stieg kerzengerade. Reiter und Tier boten einen Anblick, der jedes Reiterherz höher schlagen ließ. Die Augen des Mustangs hatten sich verdreht, so daß das Weiße darin sichtbar wurde; die Ohren hatte er zurückgelegt. Er plante nichts Gutes.
Mit »ho« und »he« und »Donnerschlag« begleiteten die Männer das aufregende und willkommene Schauspiel. Sie waren alle gute Reiter, und nicht wenige von ihnen waren in Friedenszeiten Hirten, die wilde Pferde zuzureiten verstanden. Ihr sportliches Interesse und ein gewisses Kameradschaftsgefühl der Präriereiter untereinander erwachten, als sie die reiterliche Leistung des Häuptlings sahen. Ohne Bügel, nur mit den Schenkeln angeschlossen, saß er auf dem Tier, das aufbäumte, ausschlug, mit allen vieren in die Luft ging und mit der Wildheit eines Tigers um sich biß. Der Falbhengst warf sich endlich nieder und wälzte sich an der Schwelle des großen Tores. Der Häuptling war rechtzeitig abgesprungen. Mit federnden Knien wartete er auf den Augenblick, in dem der Hengst, den die am Rist angebrachte Büchse beim Wälzen hinderte, sich wieder erheben würde. Schon war der ungebärdige Teufel wieder auf den Beinen. Aber in derselben Sekunde saß auch der Reiter wieder auf seinem Rücken.
Die Soldaten und Rauhreiter hatten erwartet, daß der Dakota jetzt versuchen würde, durch das Tor auszubrechen. Sie hatten alle angelegt. Aber der Mustang raste in den hinteren Teil des Hofes zurück. Dort fand das Tier keinen Ausweg. Es sprengte mehrmals im Kreis um Turm und Blockhäuser. Der Reiter schien die Gewalt über das Tier verloren zu haben. Es ging durch, und niemand zweifelte, daß es schließlich versuchen würde, durch das geöffnete Tor in die Prärie zu entfliehen. Die Rauhreiter, die zu Pferde vor dem Tor
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