Der junge Häuptling
die Worte überhaupt vernommen hatte.
Cate ging weiter. Auf einmal stand sie vor dem alten Blockhaus, von dem Tom mit dem eisgrauen Bart erzählt hatte, ehe er sterben mußte. Sie ging bis zu der offenstehenden Tür, dort traf sie, nicht ganz ohne Absicht, mit Adams zusammen und stand dem jungen Rauhreiter, der eben in das Haus hineingehen wollte, ungeschickt im Weg. Er hielt an, und die beiden schauten verlegen aneinander vorbei. »Was für ein altes Haus«, sagte Cate endlich, um überhaupt etwas Passendes zu sagen. »Das hat sicher auch seine Geschichte.«
Was für eine Klette, dachte Adams seinerseits, wie soll ich sie nun wieder loswerden? Ich war doch schon grob genug. Ob das Mädchen vielleicht reich ist? Ihrem Kleid nach zu schließen, ja. Smith stand zwar nicht in dem Ruf, ein großes Vermögen zu besitzen, im Gegenteil. Aber vielleicht war Tante Betty eine Erbtante, und das Mädchen hatte sich um diesen Rückhalt gebracht. Unversöhnlich aber würde Tante Betty doch nicht sein? Wer Cate heiratete, heiratete sich auch Geld. Hübsch war sie …, jung war sie auch.
Adams versuchte sich klarzumachen, wie er selbst eigentlich aussah. Er war nicht zu groß, nicht zu klein, kräftig und stämmig. Mit einem blonden Haarschopf, mit dunkelblauen Augen im sonnverbrannten Gesicht konnte er schließlich einem Mädchen gefallen, dem im Augenblick nicht viel andere Auswahl blieb. Ob Smith dann eines Tages einverstanden sein würde, war eine ganz andere Frage. Aber hatte es nicht genug Mädchen gegeben, die ihren Willen gegen alle Widerstände durchsetzten? Dumm oder weichlich sah Cate nicht aus, wenn sie auch zierlich und blaß war. Die unnützen Flausen konnte man ihr noch abgewöhnen, wenn sie erst Frau wurde. Also warum eigentlich nicht? War er als derzeitiger Stationskommandant nicht überhaupt verpflichtet, sich der jungen Dame ein wenig anzunehmen? Adams fand nichts Schlechtes bei seinen Gedankengängen. Wann hatte ein Bauer je anders heiraten dürfen als mit Rücksicht auf Geld und Gut? Von der Verlobung Cates mit Leutnant Roach ahnte er nichts.
Der blonde Bursche blieb bei dem Mädchen stehen. »Ja, das alte Haus«, sagte er, an ihre Frage anknüpfend, »das hat eine grausige Geschichte. Die will ich Euch einmal abends bei Lampenlicht erzählen, wenn wir Zeit haben. In diesem Haus habe ich zuerst den Indianer kennengelernt, den Ihr heute in unserem Hof mit seinen Reiterkunststücken bewundern konntet. Ihr habt ihn doch gesehen?«
Cate nickte. »Nicht zum erstenmal. Ich sah ihn schon bei dem Überfall auf die Kolonne.«
Adams wandte dem Mädchen das Gesicht mit einem Ruck ganz zu. »Wahrhaftig, Ihr seid ja dabeigewesen! Habt Ihr Eurem Vater schon alles berichtet?«
»Er hat mich noch nicht gefragt.«
»Echt Major! Auf Weiberzungen will er nicht hören. Aber erzählt mir! Ihr habt den Häuptling erkannt?«
Cate berichtete.
»Kinder, Kinder!« rief Adams. »Das alles muß der Major doch unbedingt wissen. Was aber mich angeht – nun, seit der vergangenen Nacht sind Red Fox und ich die einzigen, die noch leben …«
»… von allen denen, die in jener Mordnacht beisammen waren«, ergänzte Cate.
»Was wißt Ihr davon?«
»Was Tom mir erzählt hat.«
»Er hat Euch davon erzählt! Dann brauche ich nicht mehr viel Worte zu machen. Wir stehen vor dem Haus, in dem der Mord geschehen ist. Stellt Euch vor, Miss Cate, es wäre Abend und düster und das alte Blockhaus vor uns wäre im Innern nur mit Pechfackeln erleuchtet. Stellt Euch vor, wilde Kerle säßen darin und der Pfeifenqualm und der Branntweingestank zögen sich bis zu der Tür hier! Links hinten aber, auf der alten Wandbank, könnt ihr mich sitzen sehen, mich, den Adam Adamson. Dort hab ich vor zwei Jahren gesessen, den Kopf voller Hoffnungen und Träume von einem guten Leben. An dem alten Tisch in der Mitte aber saß Top – oder Mattotaupa, wie sein indianischer Name lautete. Er soff und spielte und verlor im Spiel. Heruntergekommen war er. Das machte der Brandy, mit dem Red Fox in ruiniert hat. Während ich Top damals beobachtete, merkte ich auf einmal, daß sich jemand neben mich auf die Wandbank gesetzt hatte, und als ich näher hinsah, war es ein junger Indianer. Harry war es, Tops Sohn. Er trank keinen Tropfen, zahlte des Vaters Spielschulden und ging wieder hinaus. Mich litt es auch nicht länger bei der liederlichen Gesellschaft. Ich lief ins Freie und schöpfte frische Luft. Draußen sah ich Harry allein stehen, ein Schatten, regungslos. Als
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