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Der junge Häuptling

Der junge Häuptling

Titel: Der junge Häuptling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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Munitions- und Vorratshaus der Station.
    »Gekrabbelt? Ein paar Mäuse vielleicht, Miss. Die einzige Ratte hier bin ich selbst. Eine Missouri-Ratte aus dem Norden …«
    »Von so weit her seid Ihr gekommen? Dann wißt Ihr viel, und ich freue mich auf den Abend, an dem Ihr weitererzählen werdet. Eins könnt Ihr mir jetzt noch sagen: Was denkt Ihr über Tobias, der an den Pfahl gebunden ist? Hat er uns verraten?«
    »Ich glaube es nicht – und der Major glaubt es im Grunde auch nicht, sonst hätten wir ihn längst totgeschlagen. Er wird nur bestraft, weil keine Disziplin in ihn hineinzukriegen ist und er auf eine militärische Frage nie eine militärische Antwort gibt.«
    »Jeder gute Indianer ist doch ein Freund der Weißen?«
    »Jeder gute …? Hm … wer hat Euch denn besser gefallen, der Häuptling, der uns hier an der Nase herumgeführt hat auf seinem Falben oder der Tobias dort an der Kette?«
    Cate schaute erstaunt auf. »Ehrlich gesagt … dieser Häuptling. Ich freue mich darauf, wenn es endlich so weit ist, daß Ihr mir noch mehr erzählen könnt …«
    Adams schmunzelte zufrieden. Dann machte er sich auf den Weg in das dunkle Haus, denn er wollte im Anbau Munition holen. Mit dem großen Schlüssel, den er mitgebracht hatte, schloß er die Zwischentür auf, legte den Schlüssel auf eines der Fässer bei der Tür und begann die beiden Munitionskisten zu suchen, die er herausholen wollte. Es war sehr düster in dem fensterlosen Raum, und Adams wollte wegen der Pulverfässer kein offenes Licht brennen. Er kannte diesen Raum auch wie seine Tasche, aber das letztemal hatte er nicht selbst die Munition ausgegeben, und der andere hatte offenbar umgeräumt, so daß Adams sich nicht so schnell wie sonst zurechtfand. Endlich hatte er das Gesuchte und machte sich auf den Rückweg. Er bemerkte, daß Cate noch an der Tür stand. Sie wartete auf ihn! Das tat ihm wohl. Als er den Schlüssel auf dem Faß greifen wollte, fand er ihn nicht mehr. Er schaute noch ein wenig zu Cate hinüber, suchte dabei, fand den Schlüssel immer noch nicht und wurde allmählich unruhig. »Also zum Donnerwetter … ich habe doch … oder habe ich ihn in die Tasche gesteckt?« Adams suchte Hosentaschen und Rocktaschen durch, nirgends fand er den Schlüssel. Er tastete die anderen Fässer und schließlich den Boden ab. Nichts war zu finden! Der Schlüssel war groß, man hätte ihn auch im Halbdunkel sehen müssen. »Geht es denn hier mit dem Teufel zu!« rief Adams zu Cate hinüber. »Der Schlüssel ist weg!«
    »Ist er Euch vielleicht gestohlen worden?«
    »Was heißt gestohlen? Es ist doch niemand hier als wir beide?«
    »Es krabbelte doch vorhin so verdächtig!«
    »Verdächtig?« Adams war tief erschrocken. »Ich dachte Mäuse? Miss Cate, wenn sich hier ein Mensch versteckt hätte … unser letzter Munitionsvorrat ist in diesem Haus … aber ich gebe sofort Alarm und lasse alles gründlich durchsuchen!«
    Der junge Rauhreiter rannte schreiend und pfeifend durch den Hof. Auf einmal erklang ein durchdringender Hilferuf.
    »Adams! Adams! Ein Gespenst!« Das war Cates helle Stimme. Gleich darauf erfolgte ein mächtiger explosionsartiger Knall, und Adams wurde von dem Luftdruck fortgeschleudert. Er verlor das Bewußtsein.
    Als er seinen Körper wieder zu fühlen begann und wieder denken konnte, empfand er heftige Schmerzen und einen Druck auf dem linken Fuß. Er wollte das Bein an den Körper ziehen. Das gelang ihm nicht gleich. Aber die Schmerzen und die Anstrengung brachten ihn vollends zu Bewußtsein. Er machte die Augen auf und erschrak von neuem.
    Das alte Blockhaus brannte. Rotgelbe Flammen züngelten hoch auf, schwarz braute der Qualm darüber und verdunkelte den hellen Himmel. Funken stoben. Das Pulver in den Fässern war längst explodiert. Aus dem Feuer knatterten noch Salven der in Brand geratenen Patronenkistchen. Der Nordwind trieb die Flammen immer höher. Das alte geteerte Holz gab dem Feuer die beste Nahrung. Schon griffen die Flammen auch nach dem Kommandantenhaus und dem Wachturm.
    Adams sah seine rußgeschwärzten Kameraden umherrennen. Einer hatte einen Feuerhaken gefunden und versuchte noch, brennende Balken auseinanderzureißen. Aber er mußte davon ablassen; das alte Blockhaus, vor dem Adams eben noch mit Cate gestanden hatte, war schon nicht mehr zu retten. Die Wasserfässer, die immer gefüllt in der Station bereitgehalten wurden, waren bei der Explosion umgekippt und ausgelaufen. Die Pumpe funktionierte nicht. Die

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