Der junge Häuptling
weitergesprochen, als ob er es mit einem Vorgesetzten zu tun habe. Vielleicht war Red Fox eine Vertrauensperson des Obersten Jackman geworden, und ein kleiner Major mußte sich auch insofern vor ihm in acht nehmen.
»Die Zusammenkunft findet nicht so bald statt«, erklärte Red Fox entschieden. »Stellt Ihr es Euch einfach vor, in die Prärie hinauszureiten und einen Dakota zu finden? Die Gegend ist etwas weitläufig.«
»Häuptling Harry Tokei-ihto von der Bärenbande und Sitting Bull …«, sprach Smith überlegend vor sich hin. »Sie werden sich kaum an der gleichen Stelle aufhalten. Man wird wochenlang suchen müssen, um den beiden eine Einladung zu überbringen.«
»Begreift Ihr? Gut. Ich gebe Euch einen Rat: Laßt die beiden in der Gegend der Black Hills suchen. Da werdet Ihr sie am ehesten aufstöbern.«
»Ich bin einverstanden. Fred Clarke, ja. Du reitest morgen weiter, um die Botschaft dorthin zu bringen?«
»Ich? Ich bin nicht närrisch. Mir sind von Oberst Jackman ganz andere Aufträge vorbehalten. Schickt den Tobias, der versteht die Dakotasprache und wird sich schon zurechtfinden.«
»Einen Roten? Das scheint mir riskant.« Smith faltete den Brief wieder auseinander. »Eine merkwürdige Zusammenstellung«, sagte er. »Der mächtigste Zauberpriester im ganzen Stammesbund der Dakota und der junge Kriegshäuptling einer kleinen Abteilung? Wird Sitting Bull nicht beleidigt sein? Kann man an Stelle dieses untergeordneten Räuberhauptmanns von der Bärenbande nicht einen einflußreicheren Mann laden … Crazy Horse oder Red Cloud?«
»Was Ihr Euch einbildet bei Eurem Aschenhaufen hier«, antwortete Fred Clarke. »Ihr denkt doch nicht, daß Sitting Bull zu Euch kommt? Sein Name ist nur eine Verzierung auf der Einladung, damit sie nach etwas aussieht. Mein Freund Harry von der Bärenbande soll kommen. Wir brauchen nicht die großen Häuptlinge, mit denen können wir nichts erreichen. Wir brauchen am Verhandlungstisch die Unterhäuptlinge. Die machen wir besoffen, damit sie die Landabtretung unterschreiben. Man kann nicht zehn Stöcke auf einmal in die Hand nehmen, um sie zu zerbrechen. Man muß sie einzeln knacken.«
»Harry steht im Ruf, nicht zu trinken.«
»Lehrt Ihr mich doch die Roten kennen! Mit Harry werde ich persönlich fertig, ich ganz persönlich, darauf könnt Ihr Gift nehmen. Hauptsache, er kommt.«
Smith steckte das Schreiben wieder in den Umschlag. »Dann werde ich also die Briefe an die Häuptlinge für Tobias fertigmachen. Können diese beiden Indianer lesen?«
»Ihr müßt Eure Briefe auch in Bilderschrift schreiben lassen. Darauf versteht sich Tobias.«
»Es kann Wochen dauern, bis Tobias die Häuptlinge findet.«
»Jackman kann auch erst in einigen Wochen kommen und selbstverständlich erst, nachdem die Station wiederhergestellt ist. Oder wollt Ihr den Obersten in die Asche legen wie einen Bratfisch?«
»Der Oberst kommt tatsächlich selbst?« fragte Smith nur, ohne die spöttische Bemerkung zu beachten. »In dem Brief – ja, in dem Brief ist vermerkt, daß der Oberst persönlich verhandeln will. Dann allerdings werden wir uns mit dem Aufbau hier sehr beeilen müssen.«
»Gut. Abgemacht. Ich gehe wieder.«
Das war eine absonderliche Eile. Aber Adams wunderte sich nicht darüber. Er war vielmehr erstaunt, daß Red Fox sich überhaupt hierhergewagt hatte. Fox schien der Parlamentärsflagge als Schutz vor den Dakota zu vertrauen, wenn auch nicht allzu lange.
Red Fox holte sich seinen Schecken und führte das Pferd zu der Stelle hinüber, an der Adams mit Thomas und Theo ein kärgliches Abendbrot verzehrte.
»Abend«, begrüßte er Adams. »Immer noch hier im Lande? Willst du dir nicht einen besseren Verdienst suchen?«
Adams schaute Red Fox für einen Augenblick an, schnitt sich noch ein Stück Hartwurst ab, schob es zwischen die Lippen und zuckte dann mit den Achseln. »Warum?« fragte er nur. Der andere brauchte nicht zu wissen, was für ein Sturm von Zorn und wahrem Haß in Adams aufbrauste, als er die Worte: »Willst du dir nicht einen besseren Verdienst suchen?« zum zweitenmal hörte. Ja, zum zweitenmal. Adams erinnerte sich noch sehr genau jenes Abends auf Fort Saint Pierre, an dem er Red Fox zum erstenmal gesehen hatte. Adams hatte bei den reichen Händlern dort Kredit gesucht und keinen erhalten, und als er abends nach seinem Mißerfolg verdrossen ein paar Becher Brandy trank, hatte ihm auf einmal Red Fox gegenübergesessen. »Willst du dir nicht einen besseren
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