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Der junge Häuptling

Der junge Häuptling

Titel: Der junge Häuptling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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Mädchen bei Thomas. »Was machen wir nun? Die Indianer leben doch auch in dieser Gegend! Also muß es etwas zu essen geben!«
    »Ganz dumm seid Ihr ja nicht«, meinte Thomas, während er für Adams einen Balken zurichtete. »Hier in dieser dreimal verfluchten Gegend gibt es aber nur eins, wovon die Menschen leben können, und das sind Büffel!«
    »Also werdet ihr Büffel jagen?«
    »Wenn wir Büffel finden … ja. Aber die kann man nicht rufen wie die Hühner … gluck, gluck, gluck, und dann kommen sie! Die Büffel, die haben ihren eigenen Kopf und ihre eigenen Wege. Es scheint nicht, daß Herden in der Nähe sind.«
    »Und der Häuptling und die Bärenbande? Was essen die?«
    »Ihr seid aber zähe mit Euren Fragen! Die haben noch Wintervorrat, Trockenfleisch und gefrorenes Fleisch, und wenn sie das aufgegessen haben, und es zeigen sich noch keine Büffel …«
    »Dann?«
    »Dann tanzen sie den Büffeltanz mit ihrem Zauberpriester: ›Guter Geist, gib uns Büffel, Büffel, Büffel – Büffel, Büffel, Büffel, gib uns, guter Geist.‹ Das singen sie Tag und Nacht und tanzen dazu.«
    »Ist das wahr? Das ist doch dummes Zeug.«
    »Habt Ihr noch nie gebetet: Vater unser, der du bist imHimmel, unser täglich Brot gib uns heute? Ihr plappert das nur dahin, weil Ihr gar keinen Hunger habt. Aber die Indianer haben im Frühjahr Hunger.«
    »Und wenn doch keine Büffel kommen?«
    »Wenn die Büffel nicht zu den Indianern kommen, müssen die Indianer eben zu den Büffeln gehen. Dann brechen sie ihre Zelte ab und ziehen in eine andere Gegend, und die Männer schweifen auf ihren schnellen Mustangs umher und suchen nach den Herden … in den eigenen Jagdgründen und, wenn da gar nichts zu machen ist, auch in fremden. Dann gibt es meistens blutige Köpfe.«
    Cate dachte nach. »Das ist doch kein schönes Leben«, sagte sie schließlich und schaute Adams an, aber der blickte weg. »Kein festes Haus bauen können, weil man immer mit den Zelten hinter den Büffeln her sein muß … überhaupt, da regieren ja nicht die Menschen die Tiere, sondern das Tier regiert den Menschen. Das können wir nicht nachmachen. Wir können doch jetzt nicht losziehen und Büffel suchen auf die Gefahr hin, daß uns dann die Indianer überfallen!«
    »Nein, Miss Cate, das können wir nicht. Wir müssen uns anders Rat und Hilfe schaffen.«
    »Aber wie?«
    Thomas zog die Stirn kraus. »Der Major hat schon Befehl gegeben, daß Roach mit dem größten Teil der Truppe zurückreitet nach Fort Randall und dort neuen Proviant und neue Munition anfordert. Na, die werden ja Augen machen, wenn sie erfahren, was bei uns passiert ist. Hier bleiben nur ein paar Mann. Für die wird der ganze vorhandene Mundvorrat zurückgelassen, bis der Nachschub eintrifft. Ihr reitet mit Roach.«
    »Das ist nicht Eure Sache, was ich tue.« Cate warf den Kopf zurück. »Ich bleibe natürlich bei meinem Vater.«
    Thomas lächelte. »Wenn er das erlaubt!«
    »Sagt mir lieber, ob ihr nicht einen Schneider unter euch habt?«
    Thomas und Theo lachten. »Da müßt Ihr einen anderen fragen, Miss, wir kennen die Truppe nicht. Wollt ihr Euch einen Reitdreß machen lassen?«
    »Allerdings. Ich habe mir das überlegt.«
    »Aha! Also wollt Ihr wirklich hierbleiben? Ihr habt ja Mut!«
    »Ich weiß nicht. Aber jedenfalls kann ich nicht zu Tante Betty zurückkehren, nachdem ich ihr durchgegangen bin.«
    »Ist die schlimmer als ein Indianer?«
    Cate lachte erst gezwungen, dann wurde sie ernst. »In ihrer Art ist sie schlimmer als ein Indianer. Ich habe in der vorgestrigen Nacht den Überfall auf unsere Kolonne miterlebt, und ich sage Euch offen, daß ich jetzt noch zittere, wenn ich daran denke. Aber das ist etwas anderes. Es ist eben Krieg, und ich kann dabei umkommen – ja –, natürlich hoffe ich, daß es nicht gerade mich trifft …«
    »Wie ein alter Westmann könnt Ihr schon reden!«
    »Aber Tante Betty ist kein offener Feind. Sie ist versteckte Bosheit in Person von morgens bis abends. Wir haben doch kein Geld, wir Smiths, aber sie hat Geld, sehr viel Geld – und sie behandelt mich wie ein charity-child , ein Wohlfahrtskind. Den ganzen Tag soll ich dankbar sein für ihre Güte und sie umschmeicheln, weil sie die Erbtante ist. Thomas, ich kann das nicht, und ich gehe dort nicht mehr hin. Stellt Euch vor, ich komme nun reumütig und als entlobte Braut zurück … Nein, lieber soll mich ein Dakota erschießen, und Tante Betty mag ihr Geld einer Stiftung vermachen. Ich verdiene mir es nicht.

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