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Der junge Häuptling

Der junge Häuptling

Titel: Der junge Häuptling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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Nie und nimmermehr.« Cate hatte blutrote Wangen. Adams stützte sich auf die Axt und betrachtete sie, während sie sprach. Das war also das Mädchen, das er um seines Geldes willen hatte heiraten wollen. Schämen mußte er sich!
    Cate wandte sich um und bemerkte dabei Roach, der herbeigekommen war und ihre Worte gehört haben mußte. Sie wandte sich schroff ab und ging zu den Pferden.
    Es wurde Mittag. Die Aufräumungsarbeiten und die Arbeiten an einer ersten Notunterkunft waren fortgeschritten. Roach verließ mit dem größten Teil der Truppe die zerstörte Station. Sein Abschied von Cate war von seiner Seite aus kühl und gleichgültig. Cate brachte kein Wort hervor.
    Bei dem Major blieben nur zehn Mann zurück, darunter Tobias, Adams, Thomas und Theo. Cate hatte ihren Willen durchgesetzt. Sie stand jetzt bei einem zierlichen Mann, vor zwei ausgebreiteten Decken und überlegte Schnitte für den Anzug eines »Cowgirl«, eines Hirtenmädchens. In langem Rock mochte sie nicht mehr herumlaufen.
    Der Major behandelte Adams, als ob nichts geschehen sei. Aber der Bauernsohn konnte nicht so schnell vergessen. Er gab nur die notwendigen Antworten und legte seinen Ehrgeiz darein, zu zeigen, daß er besser zu zimmern und eine Unterkunft anzulegen verstand als die Blauröcke.
    Gegen Abend des zweiten Tages erfuhr das Leben der kleinen Schar eine alarmierende Unterbrechung. Tobias meldete die Annäherung eines Reiters aus Süden. Er beschrieb ihn bei seiner Meldung genau. »Groß und stark, mit roten Haaren und gelben Zähnen. Die Ohrläppchen sind ihm angewachsen. Er reitet einen Schecken.«
    Adams hörte auf zu kauen, als er die Worte gehört hatte. »Thomas«, sagte er, »das ist Red Fox, da gibt es keinen Zweifel. Das mit den Ohrläppchen stimmt, daran kann man ihn immer erkennen. Was will der verwegene Bursche hier? Er muß einen ganz besonderen Grund haben, wenn er sich noch einmal an den Niobrara wagt.«
    Thomas und Theo nickten. Adams’ Wangen färbten sich von innerer Erregung. Die zu erwartende Begegnung rührte alle Hoffnungen und alle Enttäuschungen der letzten beiden Jahre wieder in ihm auf.
    Der Reiter, der als Red Fox erkannt war, galoppierte auf seinem kräftigen Schecken heran. An den großen Schlapphut hatte er sich ein kleines weißes Fähnchen gesteckt, eine Parlamentärsflagge. Er hielt sein Tier dicht vor Adams an, ohne ihn aber zu begrüßen, sprang ab und sah sich nach einem Reiter um, der sein Pferd versorgen könne. Als er einen dienstwilligen Burschen gefunden hatte, gab er dem den Zügel und ging nun in einer bewußt lässigen Haltung auf den Major zu.
    Smith stand inmitten der verkohlten Blockhausreste und halben Neubauten auf dem ehemaligen Hofplatz. Er hatte das Werk des Tages eben begutachtet und schaute nun prüfend auf den Fremden. Red Fox überragte den Offizier um Haupteslänge; seine breitschultrige, kräftige Gestalt unterstützte den Ausdruck der Überlegenheit, den sich der wilde Bursche dem Major gegenüber in seinem ganzen Gehabe herausnahm.
    »Clarke, Fred Clarke«, stellte er sich Smith vor. Adams konnte auf dem freien Platz die Szene miterleben. Red Fox gab Smith bei seinen Worten einen dicken Brief. Der Major nickte kurz, brach den Brief auf und las.
    »Mir ist der Inhalt bekannt«, sagte Red Fox laut, als der Major das Schreiben wieder zusammenfaltete. »Einladung an Sitting Bull und an den Häuptling der Bärenbande Tokei-ihto zu einer Konferenz mit Oberst Jackman auf Eurer Station. Aber was nun? Hier ist kein guter Konferenzort mehr!« Red Fox schaute mit höhnischem Grinsen nach den Trümmern. »Hier scheint mein Freund Harry gewirkt zu haben!«
    Der Major hielt den zusammengefalteten Brief unschlüssig in der Hand. »Die Zusammenkunft muß an anderer Stelle stattfinden«, meinte er.
    »Nein«, erwiderte Red Fox grob, als ob er mit seinesgleichen spräche, »die Zusammenkunft findet hier statt. Die Station muß wiederhergestellt werden.«
    Smith zog die Brauen hoch. Was für einen Ton erlaubte sich dieser Clarke? Aber es lag etwas in seinem Wesen, dem sich der Offizier nicht gewachsen fühlte. Die Autorität und das Selbstbewußtsein des Majors beruhten mehr auf seinem Dienstgrad als auf eigener Kraft. Die natürliche Brutalität des Red Fox zerbrach die Korsettstangen, und Smith wurde hilflos. Adams beobachtete das mit Anteilnahme und Verachtung zugleich. »Aufbauen ist nicht schnell möglich, denn in der Nähe gibt es nur wenig Holz«, hatte Smith unterdessen

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