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Der junge Häuptling

Der junge Häuptling

Titel: Der junge Häuptling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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Tokei-ihto die Worte genau verstehen konnte. Der Indianer begriff jedoch, daß es sich um ihn selbst handelte. Die Bodenluke, die vom Arbeitszimmer des Kommandanten in den Keller führte, wurde geöffnet, und zwei Mann sprangen herab. Tokei-ihto mußte sich selbst sagen, daß er sich auf keine wirksame Art gegen sie wehren konnte. Er hatte sich daher wieder an die Wand gesetzt, um zu verbergen, daß seine Kette gelöst war. Der eine der beiden Männer hob den Kolben und schlug in sinnloser Wut auf den Gefangenen ein. Tokei-ihto wußte nichts mehr von sich.
    Draußen ging der Kampf weiter. Dem Biber war es gelungen, Red Fox abzuschütteln, aber es blieb ihm nichts anderes übrig, als zum Rückzug zu pfeifen. Fünf seiner Krieger waren gefallen, die übrigen hatten keine Aussicht mehr, gegen die Übermacht der alarmierten Mannschaften aufzukommen. Tschapa musste froh sein, wenn seine kleine Schar nicht noch mehr Verluste erlitt. Gewandt wie Raubkatzen schlugen sich die Dakota durch und gelangten über die Palisaden. Aber es war bitter für sie, ihre kriegerische Tüchtigkeit für die Flucht gebrauchen zu müssen und den gefangenen Häuptling in den Händen der Feinde zu lassen. Sie hatten von Kind auf gelernt, daß weder Verwundete noch Tote den Feinden ausgeliefert bleiben sollten.
    Red Fox selbst war durch einen Messerstich des Biber schwer verletzt und konnte sich nicht um die Verfolgung der Dakota kümmern.
    Roach war zu feige, um seine Schar in die nachtdunkle Prärie hinauszuführen. Er ließ sich ein paar Leute kommen, darunter auch die beiden Rauhreiter, die von Red Fox den Befehl erhalten hatten, Tokei-ihto zu töten, und wollte die Lage besprechen.
    »Also das Schwein ist tot?« Die Stimme klang heiser.
    »Wenn Ihr’s nicht glaubt, Capt’n, geht hinunter und seht Euch das an. Er schwimmt im Blut, sein Schädel war nicht hart genug für meinen Kolben.«
    »Was anderes«, sagte der zweite und hob die Eisenfeile des Adams in die Höhe. »Wer hat dem roten Banditen das gegeben? Die Kette war durchgefeilt.«
    »Verdammte Verräterei. Wer …?!«
    Adams, der an der Besprechung teilnahm, sich aber ganz hinten gehalten hatte, verschwand leise durch die Tür. Draußen in dem unbeleuchteten Hof fand er Thomas in höchster Aufregung.
    »Adams, kommst du endlich raus aus der Rattenfalle! Tokei-ihto scheint tot zu sein. Sie haben deine Feile …«
    »Weiß ich.«
    »Mach, daß du fortkommst, ehe sie dich hängen. Tobias ist auf dem Turm, am Tor steht jetzt Theo.«
    »Wo ist das Mädchen, die Cate, ich will ihr noch Lebewohl sagen.«
    »Hör mir auf mit solchem Unsinn, ich werde sie von dir grüßen. Vorwärts jetzt, los!« Thomas packte Adams hastig am Ärmel, um ihn mitzuziehen. Adams aber riß sich los und eilte, der Warnung zum Trotz, zu der Kammer, in der er den hilflosen Major und seine Tochter wußte.
    Aus dem Kommandantenzimmer stürzten ein paar Mann hervor.
    »Wo ist der Adams … der Spion …?!«
    Thomas streckte den Kopf vor, als ob er überrascht und neugierig sei.
    »Der Adams? Was habt ihr denn mit ihm? Was denn auf einmal für ’ne Feindschaft?«
    »Laß das Geschwätz … er wird gehängt … grade ist er aus der Tür … du mußt ihn doch gesehen haben?!«
    »Hab ich, hab ich. Er wollte sich um die Pferde draußen kümmern, und da ’s ihm mit dem Tor nicht schnell genug ging, ist er über die Palisaden. Man weiß ja nicht, was die Dakota noch mit unseren Gäulen …«
    »Aha! Über die Palisaden! Verdammt! Aber den kriegen wir noch.« Die Männer liefen aber nicht zum Tor, wie nach ihrem Ausruf zu erwarten gewesen war, sondern zurück in den Kommandantenraum, um zu melden, was sie eben gehört hatten. Das Fort in der nächtlichen Finsternis zu verlassen, verspürten auch sie wenig Lust, denn draußen konnten noch immer flüchtige Dakota lauern, und die Dakota waren gute Schützen. Während dieser Vorgänge war Adams unbehelligt in die Krankenkammer gelangt. Sofort bei seinem Eintreten hatte er die Kerze, die dort brannte, gelöscht. Major Smith atmete rasselnd, er schlief halb, halb schien er schon bewußtlos. Cate hatte am Bettrand gesessen; als sie sich erheben wollte, drückte Adams sie zurück.
    »Keine Unruhe«, sagte er leise, langsam. »Wir haben verloren. Besser wär’s gewesen, gar nichts zu unternehmen, dann lebte der Gefangene noch, und ich könnte hierbleiben. Jetzt muß ich weg. Sie suchen mich.«
    »Ich habe sie rufen gehört. An den Galgen wollen sie Euch bringen.«
    »Sie hängen

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