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Der Junge im gestreiften Pyjama (German Edition)

Der Junge im gestreiften Pyjama (German Edition)

Titel: Der Junge im gestreiften Pyjama (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Boyne
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nicht, das habe ich noch nie gemacht«, gab Schmuel zu.
    »Wenn ich groß bin, werde ich Forscher«, sagte Bruno und nickte schnell. »Im Augenblick kann ich leider nur Bücher über Forscher lesen, aber wenigstens mache ich dann, wenn ich einer bin, nicht die gleichen Fehler wie sie.«
    Schmuel runzelte die Stirn. »Was für Fehler denn?«
    »Ach, unzählige«, erklärte Bruno. »Das Entscheidende beim Forschen ist, dass du wissen musst, ob die Sache, die du findest, sich auch lohnt. Manche Sachen liegen einfach da, kümmern sich um ihren eigenen Kram und warten nur darauf, entdeckt zu werden. Wie Amerika. Und von anderen Dingen sollte man lieber die Finger lassen. Von toten Mäusen zum Beispiel, die hinten im Schrank liegen.«
    »Ich glaube, ich gehöre zur ersten Kategorie«, sagte Schmuel.
    »Ja, das glaube ich auch«, erwiderte Bruno. »Darf ich dich etwas fragen?«, fügte er nach einer Weile hinzu.
    »Ja«, sagte Schmuel.
    Bruno überlegte. Er wollte die Frage möglichst richtig formulieren.
    »Warum sind auf deiner Zaunseite so viele Leute?«, fragte er. »Und was macht ihr da alle?«

Kapitel elf

    Der Furor
    Ein paar Monate zuvor, kurz nachdem Vater die neue Uniform erhalten hatte, wegen der ihn alle Kommandant nennen mussten, und kurz bevor Bruno nach Hause kam und Maria seine Sachen packte, kam Vater eines Abends sehr aufgeregt nach Hause, was ihm überhaupt nicht ähnlich sah, und marschierte ins Wohnzimmer, in dem Mutter, Bruno und Gretel saßen und in ihren Büchern lasen.
    »Donnerstagabend«, verkündete er. »Falls wir am Donnerstagabend etwas vorhaben, müssen wir es streichen.«
    »Du kannst deine Pläne ändern, wenn du willst«, sagte Mutter, »aber ich habe Theaterkarten und gehe mit ...«
    »Der Furor will etwas mit mir besprechen«, sagte Vater, der, im Gegensatz zu allen anderen, Mutter unterbrechen durfte. »Heute Nachmittag kam der Anruf. Er kann nur Donnerstagabend und hat sich zum Essen eingeladen.«
    Mutter machte große Augen und ihr Mund formte ein staunendes O. Bruno betrachtete sie und überlegte, ob er genauso aussah, wenn ihn etwas überraschte.
    »Das ist nicht dein Ernst«, sagte Mutter und wurde ein bisschen blass. »Er kommt hierher? In unser Haus?«
    Vater nickte. »Um sieben Uhr«, sagte er. »Wir sollten uns also etwas Besonderes zum Essen einfallen lassen.«
    »Du liebe Zeit«, sagte Mutter, und ihre Augen blitzten hin und her, als sie an die vielen Dinge dachte, die erledigt werden mussten.
    »Wer ist der Furor?«, fragte Bruno.
    »Du sprichst es falsch aus«, sagte Vater und sprach es richtig für ihn aus.
    »Der Furor«, sagte Bruno wieder, darum bemüht, es richtig zu machen, aber wieder vergeblich.
    »Nein«, sagte Vater, »der ... Ach, vergiss es!«
    »Ja, aber wer ist er denn jetzt?«, fragte Bruno erneut.
    Vater schaute ihn verwundert an. »Du weißt ganz genau, wer der Furor ist«, sagte er.
    »Weiß ich nicht«, sagte Bruno.
    »Er regiert das Land, du Idiot«, sagte Gretel hochnäsig, wie Schwestern es gern tun. (Und genau deshalb war sie auch ein hoffnungsloser Fall.) »Liest du nie Zeitung?«
    »Du sollst nicht Idiot zu deinem Bruder sagen«, schimpfte Mutter.
    »Darf ich dann Dummkopf sagen?«
    »Mir wäre lieber, du würdest es bleibenlassen.«
    Gretel setzte sich enttäuscht hin, streckte Bruno aber trotzdem die Zunge raus.
    »Kommt er allein?«, fragte Mutter.
    »Das habe ich vergessen zu fragen«, sagte Vater. »Aber ich nehme an, er bringt sie mit.«
    »Du liebe Zeit«, sagte Mutter wieder. Sie stand auf und zählte im Kopf die vielen Dinge auf, die sie vor Donnerstag, also in nur zwei Tagen, erledigen musste. Das Haus musste von oben bis unten auf den Kopf gestellt werden, die Fenster geputzt, der Esszimmertisch gebeizt und poliert, das Essen bestellt, die Uniformen der Dienstboten gewaschen und gebügelt, Geschirr und Gläser poliert, bis alles funkelte.
    Obwohl die Liste der zu erledigenden Sachen immer länger zu werden schien, schaffte Mutter es irgendwie, alles rechtzeitig zu erledigen, auch wenn sie ein ums andere Mal bemerkte, dass der Abend sicherlich ein größerer Erfolg werden würde, wenn ein gewisser Jemand ein bisschen mehr im Haus mit anfassen würde.
    Eine Stunde vor der erwarteten Ankunft des Furors wurden Gretel und Bruno zu einem der seltenen Besuche in Vaters Büro zitiert. Gretel trug ein weißes Kleid und Kniestrümpfe, ihre Haare waren zu Korkenzieherlocken gedreht worden. Bruno trug dunkelbraune kurze Hosen, ein reinweißes Hemd

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