Der Junge im gestreiften Pyjama (German Edition)
Welt.
»Eines Tages veränderte sich dann alles«, fuhr er fort. »Als ich von der Schule nach Hause kam, nähte meine Mutter aus einem speziellen Stoff Armbinden und zeichnete auf jede einen Stern. So einen.« Schmuel zeichnete mit dem Finger ein Muster in die staubige Erde.
»Immer wenn wir aus dem Haus gingen, sagte sie zu uns, müssten wir so eine Armbinde tragen.«
»Mein Vater trägt auch eine«, sagte Bruno. »An seiner Uniform. Eine sehr hübsche. Leuchtend rot, mit einem schwarz-weißen Muster drauf.« Auf seiner Seite des Zauns zeichnete er mit dem Finger ein anderes Muster in die staubige Erde.
»Ja, aber es sind nicht die Gleichen, oder?«, sagte Schmuel.
»Mir hat nie jemand eine Armbinde gegeben«, sagte Bruno.
»Aber ich wollte nie eine tragen«, sagte Schmuel.
»Trotzdem«, sagte Bruno, »ich glaube, ich hätte gern eine. Nur weiß ich nicht, welche mir lieber wäre, deine oder Vaters.«
Schmuel schüttelte den Kopf und erzählte weiter. Er dachte nicht mehr oft an diese Dinge, weil ihn die Erinnerung an sein altes Leben über dem Uhrengeschäft sehr traurig machte.
»Ein paar Monate lang trugen wir die Armbinden«, sagte er. »Und dann veränderte sich wieder alles. Eines Tages kam ich nach Hause und Mama sagte, wir dürften nicht mehr in unserem Haus wohnen ...«
»Bei mir war das auch so!«, rief Bruno und freute sich, dass er nicht der einzige Junge war, den man zum Umziehen gezwungen hatte. »Der Furor kam zum Abendessen, verstehst du, und im nächsten Moment zogen wir hierher. Dabei finde ich es hier schrecklich «, fügte er laut hinzu. »War er bei euch auch zum Essen, und dann musstet ihr weg?«
»Nein, aber als man uns sagte, dass wir nicht in unserem Haus bleiben dürfen, mussten wir in ein anderes Viertel von Krakau ziehen, um das die Soldaten eine hohe Mauer bauten, und meine Eltern, mein Bruder und ich mussten dort in einem einzigen Zimmer wohnen.«
»Alle zusammen?«, fragte Bruno. »In einem einzigen Zimmer?«
»Und nicht nur wir«, sagte Schmuel. »Da war noch eine andere Familie, in der die Eltern immer miteinander stritten, und einer der Söhne war größer als ich und hat mich immer geschlagen, auch wenn ich gar nichts gemacht hatte.«
»Ihr könnt unmöglich alle in dem einen Zimmer gewohnt haben«, sagte Bruno kopfschüttelnd. »Das ergibt keinen Sinn.«
»Alle zusammen«, sagte Schmuel und nickte. »Insgesamt elf.«
Bruno öffnete den Mund und wollte ihm erneut widersprechen, denn er mochte einfach nicht glauben, dass elf Menschen in einem Raum zusammen leben konnten, aber er überlegte es sich anders.
»Ein paar Monate haben wir dort gelebt«, fuhr Schmuel fort, »alle zusammen in dem einen Zimmer. Es hatte ein kleines Fenster, aber ich schaute nicht gern hinaus, weil ich dann immer die Mauer sah, und die konnte ich nicht ausstehen, weil unsere richtige Wohnung auf der anderen Seite lag. Und jetzt lebten wir im schlimmen Teil der Stadt, in dem es immer laut war und man unmöglich schlafen konnte. Außerdem hasste ich Luka, den Jungen, der mich dauernd verprügelte, auch wenn ich gar nichts gemacht hatte.«
»Gretel haut mich auch manchmal«, sagte Bruno. »Sie ist meine Schwester«, setzte er hinzu. »Und ein hoffnungsloser Fall. Aber bald bin ich größer und stärker als sie, dann kann sie ihr blaues Wunder erleben.«
»Eines Tages kamen dann viele Soldaten mit Lastwagen«, fuhr Schmuel fort, der sich nicht sonderlich für Gretel interessierte. »Alle mussten ihre Häuser verlassen. Viele Leute wollten nicht und versteckten sich, wo sie gerade einen Platz fanden, aber am Ende haben sie, glaube ich, alle erwischt. Die Lastwagen fuhren uns zu einem Zug, und der Zug ...« Er zögerte kurz und biss sich auf die Lippe. Bruno dachte schon, Schmuel würde gleich anfangen zu weinen, und konnte nicht so recht verstehen, warum.
»Die Zugfahrt war schrecklich«, sagte Schmuel. »In den Waggons waren zu viele Menschen. Wir hatten kaum Luft zum Atmen. Und es roch entsetzlich.«
»Weil ihr euch alle in einen Zug gezwängt habt«, sagte Bruno und erinnerte sich an die beiden Züge, die er bei der Abfahrt aus Berlin gesehen hatte. »Als wir hierherkamen, stand noch einer auf der anderen Seite des Bahnsteigs, aber den schien keiner zu sehen. In den sind wir gestiegen. Den hättet ihr auch nehmen sollen.«
»Ich glaube nicht, dass wir das gedurft hätten«, sagte Schmuel und schüttelte den Kopf. »Wir konnten unseren Waggon nicht verlassen.«
»Die Türen sind am
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