Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Junge im Mond: Wie mein Sohn mir half, die Welt zu verstehen (German Edition)

Der Junge im Mond: Wie mein Sohn mir half, die Welt zu verstehen (German Edition)

Titel: Der Junge im Mond: Wie mein Sohn mir half, die Welt zu verstehen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Brown
Vom Netzwerk:
Intellektuellen, und seiner Frau Adrienne Clarkson, der früheren Generalgouverneurin von Kanada. Ich hatte gerade erst erfahren, dass Saul ein Buch über das Thema Behinderung geschrieben hatte. Ich fragte ihn, was ihn zu diesem Thema gebracht hatte. Saul – eine leicht einschüchternde Gestalt im besten Mannesalter – verriet, dass er einen geistig behinderten Bruder hatte. »Er war mit Sicherheit der einflussreichste Mensch in meinem Leben«, erzählte mir Saul und griff nach dem Havarti.
    »Warum?«, fragte ich. Aber er sah mich nur nachdenklich an, bis Clarkson für ihn antwortete.
    »Weil John und seine Brüder immer versuchten, mit ihm zu kommunizieren. Alle Brüder wollten ihn mit einschließen. Und sie konnten es nicht. Und das führte dazu, dass sie immer das Gefühl hatten, zu ihm durchdringen zu wollen. Alles andere in Johns Leben ist daraus entstanden.« Dieser Prozess kann auch andersherum verlaufen. Der Dramatiker Arthur Miller gab seinen eigenen Sohn, der das Down-Syndrom hatte, auf, ja er leugnete sogar dessen Existenz, eine Reihe von Kritikern glauben, dass es dieser Punkt war, an dem Millers Abstieg als Schriftsteller einsetzte.

Zwölf
    VORM ABENDESSEN WAR plötzlich Walker in meinem Zimmer. Er erscheint oft in meinen Gedanken, wie ein lange nicht gesehener, aber plötzlich in den Erinnerungen auftauchender Freund, der die Tür zu meinem Gedächtnis öffnet. Ich fragte mich, was er wohl wollte, Tausende von Kilometern entfernt, auf der anderen Seite des Ozeans.
    Zu seinem zwölften Weihnachten kaufte ich ihm einen Magic Ball – das »dekorative Licht der Zukunft«, das wie eine Kristallkugel aussah und auf Berührung, die Stimme und Musik reagierte. Man schloss sie an die Steckdose an und berührte das Glas, und winzige Blitze flogen im Innern der Kugel hin und her, dick, weiß und beinahe wie geschmolzen, dort wo die Finger das Glas berührten, und vermischten sich mit rosa und lila Strahlen, die aus der Mitte der Kugel hervorströmten. Ich wusste, dass Walker diese Kugel lieben würde, und das tat er auch, nachdem er das Interesse an der rotg-grünen Fischdekoration mit Metallschuppen verloren hatte, die er vom Weihnachtsbaum gepflückt und zwei Tage lang ununterbrochen in den Händen hin und her gerollt hatte.
    Als Hayley schließlich seine Aufmerksamkeit davon weg und auf den Magic Ball gelenkt hatte, klebte er zwei Stunden daran fest. (Ich begann mir Sorgen zu machen, dass sie vielleicht einen Anfall auslösen könnte.) Er schob seine Hände geradewegs auf die Kugel und beugte sich über seine Armschoner vor. Er rührte sich fünf Minuten lang gar nicht. Ernst näherte er sich den zuckenden Lichtern, wie ein kleiner Zeus, der versucht, die Erde unter ihm mit einem einzigen dicken Blitzstrahl zerbersten zu lassen.
    Johanna wählte an jenem Weihnachten andere Dinge aus, kaufte eine ganze Reihe kleiner Schnickschnack-Objekte: Eine Kugel, die mit einer funkelnden Flüssigkeit gefüllt war, einen runden, gestreiften, hölzernen Schneemannhut, den er eines Tages vielleicht mehrere Stunden lang ohne Pause zwischen seinen Händen drehen würde. Ihr letztes Geschenk war wirklich merkwürdig. Es war aus Filz gemacht und 15 Zentimeter lang: ein oranges Dreieck mit einem grünen Pompom an einem Ende und vier blaugrünen Stängeln, die wie Beine von seiner Unterseite abstanden. Ein nüchternes, abstraktes Gesicht ohne ein Lächeln war auf ein kleineres, grünes Dreieck gestickt worden, das dann auf das größere, orange genäht worden war. Die ganze Apparatur war anscheinend ein gigantischer Schlüsselanhänger und sah wie eine Kreuzung zwischen einer Möhre, einem Kamm und einem Außerirdischen aus.
    »Was ist das?«, fragte ich. Sie hatte es, sobald sie durch die Tür kam, aus ihrer Tasche gefischt und mir hingehalten.
    »Ich weiß es nicht. Ich habe wirklich keine Ahnung. Zu dem Verkäufer habe ich gesagt: › Ich habe keine Ahnung, warum ich das kaufe ‹ , und er sagte: › Jeder sagt das. ‹ › Wirklich ‹ , erwiderte ich. › Haben Sie viele davon verkauft? ‹ › Schon den ganzen Tag lang! ‹ , sagte er.« Sie freute sich so über dieses Ding.
    »Es ist bezaubernd, aber total merkwürdig.« Ich drehte das Ding in der Hand hin und her.
    »Ich glaube, das ist der Grund, warum die Leute, die das gemacht haben, dachten, dass Leute es kaufen würden«, sagte sie. Dann nahm ihr Gesicht einen neuen Ausdruck an, einen geistesabwesenden, leeren Ausdruck, den ich gut kannte.
    »Ich glaube, ich habe

Weitere Kostenlose Bücher