Der Junge mit dem Herz aus Holz
und am Donnerstag. Er schnappte sich den Fußball und warf ihn seitwärts den anderen Jungen seiner Mannschaft zu. Oder er trat gegen den Rugbyball und kickte ihn ins Netz, schrie ganz laut
»Tooooooor!«
, zog sich das Trikot über den Kopf und rannte über den Platz, bis er hinfiel. Wenn die anderen Jungen in seiner Klasse ihn nicht so gerngehabt hätten, dann hätten sie ihn garantiert dem Ball hinterher ins Tor gekickt.
»Es gibt eine kleine Planänderung«, sagte seine Mutter eines Abends, als sich die Familie zum Essen an den Tisch gesetzt hatte. »In Bezug auf Tante Joan, meine ich.«
»Aber wir fahren doch noch hin, oder?«, fragte Noah schnell und blickte von seinem Teller mit der Fischpastete hoch, die er mit der Gabel hin und her geschoben hatte, in der Hoffnung, vielleicht doch etwas Essbares in der matschigen Masse zu finden. (Seine Mutter hatte viele wunderbare Eigenschaften, aber eine gute Köchin war sie nicht.)
»Ja, ja, natürlich fahren wir noch hin«, sagte seine Mutter und schaute sich suchend nach Salz und Pfeffer um, weil sie lieber den Geschmack überdecken wollte als Noah in die Augen schauen. »Das heißt, wenn ich sage, wir fahren noch hin, dann meine ich, ja, wir fahren hin – irgendwann bald. Nur eben nicht nächste Woche, wie wir es geplant hatten.«
»Warum nicht?«, fragte Noah, die Augen weit aufgerissen, weil er es nicht glauben konnte.
»Wir nehmen eine andere Woche«, sagte sein Vater eilig. »Zum Beispiel im Sommer, wenn alles klappt.«
»Aber es ist doch schon alles geplant«, sagte Noah und schaute erschrocken von einem zum anderen. »Ich habe Mark letzte Woche geschrieben, und wir haben ausgemacht, dass wir am ersten Nachmittag Krabben suchen und –«
»Als du das letzte Mal mit Mark Krabben gesucht hast, hattet ihr einen ganzen Eimer voll, und als dann eine auf deinen Arm gekrabbelt ist, hast du den Eimer in Tante Joans Küche auf den Steinfußboden fallen lassen, und alle sind weggerannt«, sagte seine Mutter. »Bis auf eine arme Krabbe, deren Schale geplatzt ist, als sie auf dem Boden gelandet ist. Wahrscheinlich sind die Krabben froh, wenn sie erfahren, dass du Ostern nicht zu Besuch kommst.«
»Ja, aber da war ich auch erst
sieben
«, erklärte Noah. »Mit sieben weiß man noch nicht, wie man sich benimmt. Aber jetzt bin ich acht. Ich würde die Krabben mit viel mehr Respekt behandeln.«
»Du meinst, du würdest ihre Schalen intakt lassen, bis du sie lebendig in einen Topf mit kochendem Wasser kippst?«, fragte sein Vater, der sich selbst gern als einfühlsamen Liberalen bezeichnete und stolz darauf war.
»Ja, klar«, sagte Noah. »Heißt das, wir können fahren?«
»Nein«, antwortete seine Mutter.
»Aber warum nicht?«
»Weil es nicht geht.«
»Warum geht es nicht?«
»Weil ich es sage.«
»Aber warum sagst du es?«
»Weil es im Moment nicht möglich ist.«
»Aber warum ist es im Moment nicht möglich?«
»Deswegen!«
»Das ist doch keine Antwort!«
»Tja, aber es ist leider die einzige Antwort, die du bekommen wirst, Noah Barleywater«, entgegnete sie schnippisch, und er wusste, dass die Sache damit abgeschlossen war, weil seine Mutter nur dann seinen vollen Namen verwendete, wenn sie einen Entschluss gefasst hatte, bei dem es kein Zurück mehr gab. »Und jetzt iss deine Fischpastete, bevor sie kalt wird.«
»Ich hasse Fischpastete«, brummte Noah, der eigentlich sehr gern Fischpastete aß, aber nur, wenn sie richtig zubereitet war. (Zum Beispiel von jemandem, der kochen konnte.)
»Stimmt doch gar nicht«, sagte seine Mutter. »Du bestellst immer Fischpastete, wenn wir ins Restaurant gehen.«
»Richtige Fischpastete hasse ich nicht«, gab Noah zu und schob wieder die blassrosa und weiße Pampe auf seinem Teller herum. Manche der Fischstücke sahen so roh und ungenießbar aus, dass ein begabter Tierarzt es bestimmt geschafft hätte, den Fisch wieder zum Leben zu erwecken. »Aber das hier, Mutter … das ist … also wirklich …«
Noahs Mutter seufzte. Sie wusste, dass Noah nur
Mutter
zu ihr sagte, wenn er felsenfest von etwas überzeugt war und man nichts dagegen machen konnte. »Was stimmt nicht damit?«, fragte sie schließlich.
»Es schmeckt wie ausgekotzt«, sagte er mit einem Achselzucken.
»Noah!« Sein Vater hörte einen Moment lang auf, sein eigenes Essen mit der Gabel auf dem Teller hin und her zu schieben, und funkelte seinen Sohn streng an. »So was sagt man nicht!«
»Aber er hat doch recht«, seufzte seine Mutter und schob
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