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Der Junge mit dem Herz aus Holz

Der Junge mit dem Herz aus Holz

Titel: Der Junge mit dem Herz aus Holz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Boyne
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dann kannst du das doch anerkennen, oder? Aber was dich betrifft«, sagte er dann zu Toby Lovely, »du solltest etwas mehr Bescheidenheit an den Tag legen.«
    »Sie haben recht«, sagte Toby Lovely und reichte mir die Hand. »Ich sollte meine Überlegenheit einfach als gegeben hinnehmen und nicht auf andere hinunterschauen.«
    »Ich könnte dich bei einem Wettlauf schlagen«, verkündete ich achselzuckend, ohne es mir vorher richtig zu überlegen.
    Alle Kinder auf dem Schulhof verstummten, als ich das sagte, und fast eine Stunde lang herrschte absolute Stille. Doch dann begann Mr Wickles Magen zu knurren, und wir schüttelten die Erstarrung ab.
    »Schäm dich«, sagte Mr Wickle kopfschüttelnd und schaute mich fast mitleidig an. »Es ist ungeheuerlich, so etwas zu behaupten.«
    »Aber es stimmt«, sagte ich.
    »Stimmt nicht«, sagte Toby Lovely.
    »Stimmt doch«, entgegnete ich.
    »Jetzt reicht’s aber!«, schrie Mr Wickle. »Wenn du denkst, du kannst schneller laufen als der genialste Sportler der ganzen Schule seit dem großen Dmitri Capaldi, dann gibt es nur eine Möglichkeit, dies zu überprüfen. Wir werden ein Wettrennen veranstalten.«
    Die Schüler jubelten, und in null Komma nichts bildeten sich zwei Reihen: Die Jungen standen auf der einen Seite, die Mädchen auf der anderen, und die beiden Gruppen musterten einander mit der üblichen Mischung aus Angst und Interesse. Zwischen den Reihen standen ganz vorne Toby Lovely und ich, rechts und links von Mr Wickle. Aus dem Schulhaus kam Mrs Shields gerannt, mit einem Paar Turnschuhe.
    »Tobys Turnschuhe«, rief sie atemlos. »Er kann nicht ohne seine Glücksschuhe laufen.«
    »Hast du deine Turnschuhe dabei?«, fragte mich Mr Wickle mit einem Blick auf meine Nagelstiefel.
    »Nein, Sir«, antwortete ich. »Aber das spielt keine Rolle. Toby kann meinetwegen ruhig seine Turnschuhe anziehen, wenn er will. Ich werde ihn trotzdem schlagen.«
    »Gut, dann ziehe ich sie an«, sagte Toby Lovely, schlüpfte in seine Turnschuhe, und wir knieten nieder für den Start.
    »Da vorne, Jungs«, sagte Mr Wickle. »Seht ihr den Apfelbaum? Er ist eine halbe Meile von hier entfernt. Derjenige, der mir als Erster einen Apfel bringt, hat gewonnen. Auf die Plätze!«
    Abb. 5 Ein PAAR STIEFEL und noch ein APFEL (Man beachte: nicht angebissen)
    »Wir sind bereit, Sir«, riefen wir. Ich fragte mich, worauf ich mich da eigentlich eingelassen hatte. In meinem ganzen Leben hatte ich noch nie einen Wettlauf gemacht, und schon gar nicht gegen jemanden wie Toby Lovely, der tatsächlich ein superschneller Läufer war.
    »Fertig?«
    »Fertig, Sir«, sagten wir, und ich schluckte aufgeregt, schaute auf den Baum dort vorne und nahm mir vor, meine Sache so gut wie möglich zu machen und nicht allzu sehr in Rückstand zu geraten, egal, was passierte.
    »Los!«
    Ich rannte los, schaute nicht nach rechts und nicht nach links und merkte überhaupt nicht, wie weit mein Gegner vor mir war. Und als ich zum Baum kam, schnappte ich mir einen Apfel, machte kehrt und raste zurück, um den Apfel in Mr Wickles ausgestreckte Hand zu drücken. Da erst merkte ich, wie still die beiden Zuschauerreihen geworden waren. Ich schaute mich um und sah, dass Toby Lovely erst ein paar Meter gelaufen war, stehen blieb und sich erstaunt umdrehte. Er hatte kaum die Startposition verlassen, und ich war schon wieder zurück.
    »Du lieber Gott«, murmelte Mr Wickle mit einem Kopfschütteln. »Das ist ja mal eine Überraschung.«

Kapitel 10 Noah und der alte Mann
    »Das heißt, Sie waren der Sieger?«, fragte Noah. »Sie haben ihn geschlagen?«
    »Ja, allerdings!«, sagte der alte Mann lächelnd. »Und eins kannst du mir glauben – ich war mindestens so verblüfft wie alle anderen. Ich hätte nie erwartet, dass ich gewinne. Aber wie sich herausstellte, war ich ein Naturtalent. Ich war der schnellste Läufer, den es im Dorf je gegeben hatte. Und der Fairness halber möchte ich noch hinzufügen, dass Toby Lovely meinen Sieg anerkannte und mir anschließend gratuliert hat.«
    »Ich nehme an, Sie haben danach Freundschaft mit ihm geschlossen?«, fragte Noah.
    Der alte Mann schüttelte den Kopf. »Keineswegs. Wir konnten einander einfach nicht ausstehen. Die Quälereien haben aufgehört, das stimmt, aber wir haben nie mehr miteinander gesprochen. Toby Lovelys Geschichte endet hier, fürchte ich. Aber meine fing erst richtig an. Bald würde die ganze Welt mir zu Füßen liegen.«
    »Und deshalb hat Ihr Vater diese Puppe

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