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Der Junge mit den blauen Haaren

Der Junge mit den blauen Haaren

Titel: Der Junge mit den blauen Haaren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doris Loesel
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ich, nur um überhaupt etwas zu sagen. Immerhin hat bisher Kay alleine die Unterhaltung bestritten.
„Nun gut“, sagt Mrs. McMillan, „dann wünsche ich allseits guten Appetit! Wir sehen uns morgen früh vor Unterrichtsbeginn!“
Ihre letzten Worte sind an Kay und mich gerichtet. Wir bringen lediglich ein Nicken zustande, dann rauscht sie davon.
„Was war das denn jetzt?“, ereifert sich Miriam, „die Alte lässt das einfach so auf sich beruhen? Was, wenn die beiden hier beschließen …“
Was? Was sollen wir beschließen?
Daniel lässt sie nicht ausreden. „Sei nicht albern, Mi!“, schimpft er, „das können wir anderen alle auch. Schließlich werden wir nachts nicht eingeschlossen und eine Nachtwache gibt’s hier auch nicht.“
Oh! Das!
Miriam ist nicht zu beruhigen. „Aber da oben sind sie viel ungestörter, als wir hier unten“, erhebt sie abermals Einspruch.
Stimmt!
„Mach dich nicht lächerlich, Miriam!“
Ich hebe erstaunt den Kopf, den ich anlässlich des Wortwechsels beschämt gesenkt habe, und sehe mir erstmals das Mädchen genauer an, das als letztes an unseren Tisch gekommen ist. Rheena!
Sie ist ungefähr so groß wie ich und hat sehr blasse, beinahe durchscheinende Haut, was ihr ulkigerweise gut steht. Sie ist hübsch. Ihr rabenschwarzes langes Haar steht in krassem Gegensatz hierzu und beinahe sieht sie aus wie ein Vampir. Ihre Augen sind dunkel, die genaue Farbe kann ich nicht erkennen.
Und mit diesen dunklen Augen funkelt sie Miriam an.
„Wie du sicherlich aus eigener Erfahrung weißt, ist es durchaus möglich, ein nächtliches Stelldichein zu haben, wo immer man untergebracht ist in diesem altehrwürdigen Haus.“
Miriam wird feuerrot, aber Rheena kommt wohl gerade erst in Fahrt.
„Wo ein Wille ist, da ist auch ein Gebüsch“, fährt sie unbekümmert fort und ich spüre, wie ein Grinsen sich in meinem Gesicht ausbreitet. „Natürlich hast du Recht, wenn du sagst, dass Kay und Kim es viel leichter haben. Immerhin müssen sie nur mal eben vergessen, die Badezimmertür zu verschließen.“
Ich verschlucke mich an meinem Wasser und Kay klopft mir sachte auf den Rücken. Dann lässt er seine Hand einfach an Ort und Stelle liegen. Sofort durchströmt mich ein wohliges Gefühl … und das hat bestimmt nichts mit dem wütenden Blick Miriams zu tun.
Gott bewahre!
Rheena ist noch immer nicht fertig.
„Oder siehst du etwa deine Felle davonschwimmen?“
Oooooooookay!
Miriam ist einen winzigen Moment sprachlos, dann schiebt sie mit Schwung ihren Stuhl zurück und springt auf. Ohne ein weiteres Wort verlässt sie den Speisesaal.
„Das war unnötig, Rheena“, tadelt Daniel mit leiser Stimme.
„War es nicht, Dan, und das weißt du auch.“
Ich spüre wie ich mich anspanne und Kay scheint es auch zu merken.
Schon wieder!
Sein Daumen malt winzige Kreise auf meinen Rücken.
Wie um ihre Aussage zu bekräftigen sieht Rheena zwischen Kay und mir hin und her und dann zu Daniel.
„Siehst du, was ich meine?“, fragt sie völlig ungeniert und ich bin baff, angesichts ihrer Hemmungslosigkeit. Aber ich bin auch beeindruckt von ihrer offensichtlichen Menschenkenntnis. Außerdem sagt sie, was sie denkt. Und das macht sie mir auf Anhieb sympathisch. Ich wäre froh, wenn sie meine Freundin werden könnte.
Die allererste Freundin in meinem Leben. Daniel nickt. Irgendwie sieht er bedrückt und schuldbewusst aus.
„Ich werde es nicht noch einmal zulassen, Dan!“
Rheenas Worte sind ein kaum wahrnehmbares Flüstern. Doch alle am Tisch haben es gehört.
Und alle scheinen zu wissen, um was es geht.
Nicht, dass ich neugierig wäre … Gott bewahre!
„Hey“, meldet sich Greg zu Wort, „können wir das Thema vielleicht ein andres Mal erörtern? Ich verhungere nämlich gerade!“
Er tätschelt sich seinen wirklich dürren Leib und ich glaube ihm aufs Wort.
Nach und nach schaffen wir es tatsächlich, zur Tagesordnung überzugehen und lassen uns den leckeren Nudelauflauf schmecken.

8)
    „ H abt ihr eigentlich schon was von unserem prachtvollen Heim gesehen?“
Daniel lacht, als er uns nach dem Abendessen die Frage stellt. „Also, ich meine, mehr als euer Zimmer und den Speisesaal …“
„… den wir nur gefunden haben, weil wir dem verführerischen Duft gefolgt sind“, ergänzt Kay Daniels Satz.
„Und dem unüberhörbaren Geplapper“, füge ich hinzu und werde rot.
Es fällt mir schwer, so zu tun, als ob ich daran gewöhnt wäre, mich inmitten eines Haufens gut gelaunter Teenager zu bewegen.
Außer

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