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Der Junge mit den blauen Haaren

Der Junge mit den blauen Haaren

Titel: Der Junge mit den blauen Haaren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doris Loesel
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mich eindringlich an.
„Kim“, sagt er und klingt irgendwie wütend, „du bist nicht mehr zuhause. Selbstverständlich dürfen wir raus. Ähm, okay, nur einmal im Monat“, bremst er meine aufkeimende Euphorie, „aber immerhin!“ Jetzt strahlt er mich an und ich habe das Gefühl, die Sonne geht gerade auf.
Ich fass es nicht. Wir dürfen tatsächlich raus. Und ich werde zum ersten Mal in meinem Leben ins Kino gehen. Einen Film ansehen.
Ein Ton, wie ich ihn gar nicht beschreiben kann, entschlüpft meinem Mund. Gleichzeitig fange ich an zu heulen.
Überwältigt – ja, genau. Das trifft’s ganz gut. Beinahe ist das zu viel für meine Nerven.
„Komm her“, flüstert Kay und zieht mich an seine Brust, die noch immer nackt ist. Er wartet, bis ich fertig geheult habe, dann schiebt er mich ein Stückchen von sich weg.
„Geh dir die Nase pudern“, grinst er mich unverschämt an, „so kann ich dich ja nirgends mit hinnehmen.“
Immerhin hat er es mal wieder geschafft, mich aus dem Tal der Tränen zu holen.
Kichernd werfe ich das Stuhlkissen nach ihm und verschwinde ins Bad.

26)
    A ufgekratzt und erwartungsvoll betrete ich an Kays Seite den Speisesaal … und schon stocke ich mitten in der Bewegung.
An unserem Tisch sitzen Dan, Greg, Rheena, Tiger, Miriam und … noch jemand. Zunächst sehe ich nur ultralange hellblonde Haare, die weit über die Stuhllehne herabfallen.
Als bemerkten sie, dass Kay und ich da sind, drehen sie sich wie auf ein geheimes Zeichen nach uns um.
Jetzt erkenne ich die Neue.
Sie heißt Nelly … oder doch eher Melly? Sie ist, glaube ich, Miriams Zimmerkollegin.
Und sie sitzt, verdammt nochmal, auf meinem Platz.
Und sie himmelt, verdammt nochmal, Kay an.
Kay tut so, als bemerke er es nicht und zieht mich gnadenlos an unseren Tisch.
Noch ehe Rheena aufspringen und mich umarmen kann, säuselt Miriam: „Silvia wird ab heute bei uns sitzen!“
Soviel zu Nelly oder Melly „Ich dachte, es wird Zeit, das Ungleichgewicht zwischen Männlein und Weiblein an unserem Tisch wieder herzustellen … jetzt, wo Sandy ja nicht mehr hier ist.“
Augenblicklich herrscht Totenstille an unserem Tisch.
Dann fällt Rheenas Stuhl mit lautem Krachen um, als sie sich hastig erhebt und ohne ein weiteres Wort den Saal verlässt.
Aus Loyalität folge ich ihr.
Ich finde sie im Park. Rheena hat ihre Knie umschlungen und ihr ganzer Körper bebt vor verhaltenen Schluchzern. Stumm lege ich meine Arme um sie.
Kurze Zeit später stoßen Kay und Tiger zu uns. An Kays verbitterter Miene kann ich erkennen, dass Tiger ihn darüber aufgeklärt hat, was es mit Sandy auf sich hat. Ich habe nämlich Wort gehalten gegenüber Rheena und Kay nichts von der Geschichte erzählt.
Tiger hockt sich auf Rheenas andere Seite und nimmt sie wortlos in die Arme, während Kay sich an meiner Seite niederlässt.
„Sie ist ein kaltherziges Miststück“, flucht Tiger.
Das ist eine unumstößliche Tatsache, daher sparen wir uns unseren Atem.
Rheena schnieft herzerweichend. Plötzlich strafft sie ihre Schultern und springt so unerwartet auf, dass Tiger nach hinten umfällt.
„Aber ich werde mir von ihrer Hinterhältigkeit nicht den Abend verderben lassen“, sagt sie entschlossen.
Tiger betrachtet seine kleine Freundin mit unverhohlenem Respekt.
„Es gibt Lasagne heute Abend, darauf freue ich mich schon die ganze Woche“, erklärt Rheena.
„Ja“, schaltet Kay sich ein, „und ich dachte, wir könnten später ins Kino gehen. Was haltet ihr davon?“
„Super Idee!“, ruft Tiger aus, der sich jetzt hochrappelt.
Auch Rheena findet Kays Vorschlag klasse.
„Okay! Dann lasst uns zurückgehen!“
Ohne, dass jemand etwas sagt, nehmen wir uns alle vier an den Händen und marschieren zurück in den Speisesaal.
Eine geeinte Front!
Beinahe sofort fällt uns auf, dass Dan nicht mehr am Tisch sitzt.
Wir beschließen, diese Tatsache zunächst nicht näher zu verfolgen. Immerhin haben wir gerade beschlossen, uns den Abend durch nichts und niemanden verderben zu lassen.
Greg genießt bereits die Lasagne, während Miriam und Nelly-Melly-Silvia sich angeregt unterhalten.
Jedenfalls tun sie das gerade so lange, bis sie uns entdecken.
Sofort werde ich wieder von Unsicherheit geplagt.
Kay weiß genau, was in mir vorgeht – wie immer.
Inzwischen habe ich seinen sechsten Sinn, was mich betrifft, als unausweichliche Tatsache akzeptiert.
Eigentlich ist es mein Platz, auf dem Miriams neue beste Freundin sitzt. Wenn ich einfach den Platz neben ihr einnehme, passiert sicher

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