Der Kaefig - Roman
Pix.
»Ich hab’s gesehen.«
»Du bist dran vorbeigefahren.«
»Ja. Ich parke dahinter und gehe zu Fuß zurück.«
Grace wirkte angespannt. »Es ist schrecklich viel los auf der Straße. Was, wenn ein Polizist …«
»Keine Sorge.« Er bog auf einen unbefestigten Weg, der in die Wüste führte. »Hier können wir von der Straße aus nicht gesehen werden.« Hinter einem Stapel Reifen, den irgendein mieser Umweltverschmutzer dort abgeladen hatte, stellte er den Motor ab. Was für eine Erleichterung die Stille war, nach dem stundenlangen Dröhnen des Motors. Cody genoss die herrliche Ruhe.
Aber sie hielt nicht lange an.
»Ich hab so einen Hunger, dass ich kaum noch Luft kriege«, sagte Pix und kurbelte das Fenster herunter. »Gott, es ist so heiß, dass ich fast ersticke.«
Grace biss die Zähne zusammen. »Du willst ersticken? Nur zu.«
»Eine tolle Schwester bist du.«
»Du bist eine tolle Schwester, Pix. Du hast darum gebettelt mitzukommen, und jetzt nervst du uns die ganze Zeit.«
»Tja, Hollywood ist eine dämliche Idee. Du schaffst es nie zum Film.«
»Also, was schlägst du vor, Pix?«
»New York.«
»New York?«
»Da könnten wir eine Arbeit finden!«
»Pix!« Wieder hämmerte Cody mit der Faust aufs Lenkrad. Schweiß brannte in seinen Augen. Seine Rücken tat weh von der Fahrt quer durchs Land. Er fühlte sich schmutzig. Brauchte eine Dusche. Einen Drink; ein eiskaltes Bier. Die endlose Streiterei hingegen brauchte er nicht . Er atmete tief durch, um sich zu beruhigen. »Pix, was soll ich dir zu essen holen?«
Nachdem er ihre Bestellungen aufgenommen hatte, sagte er den Mädchen, sie sollten an Ort und Stelle bleiben, bis er zurück war. »Dauert höchstens zwanzig Minuten. «
»Eis … bring Eis mit«, rief Pix aus dem Fenster.
»Das schmilzt doch«, antwortete er und ging davon.
Grace sah zu, wie Cody sich entfernte. Er ging wie ein Westernheld über die Wüstenpiste zurück zum Highway. Die braunen Cowboystiefel wirbelten bei jedem seiner federnden, gleichmäßigen Schritte Staub auf. Sie beobachtete, wie sich sein schlanker Körper in der Jeanshose und Jeansjacke bewegte. Sein rhythmischer Gang strahlte Selbstsicherheit aus. Er sah zu ihr zurück und lächelte sie auf diese entspannte Art an, die sie so liebte.
Pix murmelte in ihr Ohr: »Er braucht bestimmt ewig. Und vergisst garantiert die Mayonnaise.«
Grace hoffte, dass sie keinen Fehler gemacht hatten. Vielleicht hätte sie es zu Hause noch ein bisschen länger aushalten sollen?
Dann hätte ich Cody heiraten können. Wir hätten uns eine eigene Wohnung suchen können. Von zu Hause auszureißen, hatte aufregend geklungen. Aber diese langen Stunden unterwegs in dem gestohlenen Pick-up forderten ihren Tribut.
Gut, den Wagen hatten sie von dem Freund ihrer Mutter geklaut. Und der hatte sich das Auto mit Sicherheit von dem Geld gekauft, das sie bei ihrer Arbeit fürs Fernsehen verdient hatte.
Aber sie war sich sicher, dass Joe den Pick-up als gestohlen melden würde. Gestohlen von der Tochter seiner Freundin und deren Freund. Und vielleicht würde er auch behaupten, sie hätten Pix entführt. Nur um der Anzeige etwas mehr Nachdruck zu verleihen. Dafür könnte Cody in den Knast wandern. Auch wenn jeder wusste, dass Cody der netteste, freundlichste Junge war, den man sich nur vorstellen konnte. Okay, in der Schule, wo sie ihn vor über fünf Jahren kennengelernt hatte, war er keine große Leuchte gewesen. Aber er war der letzte Mensch auf Erden, der eine gemeine Nummer abzog oder hinter dem Rücken von Leuten über sie herzog.
Sie wollte nicht, dass er Ärger mit der Polizei bekam.
Hätte sie vielleicht bleiben können?
Vielleicht.
Vielleicht wäre sie dann auch durch ihre ganz private Hölle gegangen.
Der ganze Wahnsinn hatte letzte Woche angefangen.
Joe hatte ihr reichlich lüsterne Blicke zugeworfen und begonnen, ihre Unterwäsche im Wäschekorb zu befingern und billige Kommentare abzugeben. »Cody gefällt es bestimmt, wenn du so was anhast. Tanzt du für ihn, so wie sie es unten im Snake Pit machen? Reibst du dabei deinen Hintern an seinem Schritt?«
Dann wachte sie eines Nachts davon auf, dass Hände sie unter dem Laken betatschten. Bieratem schlug ihr ins Gesicht. Sie hörte ihn stöhnen. »Deine Mutter ist krank. Ich hab sie schon seit einer Woche nicht mehr gefickt. Sieht so aus, als wäre das heute deine große Nacht, Grace.«
»Joe?«
»Der alte Joe, der gute alte Joe«, nuschelte er. »Jetzt zieh dein
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