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Der Kaefig - Roman

Der Kaefig - Roman

Titel: Der Kaefig - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Laymon
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erweisen. Mit Amara darin war der Sarg zu schwer, als dass wir ihn bequem hätten handhaben können. Nachdem wir ihn aus dem Grab getragen hatten, holten wir Amara wieder heraus. Ich kletterte an dem Seil zu dem Tunnel hinauf. Unten befestigte Maged den Sarg ohne Deckel an dem Seil. Er hob ihn an und dirigierte ihn, während ich zog. Obwohl der Sarg nicht unerträglich schwer war, hatte ich große Schwierigkeiten, ihn zu meinem erhöhten Sitzplatz heraufzuhieven und hinter mir in das Loch zu ziehen. Er verstopfte den Eingang des Tunnels. Ich kroch rückwärts und versuchte, ihn hinter mir her zu schleifen. Bald begann der Sarg, schabend durch das Loch zu gleiten. Ich begriff, dass Maged von der anderen Seite schob. Es war eine enge Angelegenheit. Wenn der Tunnel
nicht absolut gerade gewesen wäre, hätten wir es niemals geschafft.
    Auf den letzten Meter, als der Tunnel sich nach oben zum Boden der ersten Grube neigte, wurde es extrem anstrengend. Ich zog so fest ich konnte, und Maged schob mit übermenschlicher Anstrengung.
    Schließlich hatten wir es geschafft. Erschöpft fielen wir zu Boden, als wollten wir den fünf alten Leichen bei ihrer letzten Ruhe Gesellschaft leisten. Als ich wieder zu Atem gekommen war, zündete ich mir eine Zigarette an.
    »Der Rest wird ein Kinderspiel«, sagte ich.
    Ich hatte beinahe Recht.
    Der Sargdeckel bereitete uns keinerlei Probleme. Ebenso die Kanopen. Zu guter Letzt mussten wir uns jedoch mit Amara selbst befassen. Das war ein ausgesprochen scheußlicher Teil unseres Unternehmens, der unsere Nerven aufs Äußerste strapazierte. Während wir sie durch den Tunnel bugsierten, sorgten wir uns beide, dass sie plötzlich in unseren Händen zum Leben erwachte. Doch keiner von uns erwähnte das zu diesem Zeitpunkt. Erst viel später, in der Sicherheit meines Hauses in Kalifornien, teilten wir unsere Erinnerungen.
    Maged, der vorangegangen war, vertraute mir an: »Ich war sicher, dass sich ihr Kopf bewegt hatte. Ich konnte natürlich nichts sehen, aber irgendwie wusste ich, dass sie ihren Kopf gedreht hatte und meinen Arm anknabbern wollte.«
    Wir waren sehr erleichtert, als wir Amara in ihren Sarg legten und den nackten Leichnam mit dem Deckel vor unseren Blicken verbargen.
    Wir konnten sie an diesem Tag nicht aus der Grube bergen. Das war keine Arbeit, die man tagsüber erledigen sollte. Aber wir wollten beide nur ungern nachts mit Amara hantieren.

    Maged wusste eine Lösung. Wir kletterten aus der Grube, sahen niemanden in der Umgebung und schoben die Steinplatte wieder an ihren Platz, um die Öffnung zu verbergen.
    Mageds Lösung bestand aus einem knorrigen alten Mann namens Ramo, der nicht weit von Kemweses Haus wohnte.
    Wir trafen ihn allein in seiner dunklen Hütte sitzend an. Er trug eine graue zerlumpte Djellaba und einen Turban aus goldenem Stoff, der schon bessere Tage gesehen hatte. Ich sah sofort, dass mit seinem Gesicht etwas nicht stimmte. Sein Mund war schief und lang und zog sich bis über die Seite seines Gesichts. Später fand ich heraus, dass der Grund dafür in einer alten Messerwunde an seiner rechter Wange lag, die nie richtig verheilt war.
    Maged sprach mit dem Mann auf Arabisch und erklärte ihm, dass wir in das Grab von Amara getappt waren, das heilige Siegel zerstört hatten und damit auch den magischen Bann, der die Kreatur zurückhielt. Amara war durch die Nacht gespukt. Wir wünschten, dass Ramo seine Kräfte als Priester des Osiris nutzte, um den Sarg zu versiegeln.
    Er bat darum, das zerbrochene Siegel zu sehen. Maged hatte in lobenswerter Voraussicht die goldene Scheibe eingesteckt. Er zog die Stücke aus seiner Tasche und zeigte sie Ramo. Der alte Mann streichelte lächelnd darüber. Sein Lächeln war ein schrecklicher Anblick, da sich dabei nicht nur seine Lippen zurückzogen, sondern auch die schartigen Kanten seiner aufgeschlitzten Wange, so dass die Überreste seiner Backenzähne entblößt wurden.
    Er erzählte, dass sein Vater vor langer Zeit dieses Siegel angefertigt habe – ein Dutzend Jahre, ehe er selbst geboren worden sei. Damals hatten Räuber Amaras Grab geplündert. Sie hatten ihre Bandagen abgewickelt, die Edelsteine gestohlen
und das mumifizierte Kind von dem Ruheplatz an der Seite seiner Mutter genommen.
    Amara war reglos geblieben, bis sie das Kind nahmen. Dann hatte sie plötzlich den ihr nächsten Räuber gepackt und getötet. Die beiden Überlebenden, die Amaras Rache fürchteten, waren aus dem Grab geflüchtet und zu Ramos Vater

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