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Der Kaefig - Roman

Der Kaefig - Roman

Titel: Der Kaefig - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Laymon
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seinen Weg durch die Bandagen Hunderter Mumien schnitt,
hackte und riss. Das makabre Handwerk begeisterte sein Publikum, da man nie wusste, welcher Schatz oder welche Kuriosität unter den verkrusteten Bandagen lauerte.
    Unter seinen Objekten befanden sich mehrere mumifizierte Babys.
    Die Londoner Times vom 16. März 1843 berichtete, dass Pettigrews Publikum in der vorigen Nacht von den »seltsamen Bewegungen« einer Kindermumie, die er auszuwickeln versuchte, überrascht wurde. Während viele Leute Pettigrew des Schwindels bezichtigten, behauptete er, das Kind habe sich bewegt, »als wäre es lebendig«. Ehe seine Behauptung nachgeprüft werden konnte, »übergab er das Kind den Flammen«.
    Das Kind, da bin ich ziemlich sicher, war der Sohn Amaras und des Gottes Seth.
    Meine Suche war vorbei. Ich kehrte enttäuscht nach Hause zurück. In den Jahren danach gab ich außerordentlich Acht, dass die Tragödie, die Imads Eltern das Leben kostete, sich nicht wiederholte. Bis zum heutigen Tage ist alles in bester Ordnung.
    Sarah und ich werden jedoch älter. Eines Tages werden wir nicht mehr da sein. Ich habe meine ägyptische Sammlung dem Charles-Ward-Museum vermacht, das eingewilligt hat, die Objekte in einem speziellen »Callahan-Raum« unterzubringen.
    Doch ich kann meine Erlebnisse mit Amara nicht vergessen. Obwohl ich beabsichtige, genaue Instruktionen zu hinterlassen, dass die Siegel des Sarges unbeschädigt bleiben müssen, befürchte ich, die schreckliche Hexe könnte irgendwann auf der Suche nach ihrem gestohlenen Kind durch die Nacht streifen.
    Falls Amara sich aus ihrem Sarg erheben sollte, sind Imad (oder seine Nachkommen) durch mein Testament verpflichtet,
diese Memoiren der Museumsverwaltung vorzulegen. Ich hege die Hoffnung, dass diese Leute, die vertraut sind mit den seltsamen Bräuchen der alten Ägypter, glauben werden, was ich geschrieben habe, und meine Worte ihnen helfen können, die Natur dieser Hexe zu verstehen.
     
    ROBERT A. CALLAHAN
Greenside Estates
Burlingdale, Kalifornien
     
    16. April 1968

35
    Die Memoiren des Robert Callahan.
    Memoiren? Oder Alpträume?
    Imad schloss das kleine schwarze Notizbuch, das von so viel Grauen und so vielen Qualen zeugte.
    Er hatte dieses Buch soeben zum ersten Mal gelesen, obwohl er von seiner Existenz gewusst hatte. Er erfuhr viel über seinen Vater, den er nie Gelegenheit hatte kennenzulernen, und über Robert Callahan, den freundlichen Mann, der ihn adoptiert hatte.
    Er legte das Buch auf den Tisch. In diesem Moment überkam ihn das Verlangen, mit kochend heißem Wasser zu duschen, seine Haut bis aufs Blut zu schrubben. Denn das Buch enthüllte ja nicht nur die Umstände des Todes seines Vaters, sondern schilderte auch, wie Imad als Baby von der Mumie mit in ihren Sarg genommen worden war, wo Robert Callahan ihn schlafend in Amaras toten Armen gefunden hatte.
    Er schloss die Augen und stöhnte, seine Gesichtsmuskeln zuckten.
    Erinnerungen blitzten auf.
    Lang unterdrückte Erinnerungen … an die Kreatur, die sich mitten in der Nacht über seine Krippe gebeugt hatte. Das verdorrte Gesicht, die leeren Höhlen anstelle von Augen, der Strudel roter Haare, der auf ihn hinabstürzte wie ein Schwall Blut, sein Gesicht bedeckte, ihn
zu ersticken drohte. Er warf sich schwitzend auf dem Bett hin und her, während in seinem Hals Übelkeit aufstieg. Dieser Geruch. Scharfe Gewürze. Und schlimmer, der schreckliche Gestank des Grabes.
    Amara hatte die Arme ausgestreckt und ihn aus der Krippe gezerrt. Sie hatte Imad an ihre tote Haut gedrückt, mit dem Gesicht an den ausgetrockneten Brüsten. Imad erinnerte sich jetzt. Er hatte das noch frische Blut seiner Eltern an den Zähnen der monströsen Gestalt gesehen. Ihr Haar war zu dicken blutigen Strähnen verklebt gewesen, die ihm über das Gesicht strichen.
    Die Mumie hatte ihn vor Anbruch der Morgendämmerung mit in ihren Sarg genommen.
    Bei diesen Gedanken wünschte sich Imad nichts mehr, als sich mit einer vollen Flasche Rum im Bett zu verkriechen, wo er die Erinnerungen in einem Strom aus Alkohol ertränken könnte.
    Nein. Ich muss etwas Wichtiges erledigen, sagte er sich. Er musste Robert Callahans Anweisungen buchstabengetreu befolgen.

36
    Ed Lake hörte das Kommando in der Dunkelheit.
    »Präsentiere dich.«
    Während er dicht an das Plexiglas gepresst auf der Platte lag, manövrierte er seinen Penis durch das Loch und in die empfangsbereite Öffnung hinein. Sie fühlte sich fast schon vertraut an. Muskeln zogen sich

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