Der Kaffeehaendler - Roman
Stimmung des Rates verändert hatte. Er durfte nicht zu sehr drängen.
»Ich glaube, Senhor Lienzo hat einen wichtigen Punkt dargelegt«, sagte Desinea schließlich. »Ohne triftigen Grund dürfen wir ihn nicht auffordern, sich zu offenbaren. Ein solches Vorgehen könnte Angst und Schrecken in der Stadt verbreiten und andere Mitglieder der Nation davon abhalten, hier Zuflucht zu suchen oder den Glauben ihrer Väter zu praktizieren. Überdies könnte der Senhor durch seine Aussage holländischen Geschäftsleuten Schaden zufügen, und das könnte uns teuer zu stehen kommen.«
»Welche holländischen Geschäftsleute?«, wollte Parido wissen. »Das müssen wir eben herausfinden. Wir haben bereits gehört, was für unschöne Verbindungen er hat.«
»Bitte, Senhor.« Ben Yerushalieem schüttelte leicht den Kopf. »Wir wissen alle, dass es einen feinen Unterschied zwischen geschäftlichen und unpassenden Kontakten gibt.«
Die anderen Parnassim nickten zustimmend, bis auf Parido. »Wie sollen wir die Wahrheit in Erfahrung bringen, wenn wir sie nicht erfragen dürfen?«
»Sie würden ein Gefäß zertrümmern, um seinen Inhalt kennen zu lernen, und keinen Gedanken an den Wert des Gefäßes verschwenden?«, fragte ben Yerushalieem.
»Vielleicht hat das Gefäß keinen Wert.«
Desinea starrte Parido an. »Sie haben diesem Rat versichert, dass Ihre persönlichen Gefühle für Senhor Lienzo Ihr Urteil nicht beeinflussen.«
»Das haben sie auch nicht«, erwiderte er. »Ich fordere ihn auf, dem Rat zu erklären, inwiefern ihm die Enthüllung seiner Pläne schaden würde.«
»Können Sie das?«, fragte Desinea. »Sie wissen schließlich, dass wir, der Ma’amad, die internen Angelegenheiten dieses Gremiums geheim zu halten wissen.«
Miguel gab dem Drang zu lächeln nach. Parido war in seine eigene Falle getappt, und jetzt konnte alle Welt sehen, wer der Gerissenere war. Miguel würde aus dieser Schlacht als Sieger hervorgehen; der verwegene Pieter hätte es nicht besser machen können.
»Senhores«, begann Miguel, »vor nicht allzu langer Zeit fing mich Senhor Parido in der Börse ab und wollte aus eigenem geschäftlichen Interesse etwas über meine Handelsbeziehungen wissen. Ich weigerte mich damals, ihm darüber Auskunft zu geben, da ich Stillschweigen für das Beste für mich und meine Partner hielt. Jetzt, als Parnass , verlangt er dieselbe Auskunft, nur dass er diesmal behauptet, nicht im eigenen Interesse, sondern im Interesse der Nation zu handeln. Ich hoffe, ich erscheine nicht als übertrieben argwöhnisch, wenn
ich mich frage, ob jedes Mitglied dieses Gremiums die Tradition der Geheimhaltung gleichermaßen ehrt.«
Eine kalte Stille senkte sich auf den Raum. Mehrere Parnassim starrten Parido an. Andere schauten unangenehm berührt beiseite. Desinea musterte einen Fleck auf dem Tisch.
»Bitte warten Sie draußen«, sagte ben Yerushalieem nach einer Weile.
Während Miguel wartete, redeten die Mitglieder des Ma’a-mad drinnen vertraulich miteinander. Gelegentlich drang Paridos Stimme durch die Wand, doch Miguel verstand die Worte nicht. Endlich wurde er wieder hineingerufen.
»Es ist die Meinung dieses Rates«, verkündete Desinea, »dass Sie die Gesetze unserer Nation nicht aus Böswilligkeit ignoriert haben. Wir haben daher beschlossen, den Cherem zu verhängen. Der Bann gilt für einen Tag, beginnend mit dem heutigen Sonnenuntergang. Während dieses Zeitraums dürfen Sie die Synagoge nicht besuchen, nicht mit Juden verkehren oder in irgendeiner Weise am Leben der Gemeinde teilhaben. Danach wird Ihr Platz unter uns derselbe sein wie zuvor.«
Miguel nickte. Er war nicht ungeschoren davongekommen, wie er es sich gewünscht hatte, doch er war davongekommen.
»Lassen Sie mich hinzufügen«, sagte ben Yerushalieem, »dass dieser Rat, sollte er herausfinden, dass Sie Ihre Angelegenheiten falsch dargestellt haben, weitaus weniger nachsichtig mit Ihnen sein wird. Falls die Beziehung zu jenem Bettler anders ist, als Sie behauptet haben, oder falls Sie unerlaubten Geschäften nachgehen, werden wir uns nicht bereit zeigen, Entschuldigungen anzuhören. Haben Sie noch etwas hinzuzufügen, Senhor?«
Miguel erklärte den Versammelten, dass er sein Vergehen bedaure und ihre Strafe verdiene, und nachdem er den Parnassim für ihre Weisheit gedankt hatte, zog er sich wortlos zurück.
Auch nur für einen einzigen Tag unter dem Cherem zu stehen, war eine große Schande. Die ganze Stadt würde davon erfahren und über ihn
Weitere Kostenlose Bücher