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Der Kaffeehaendler - Roman

Der Kaffeehaendler - Roman

Titel: Der Kaffeehaendler - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Liss Almuth Carstens
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Gesetz ruft, trotz meiner besten Absichten, Sie zu schützen.« Er legte Miguel einen Arm um die Schultern, als wären sie verwundete Kameraden, die sich eben vom Schlachtfeld erhoben haben.
    Joachim stank nach Erbrochenem und Scheiße und Pisse und Bier, doch Miguel ignorierte das alles. Er wagte nicht, seinen Ekel zu zeigen, als er dem armen Burschen half, vom Schauplatz des Geschehens fortzuhumpeln.
    Sie gingen langsam und bedächtig auf die Oude Kerk zu. Miguel brachte nicht die Energie auf, sich darum zu sorgen, wer sie wohl sehen könnte. Er wollte nur weiter.
    Sobald sie im Schatten der Kirche standen, löste Joachim sich von Miguel und lehnte sich an ein Gebäude, wobei er sich
in die Fugen des Gemäuers schmiegte. »Sie hätten mich nicht stoßen müssen«, sagte er. Er legte seine freie Hand auf die Wunde und musterte dann das Blut.
    »Haben Sie nicht mehrmals gedroht, mich zu töten?«, erwiderte Miguel verdutzt.
    »Ich habe Sie lediglich gegrüßt, und Sie haben mich zu Boden gestoßen. Was dieser Ma’amad wohl denken würde, wenn ich den Vorfall melde?«
    Miguel schaute sich um, da waren nur Diebe und Huren und Tagelöhner. »Ich habe Ihre Drohungen satt«, sagte er matt.
    »Vielleicht, aber was macht das jetzt noch aus? Sie haben versucht, meine Frau zu ficken. Sie haben mich angegriffen. Ich sollte schnurstracks zu jenem Burschen gehen, den Sie erwähnt haben, Solomon Parido.«
    »Ich habe keine Lust auf dieses Gespräch«, sagte Miguel müde. »Ihre Frau habe ich nie angerührt. Sagen Sie mir, was Sie wollen, damit wir unsere Unterhaltung möglichst bald beenden können.«
    »Ich will, was ich immer wollte – meine fünfhundert Gulden. Sie hätten sie mir geben können, weil es richtig gewesen wäre, aber nun, da ich etwas habe, auf das Sie aus sind, bin ich bereit, das Geld dagegen einzutauschen.«
    »Und was haben Sie, auf das ich aus bin?«
    Joachim wischte sich mit dem Ärmel seines Hemdes über das Gesicht. »Mein Stillschweigen. Sie haben für einen Nichtjuden gemakelt, und Sie haben versucht, Ehebruch mit einer Christin zu begehen. Und überdies habe ich Sie mit Ihrer Freundin gesehen. Ich weiß, woher sie ihr Geld hat, und ich frage mich, ob dieser Ma’amad es wohl gern erfahren würde.«
    Joachim mochte Miguel zwar mit Geertruid gesehen haben, aber wie konnte er wissen, dass Geertruid den Kindern ihres Mannes Geld gestohlen hatte? Es ergab keinen Sinn,
doch Miguel war nicht danach zumute, herauszufinden, was Joachim wusste – er wollte nur das Gespräch beenden. »Sie vergeuden meine Zeit.«
    »Da doch so viel in der Schwebe ist«, sagte Joachim ruhig, »glaube ich, dass Sie eine Möglichkeit finden werden, das Geld zu beschaffen. Leihen Sie es sich, stehlen Sie es – mich kümmert es nicht, Hauptsache, Sie zahlen.«
    »Ihre Drohungen sind nichts wert, und sie ändern nichts an den Tatsachen.«
    Miguel wandte sich ab und ging raschen Schrittes weiter, aber irgendwie spürte er, dass Joachim ihm nicht folgen würde. Seine Hände zitterten, und er musste sich darauf konzentrieren, geradeaus zu gehen. Sein Pech hätte heute nicht größer sein können, und trotzdem war er sich absolut sicher, dass Joachim nicht vor den Ma’amad treten würde. Wenn er Miguel hätte ruinieren wollen, hätte er zugelassen, dass die Frau die Wache rief. Doch dann wäre das Spiel vorbei gewesen, und es schien inzwischen, als ob Joachim seinen Spaß daran hatte. Er weidete sich an seinen Verletzungen, blühte auf, wenn er neue Warnungen aussprach. Das war alles, was ihm geblieben war.

26
    Miguel brauchte Geertruid. Es war nicht wichtig, welche Geheimnisse sie vor ihm hatte – mochte sie ihre Geheimnisse haben, ebenso, wie er seine hatte. Er brauchte ihr Kapital, nicht ihre Aufrichtigkeit. Wenn er ihr noch einmal tausend Gulden entlocken konnte, reichte das vielleicht aus, um sich zu retten. Er könnte Nunes bezahlen und weitere Verkaufsoptionen erstehen, um Paridos Pläne zu durchkreuzen. Mit ein bisschen Glück konnte er den Kaffeepreis immer noch zum Fallen bringen. Mit den Gewinnen würde er dann nicht seine Schulden zahlen, wie er es geplant hatte, sondern Geertruid die ursprüngliche Investition zurückerstatten. Es lief nicht so, wie er es geplant hatte, aber mit zusätzlichen tausend oder, wenn er darauf hoffen durfte, fünfzehnhundert Gulden konnte er vielleicht alles regeln.
    Es hatte dort zwar Streit gegeben, doch Miguel machte sich trotzdem auf den Weg in das widerwärtige Goldene Kalb, in der

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