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Der Kaffeehaendler - Roman

Der Kaffeehaendler - Roman

Titel: Der Kaffeehaendler - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Liss Almuth Carstens
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erzählen?«
    »Eigentlich sollte ich nicht schweigen, aber ich tue es eingedenk unserer Freundschaft. Ich hätte so etwas nie von Ihnen erwartet.«
    Nunes schüttelte den Kopf. »Sie müssen verstehen, wie schwierig es ist, Parido zu widerstehen, wenn er etwas will. Ich habe nicht gewagt, Nein zu sagen. Ich habe eine Familie, und ich konnte es mir nicht leisten, sie zu gefährden, indem ich Sie schütze.«
    »Ich weiß, wie viel Einfluss und Macht er hat«, sagte Miguel, »und trotzdem habe ich ihm widerstanden. Und er hat Sie nicht gebeten, mich nicht zu schützen, er hat Sie aufgefordert, mich zu belügen und zu betrügen, und Sie haben eingewilligt. Ich habe Sie nie für einen besonders mutigen Mann gehalten, Isaiah, aber ich war doch entsetzt über das Ausmaß Ihrer Feigheit.«
    Während er davonging, hörte er die Turmuhr zwei schlagen. Er fragte einen neben ihm stehenden Mann, wie Kaffee abgeschlossen habe: 25,5 Gulden pro Tonne.
    Miguel würde sich sofort daranmachen, ein prächtiges Haus an den Ufern der Houtgracht zu mieten. Er würde Verbindung mit seinen Gläubigern aufnehmen und denen, die gar keine Ruhe gaben, eine kleine Anzahlung anbieten. Ab jetzt würde sich alles ändern.
    Und da war sein Bruder. Er drehte sich um. Daniel stand nicht weiter als eine Armeslänge von ihm entfernt. Er schaute seinen Bruder an, versuchte, seinen Blick aufzufangen, doch Miguel konnte sich nicht dazu überwinden, etwas zu sagen. Der Zeitpunkt für eine Versöhnung war verpasst, Vergebung
nicht mehr möglich. Daniel hatte seine eigene Zukunft gegen die seines Bruders verwettet, und er hatte verloren.
    Miguel entfernte sich. Massen von Männern umschwärmten ihn. Die Nachricht hatte sich verbreitet; jeder an der Börse wusste, dass er einen großen Sieg errungen hatte. Selbst den Händlern, denen nicht bekannt war, was er gewonnen oder wen er geschlagen hatte, war klar, dass sie sich in Gegenwart eines Kaufmanns befanden, der großen Ruhm erworben hatte. Fremde, deren Namen er nicht kannte, klopften ihm auf die Schulter oder schüttelten ihm die Hand oder versprachen, sie würden ihn bald aufsuchen, um ein Projekt zu besprechen, dessen Umfang er kaum fassen konnte.
    Und dann sah er hinter der Menschenmauer einen hageren, gut gekleideten Holländer, der ihn breit angrinste. Joachim. Miguel wandte sich von einem Triumvirat italienischer Juden ab, die mit ihm über Feigen reden wollten, nachdem er sich höflich entschuldigt und zugesagt hatte, sich mit ihnen in einer Schenke zu treffen, deren Namen er schon im nächsten Moment vergessen hatte. Er drängte sich durch, bis er vor Joachim stand, der ihm mächtiger und zugleich kleiner vorkam als in seiner Zeit als verarmter Wahnsinniger. Sein Grinsen wirkte weniger triumphierend als traurig. Miguel erwiderte es mit einem Lächeln seinerseits.
    »Ich habe Ihnen doch versprochen, ich würde alles in Ordnung bringen«, sagte er, »wenn Sie mir nur vertrauen.«
    »Wenn ich nicht mehr getan hätte, als Ihnen zu vertrauen«, erwiderte Joachim mit derselben Munterkeit, »wäre ich nach wie vor ein armer Schlucker. Nur weil ich Sie hasste und verfolgte, haben Sie diesen Sieg errungen. Gewiss kann man aus der ganzen Geschichte etwas lernen, aber eher verbrenne ich in der Hölle, als dass ich erfahre, was es wohl sein mag.«
    Miguel stieß ein bellendes Lachen aus und trat vor, um den Mann zu umarmen, dem er vor nicht allzu langer Zeit noch
von ganzem Herzen den Tod gewünscht hatte. Was wusste er schon, vielleicht würde er ihm bald wieder den Tod wünschen. Fürs Erste jedoch kümmerte es ihn nicht, was Joachim getan hatte oder tun würde, und es kümmerte ihn nicht, wer von ihrem Streit und von ihrer Freundschaft wusste. Es zählte nur, dass er sein Unrecht wieder gutgemacht und dabei gleichzeitig seinen eigenen Ruin verhindert hatte. Miguel hätte den Teufel selbst umarmt.

32
    Das neue Mädchen sprach kein Portugiesisch, sondern machte sich unbeholfen mit Zeichen verständlich. Catryn hatte ein mürrisches Gesicht, eher unscheinbar als hässlich, aber reizlos genug, um ihre Herrin zufrieden zu stellen. Es kam sowieso nicht mehr darauf an. Miguel war ausgezogen, und die Schönheit oder Hässlichkeit des Dienstmädchens interessierte niemanden.
    Daniel verließ das Haus meist morgens, bevor Hannah wach war, und das Mädchen war beim Frühstück ständig in ihrer Nähe. Immer wieder deutete Catryn auf die Weinkaraffe auf dem Tisch. Anscheinend glaubte sie, dass eine Frau in anderen

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