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Der Kaiser des Abendlandes

Der Kaiser des Abendlandes

Titel: Der Kaiser des Abendlandes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanns Kneifel
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zwischen Sharqira und Jerusalem.«
    »Sharqira?«, fragte Sean. »Wo liegt die Stadt?«
    »Es ist eine Provinz in Ägypten«, erklärte Chalid. »Von dort komme ich. Vielleicht wisst ihr, dass der Mamelucken-Sultan in Al Fustat residiert.«
    »Ja, das weiß ich«, sagte Suleiman, der nacheinander den Proviant aus seiner und Seans Satteltasche auspackte. »Mein Vater ist nur ein armer Schwertschmied. Aber hast du etwas mit dem Sultan zu tun?«
    Chalid zuckte mit den Schultern und hob ein Öllämpchen auf, um zu sehen, ob es gefüllt war.
    »Ich bin einer von vielen tausend seiner Männer. Ein Reiter ohne große Bedeutung. Aber das konnten die vier Halunken, die mich ausrauben wollten, nicht wissen. Niemand kennt mich.«
    »Du bist auf dem Weg nach Ägypten?«
    »Das ist mein Ziel. Vielleicht erreiche ich’s. Inshallah.« Chalid wandte sich an Sean, betrachtete dessen blaue Augen und das helle Haar und sagte: »Aber du, mit dem unaussprechlichen Namen, du bist kein Rechtgläubiger, nicht wahr?«
    »Er ist ein Christ, sein Name ist Nicolaus, und er ist mein Freund«, sagte Suleiman bestimmt. »Wir beide beweisen Tag um Tag, dass eine Freundschaft zwischen Christen, Juden und Rechtgläubigen natürlich und selbstverständlich ist.«
    Chalid hob abwehrend die Hände und sagte: »Ich habe nie etwas Abfälliges über Juden und Christen gesagt.« Er lächelte Sean an. »Ein Christ hat mir heute das Leben gerettet. Soll ich ihn deswegen hassen oder schmähen?«
    »Ich wünschte, mehr Muslime würden so denken wie du«, sagte Sean.
    Er versuchte, Suleiman ein Zeichen zu geben, aber der Freund schien das Gleiche zu denken wie er. Sie selbst wollten so wenig wie möglich von ihren Absichten preisgeben, und es schien, als habe Chalid ebenfalls nicht vor, ihnen mehr als das Nötigste zu erzählen. In der Art, wie er sprach und sich bewegte, glich Chalid ihrem Freund Uthman, aber auf Sean wirkte er noch härter und kämpferischer. Aber wer konnte so tief in das Herz eines Menschen blicken, dass er das Äußere vom Kern zu trennen vermochte? Sean zuckte innerlich mit den Schultern.
    Suleiman richtete Brot, Käse und Dörrfleisch und den übrigen Proviant auf dem Tischchen an und sagte: »Wir sollten essen. Der Aufguss lässt auch nicht mehr lange auf sich warten. Reden können wir die ganze Nacht.«
    »Mein Magen knurrt«, sagte Sean und erinnerte sich an den Abend und die Nacht, in der Laylas Gegenwart ihm die Wartezeit versüßt hatte. Er sah zu, wie Suleiman Honig in den Sud goss, den Krug mit großer Sorgfalt verschloss und den Kessel vom Feuer nahm. »Und mein Durst ist unstillbar.«
    Einige Zeit später, nachdem Suleiman sein Abendgebet gesprochen hatte und er und Sean, satt und barfuß, vom Waschplatz zurückgekommen waren, sagte Sean leise: »Ich werde deinem Vater sagen, dass ein Sufi-Schüler zu Uthmans Haus gekommen ist und mich, den Wesir Nicolaus, sprechen wollte. Er hätte gesagt, dass wir in Madina el-Ramla einen Brief des Kaisers finden würden, den zweiten Brief.« Er stieß Suleiman mit dem Ellbogen an und lachte. »Diesen Brief haben wir eben bekommen. Nach einem Tag Erholung reiten wir zurück. Das voraussichtliche Ende kennen wir.«
    »Das ist eine einfache Geschichte. Also ist es eine gute Erklärung.« Suleiman hängte die nassen Tücher an einen Balken und löschte das Öllämpchen neben dem Hauseingang. »So einfach, dass mein Vater sie glauben muss.«
    »Dann können wir heute Nacht ruhig schlafen und müssen uns keine neue Geschichte ausdenken«, schloss Sean und duckte sich unter dem morschen, rissigen Türbalken.
    Am nächsten Morgen weckte Chalid Suleiman. Er bat ihn, vor das Haus zu kommen, wo Chalids Reitpferd, das beladene Maultier und das Beutepferd, das ebenfalls Lasten und frisch gefüllte Ziegenbälge trug, bereits zur Abreise bereitstanden. Chalid, wieder im weißen Burnus und mit einem frischen Kopftuch, legte Suleiman die Hand auf die nackte Schulter und sagte: »Allahu akbar, Suleiman ibn Abu Lahab. Ich danke dir und deinem Freund abermals für eure Hilfe. Ohne euch wäre ich tot. Ich habe nichts Wertvolles, das ich euch geben könnte; und es könnte ohnehin niemals genug sein, um euch eure Hilfe zu vergelten.« Er blickte starr in Suleimans Augen und fügte hinzu: »Im Koran steht geschrieben, wenn einer ein Menschenleben rettet, so ist es, als rette er die ganze Welt. Ihr habt mehr gerettet als nur mein Leben.«
    Suleiman unterdrückte ein Gähnen und sagte: »Das lesen auch die Juden in

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