Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Kaiser des Abendlandes

Der Kaiser des Abendlandes

Titel: Der Kaiser des Abendlandes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanns Kneifel
Vom Netzwerk:
die Nüstern und die Augen aus, erst dann tranken sie selbst. Das Maultier und das Packpferd wurden wieder angekoppelt, dann ritten die drei langsam und meist schweigend, von der Sonne geblendet und tief in Gedanken, düstere Mutmaßungen und Vorahnungen versunken, bis sie kurz vor Anbruch der Dunkelheit Madina el-Ramla erreichten.
    Husain, der schwarzbärtige Fürst der Oase im schneeweißen Burnus, empfing Sean und Suleiman wie alte Freunde. Auch Chalid schien ihm nicht unbekannt zu sein. Die vier erbeuteten Pferde, die hochgebundenen Steigbügel und die leeren Sättel betrachtete er mit einem zurückhaltenden Lächeln.
    »Zuerst müssen wir uns um die Tiere kümmern«, sagte Chalid und stieg aus dem Sattel. »Sie sind alle sehr erschöpft, o Herr der Weiden. Wir satteln sie ab und führen sie zur Tränke.«
    »Meine jungen Knechte helfen euch. Wollt ihr zusammen wohnen?«
    »Wir beide werden zwei Tage hier bleiben«, sagte Suleiman und deutete dabei auf Sean und sich selbst. »Chalids Pläne kenne ich nicht.«
    »Es soll mir recht sein. Sie waren mir ehrenwerte Reisegenossen. Ich werde ihren Schlaf nicht stören.«
    Das Haus, in dem Sean und Suleiman vor kurzem gewohnt hatten, war leer und gereinigt worden. Vor dem überdachten Eingang sattelten sie die Pferde ab, nahmen ihnen das Zaumzeug aus den Mäulern und wuchteten die Lasten herunter. Die Jungen brachten die Tiere in einer langen Reihe zum Waschplatz.
    Chalid setzte sich auf einen Heusack, breitete halb ratlos die Arme aus und sagte: »Die Pferde und all das andere gehören dem Gewinner des Kampfes. Aber wer hat wie viel gewonnen? Ich wohl am wenigsten?«
    »Ein Mann, ein Schwert, je ein Drittel?«, schlug Sean vor.
    Suleiman klatschte in die Hände.
    Chalid nickte mehrmals. »Einverstanden.« Er grinste. »Ein Pferd als Geschenk für Husain? Seine Freundschaft ist so wichtig wie Wasser.«
    »Ein edler Vorschlag!«, sagte Sean und öffnete den Verschluss eines Weinkruges. »Wie lange willst du hier rasten, Chalid?«
    »So lange, mindestens, bis mir eingefallen ist, wie ich mich bei euch bedanken kann.« Chalid nahm das nasse, schmutzige Tuch ab, und darunter kam kurz geschorenes und schwarzes, an den Schläfen ergrautes Haar zum Vorschein. Er blinzelte. »Es war mein Leben, das ihr gerettet habt. Eine Nacht, ein paar Tage; ich weiß es nicht.«
    »Wir bleiben nur einen Tag lang«, antwortete Sean. »Nicht länger. Lasst uns also schnell die Beute verteilen.«
    Weder die Waffen noch die anderen Teile der Ausrüstung besaßen großen Wert; die Lederteile waren abgenutzt, und sie fanden nur einige Münzen und gar keine Schmuckstücke unter den Sachen. Suleiman leerte die Satteltaschen aus, doch auch hier hatten die Räuber keine Wertgegenstände versteckt.
    »Es waren also gewöhnliche Räuber…«, sagte Sean.
    »… die einen gewöhnlichen Reiter ausrauben wollten«, fuhr Chalid dazwischen. »Ich will wenig davon behalten. Schenken wir den Rest Husains Knechten?«
    »Meinetwegen«, sagte Suleiman, und Sean nickte zustimmend.
    Chalid sammelte alles zusammen und schnürte daraus ein Paket, das sein zweites Pferd tragen sollte. Vier Ziegenbälge waren noch zu gebrauchen; einer war aufgerissen. Den Rest stopfte er in die abgewetzten Satteltaschen der Räuber und schleppte sie hinüber zu Husain, der im Schatten vor seinem Haus in einer Hängematte lag und dem Hahn zusah, der den gackernden Hennen nachlief. Chalid und Husain redeten lange miteinander. Sie schienen wichtige Neuigkeiten auszutauschen.
    Später untersuchten die drei Männer ihre Pferde, sowohl die eigenen als auch die erbeuteten Tiere. Die vier Braunen trugen keine sichtbaren Zeichen, die auf den Besitzer schließen ließen. Husains geschäftige Knechte hatten die Tiere so gut wie beim letzten Aufenthalt versorgt. Nun waren nur noch die erbeuteten Sättel übrig, die an der Hauswand trockneten.
    Nachdem sich die Reiter eingerichtet hatten, sagte Chalid: »Allah ist groß. Wenn er unsere Wege wieder einmal hierher führt, mag es sein, dass wir zwar ein Pferd, aber keinen Sattel haben. Husain soll sie für uns aufbewahren und sie selbst benutzen, wenn er sie benötigt.«
    »Du bist offensichtlich ein Mann, der weit vorausplant«, bemerkte Suleiman, der sich von einem Knecht eine Schale Glut hatte bringen lassen und an der Feuerstelle hantierte. »Du kennst diese abgelegene Oase gut, scheint mir.«
    »Ich war zweimal hier«, antwortete Chalid bereitwillig. »Es ist der beste Platz für Karawanen

Weitere Kostenlose Bücher