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Der Kalligraph Des Bischofs.

Der Kalligraph Des Bischofs.

Titel: Der Kalligraph Des Bischofs. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Titus Müller
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neugierige Blicke auf die Besucher zu werfen;
     sei es, weil Holz im Kamin nachgelegt werden mußte, weil eine neue Pastete aufgetragen werden sollte oder weil der Wein ausgegangen
     war. Man tuschelte neidisch über Biterolf und Germunt, die am Tisch beim Gefolge der Äbte sitzen durften.
    Am Kopf der Tafel speiste Claudius, zur Rechten und zur Linken je einer der beiden Klosterherren. Iustus schob sich das Brot
     seitlich zwischen die Zähne und setzte auch den Weinbecher auf der linken Seite an. Während Dructeramnus eher wenig sprach,
     ließ sich Iustus auch nicht von einem gefüllten Mund abhalten, Claudius Fragen zu stellen oder Neuigkeiten von ihrer Reise
     zu erzählen.
    Er neigte sich ein wenig vor und hielt die Hand mit dem Brot schützend an seinen Mundwinkel. »So, und der Beleibte dort hinten
     ist Euer Notar?«
    »Ja. Biterolf ist sein Name.«
    »Was ist mit dem jungen Mann daneben? Seine gelben Augen flattern immer wieder zu uns herüber, als wollte er uns beobachten.
     Meint Ihr, er hält Dructeramnus und mich für gefährlich?« Iustus schmunzelte mit spitzem Mund.
    »Ihr müßt dem jugendlichen Eifer vergeben. Germunt ist ebenfalls Schreiber – sehr talentiert, das könnt Ihr mir |350| glauben. Ich ließ ihn erst kürzlich in Tours studieren, und seitdem sind seine Urkunden so kunstfertig geworden, daß sie sich
     nahezu mit den kaiserlichen messen können.«
    Dructeramnus erwachte aus seiner Starre. »Können wir bei Gelegenheit eine solche Urkunde sehen? Ich habe einen meiner Schreiber
     mitgebracht, vielleicht kann er davon lernen.«
    »Natürlich.«
    »Nun, wißt Ihr«, Iustus spuckte feine Krümel auf den Tisch, »in Charroux pflegen wir eine ganz ausgezeichnete Schrift. Das
     Kloster wurde nicht umsonst von Kaiser Karl gegründet – Gott sei seiner erhabenen Seele gnädig –, in einer Zeit, als seine
     neue Schrift sich noch nicht so recht durchsetzen wollte. Bei den jungen Mönchen hatte er leichtes Spiel.«
    »Als ich einmal durch Poitier reiste«, bemerkte Claudius, »wurde mir anderes erzählt. Es hieß, die Mönche haben im Sommer
     nichts Besseres im Sinn, als in der Charente schwimmen zu gehen.«
    »Üble Verleumdung! Sie sind wasserscheu, glaubt mir das!« Iustus nahm einen kräftigen Schluck aus dem Becher. »Aber sagt,
     Ihr habt noch gar nichts über Euren Feldzug gegen die Sarazenenbrut erzählt. Wie ist es Euch ergangen? Die Nachricht über
     die Kämpfe ist bis zu uns in den Westen vorgedrungen, allerdings wenig Genaues.«
    »Was möchtet Ihr hören?«
    »Was Ihr erzählen wollt.«
    »Man meldete mir, die Sarazenen seien an der Westküste gelandet, und ich bin mit einigen langobardischen Reitern aufgebrochen,
     um nach dem Rechten zu sehen. Gemäß ihrer Verpflichtung haben sich uns unterwegs andere Truppenteile angeschlossen. Wir haben
     gekämpft und die Krummsäbel mit unseren Lanzen und Klingen zurückgeschlagen. Das ist alles.«
    »Hört Euch das an, Dructeramnus, wie bescheiden er ist. Ein Held, wie sie im Liede besungen werden. Siegreich und |351| demütig zugleich.« Wieder schmunzelte der Abt mit spitzen Lippen.
    »Auch Eure ruhmvollen Namen sind hier nicht unbekannt, Iustus und Dructeramnus. Ihr habt noch gar nicht erwähnt, aus welchem
     Grund Ihr nach Turin gekommen seid?«
    Dructeramnus schob seinen Becher von sich und lehnte sich zurück. »Ich bin müde. Warum klären wir das alles nicht morgen,
     bei einem festlichen Essen? Dann hätte ich – «
    »Ja«, fiel ihm Iustus ins Wort, »man könnte dazu auch den Grafen dieser Stadt einladen und den machtvollen Suppo, der zur
     Zeit hier weilen soll, das würde überhaupt nichts schaden. Was haltet Ihr davon? Wir sind lange gereist und könnten ein wenig
     Fröhlichkeit vertragen.«
    Germunt warf Claudius einen bedeutungsvollen Blick zu.
    »Mein Weinkeller ist voll, und die Vorräte sind gut. Meinetwegen soll es ein Festmahl mit den Grafen geben, vorausgesetzt,
     Suppo und Godeoch folgen der Einladung.«
    »Das werden sie sicher – so etwas lassen sie sich doch nicht entgehen!«
    Auch die Äbte wechselten kurze Blicke.
     
    Zwei Knechte trugen Holzeimer voll dampfenden Wassers über den Hof. Mit jedem Schritt verteilten sie unfreiwillig kleine Pfützen.
     Germunt folgte ihnen in den Palast und bis zur Schlafkammer des Bischofs, wo sie ihre plätschernde Fracht in einen Badezuber
     gossen.
    »Das genügt, ich will ja nicht gekocht werden.« Claudius löste bereits seine Hosen, hielt sie aber mit den Händen oben,

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