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Der Kalligraph Des Bischofs.

Der Kalligraph Des Bischofs.

Titel: Der Kalligraph Des Bischofs. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Titus Müller
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Bekanntschaft machen.«
    »Ist ja schon gut. Ich füge mein Kreuz ein. Das Siegelwachs allerdings –«
    »Ich habe auch Wachs bei mir. Erhitzt es über dem Licht dort. Was ist mit Euch, Ihr steht da und schweigt! Siegelt Ihr wie
     Euer Gefährte?«
    »Ihr laßt mir keine Wahl. Aber vielleicht ist es auch der richtige Weg, diese Diözese vor dem Abfall von der wahren Kirche
     zu retten.«
    »Ihr Kirchenleute seid doch nicht so dumm, wie man sich erzählt.«
    Germunt hörte nichts mehr. Dann plötzlich näherten sich Schritte der Tür und ließen keine Zeit, den Flur zu verlassen. Er
     schmiegte sich in den schwärzesten Winkel, den er finden konnte, achtete nicht auf die Spinnweben, die sich an seinen Nacken
     klebten, den Staub, der ihm den Rücken hinabrieselte, blickte nur wie gebannt auf die Tür.
Wenn er hierher schaut, muß er mich sehen.
    Licht fiel in den Flur, und eine bleiche Gestalt in schwarzem Umhang eilte durch die Außentür hinaus. Germunt schluckte erleichtert,
     wartete, bis die Äbte ihre Tür wieder geschlossen hatten. Dann trat er vorsichtig auf den Hof. Der Umhang des Eindringlings
     wehte gerade durch das Hoftor.
    Genaugenommen ist er doch ein Meuchler, nur mordet er nicht die Äbte, sondern Claudius. Vielleicht kann ich es verhindern,
     wenn ich ihm folge.
     
    |365| Germunt eilte unter den Torbogen, sah vorsichtig nach beiden Seiten. Da lief der Rufmörder. Bemüht, leichte und lautlose Schritte
     zu machen, folgte ihm Germunt die Straße hinab, bog in gutem Abstand in eine Gasse ein, duckte sich hinter einen Karren. Gerade
     rechtzeitig, denn der Intrigant schaute sich um, als ahnte er seinen Verfolger, bevor er um die nächste Ecke bog.
    Ich darf ihn nicht verlieren,
sagte sich Germunt.
Das wäre schlimmer, als entdeckt zu werden.
Er wartete noch einen kurzen Augenblick, dann jagte er hinterher, hielt an der Ecke an.
Wenn er mich hier mit einem Dolch erwartet?
Es kostete Germunt einige Überwindung, seinen Kopf über die Hauswand hinaus zu lehnen und in die Gasse zu spähen. Als er es
     doch tat, sah er einen letzten Zipfel des schwarzen Umhangs in einem Hoftor verschwinden.
    Auf Stiefelspitzen schlich Germunt zum Tor. Es stand einen Spalt offen.
Die Einladung in eine Falle?
Aber er war schon zu weit gegangen, um jetzt umzukehren. Germunt zwängte sich durch den Spalt, vermied es, das Tor weiter
     zu öffnen, damit es nicht in den Angeln kreischte.
    Er fand sich auf einem leeren Platz wieder, der von einem Wohnhaus, einer Scheune und einem Stall umgrenzt war. Der Mond hing
     groß und rund darüber, als habe er nur diesen Hof zu beleuchten. Ein großer Misthaufen verbreitete schweren Tiergeruch. In
     keinem Fenster war Licht zu sehen, keine Tür federte nach.
Wo bist du, Meuchler?
Einer plötzlichen Eingebung folgend, wirbelte Germunt herum und sah hinter sich.
Kein Hinterhalt.
    Da fiel ihm ein Pferdehalfter ins Auge, das kaum merklich an seinem Haken hin und her schwang. Es hing an einer schmalen Pforte,
     die zwischen Stall und Scheune eingefügt war. Germunt überquerte den Hof und passierte die Pforte. Eine weiche, aber kühle
     Frauenstimme war zu hören. Den Rücken an die Wand gepreßt, schob sich Germunt näher zur Ecke des Stalls. Dort neigte er den
     Kopf gerade so weit, daß seine Augen hinter die Scheunenwand blicken konnten.
    |366| Das bleiche Gesicht war von ihm abgekehrt, ihm gegenüber stand eine Frau, in deren Augen das Mondlicht glitzerte. Die Haut
     zwischen ihren Wangenknochen und dem Kinn spannte sich anmutig, die Lippen waren voll, die langen, lockigen Haare so hinter
     die Ohren gekämmt, daß Germunt einen Anflug von Begehren spürte.
    Dann erinnerte er sich. Er war dieser Frau in seinen ersten Tagen in Turin begegnet, auf dem Markt. Sie wollte ihn damals
     in einen Hauseingang ziehen, hatte ihn an der Schulter berührt und wie einen alten Freund angesprochen.
    Die Hure strich sich mit der Fingerspitze über das Kinn. »Als Bezahlung soll ich verlangen, daß er ein Schriftstück siegelt?«
    »Nein. Deine Hingabe ist ein Geschenk. Kannst du ihn nicht durch deine Liebesspiele dazu bewegen, dir zu gehorchen?«
    »Nicht, wenn es ihm völlig widerstrebt.«
    »Das wird es nicht. Er wird mehr oder weniger mit dem Inhalt der Urkunde einverstanden sein.«
    »Also sind meine Dienste nur der süße Kuchen, der einen Hungrigen zu Tisch lockt?«
    »So ist es.«
    »Damit kann ich leben, solange es gut bezahlt wird.«
    Ein kleines Ledersäckchen wechselte den Besitzer, wurde in der

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