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Der kalte Hauch der Angst

Der kalte Hauch der Angst

Titel: Der kalte Hauch der Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierre Lemaitre
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gut«, sagt er. »Ich meine, in solchen Fällen ist es gut …«
    Â»Ich glaube, wir müssen etwas unterschreiben …«
    Frantz’ Stimme bringt in diesen ziemlich gut verschleierten Dialog wieder etwas Wirklichkeit. Jondrette schüttelt sich.
    Â»Ja. Hier …«
    Er schiebt Sophie das Formular zu. Sie sucht einen Stift. Jondrette reicht ihr einen Kugelschreiber mit dem Logo einer Autowerkstatt. Sophie unterschreibt. »Berg«.
    Â»Und jetzt läuft alles …«, sagt Jondrette.
    Schwer zu sagen, ob es eine Frage oder eine Feststellung ist.
    Â»Geht schon«, sagt Frantz.
    Guter Ehemann. Jondrette sieht zu, wie das junge Paar Arm in Arm die Gendarmerie verlässt. Eine solche Frau ist bestimmt prima, aber sie bringt sicherlich auch jede Menge Probleme mit sich.
    Das hat sie geduldig gelernt: zu atmen wie im Schlaf. Das verlangt große Konzentration, in jedem Moment muss man bei der Sache sein, aber jetzt kann sie es sehr gut. So gut, dass er zwanzig Minuten später, wenn er ins Schlafzimmer kommt und sie schlafen sieht, völliges Vertrauen hat. Er streichelt sie durch die Kleider hindurch, legt sich auf sie und vergräbt seinen Kopf im Kissen. Ihr Körper ist losgelöst, sie öffnet die Augen, sieht seine Schultern, spürt, wie er in sie eindringt. Um ein Haar hätte sie gelächelt …
    Sophie ist gerade in eine Schlafphase eingetreten, die ihm eine Atempause lässt. Dieses Mal hat er im Überschwang des Moments, aus lauter Wiedersehensfreude, ein wenig zu vielvon dem Schlafmittel erwischt: Sie schläft tief. Er wacht eine Weile über sie, lauscht ihrem Atem, bemerkt die kleinen, nervösen Zuckungen auf ihrem Gesicht, dann steht er auf, schließt die Wohnung ab und geht hinunter in den Keller.
    Er fasst die Situation zusammen und beschließt, die Fotos vom Haus ihres Vaters zu löschen, weil sie ihm nichts mehr nutzen. Er sieht die Bilder schnell durch und löscht sie dann nacheinander. Das Haus, alle Fenster, der Wagen, dann Auverney, der das Haus verlässt, der den Umschlag auf den Rasenmäher legt, Auverney, wie er am Gartentisch arbeitet, wie er die Säcke auslädt, wie er das Tor abbeizt. Es ist zwei Uhr nachts. Frantz holt das Verbindungskabel, und bevor er die Aufnahmen in der Kamera löscht, überspielt er ein paar Fotos, damit er sie sich auf dem Monitor seines Rechners anschauen kann. Er hat nur vier ausgewählt. Das erste zeigt Auverney, wie er durch den Garten geht. Dieses Foto hat er gespeichert, weil man darauf das Gesicht sehr gut von vorn sieht. Für einen Mann über sechzig ist er noch rüstig. Kantiges Gesicht, energische Züge, wacher Blick. Frantz vergrößert das Bild auf achtzig Prozent. Intelligent. Auf hundert Prozent: mit allen Wassern gewaschen. Hundertfünfzig Prozent: So ein Mann kann gefährlich werden. Diesem Wesenszug, der sicherlich genetisch ist, dürfte es Sophie verdanken, dass sie noch am Leben ist. Auf dem zweiten Bild arbeitet Auverney an seinem Gartentisch. Frantz zoomt den kleinen Teil des Bildes, auf dem man den Bildschirm von Auverneys Laptop sehen kann, von fünfundsiebzig auf hundert Prozent. Der Ausschnitt ist noch immer verschwommen. Frantz lädt das Foto in ein Bildbearbeitungsprogramm, um es schärfer zu bekommen. Er meint, die Symbolleiste eines Textverarbeitungsprogramms zu erkennen, aber das Bild bleibt unscharf. Er wirft es inseinen Dateipapierkorb. Das dritte Foto hat er am letzten Tag gemacht. Auverney im Anzug. Er geht zum Rasenmäher, um dort den Umschlag zu deponieren, der sicherlich für den Mechaniker bestimmt ist. Was auf dem Umschlag steht, ist unleserlich, aber das ist ja auch egal. Das letzte Bild wurde ganz am Schluss in Frantz’ Versteck aufgenommen. Auverney hatte die Haustür weit offen gelassen, und Frantz kann im Inneren des Hauses genau sehen, was er bereits ausgiebig durchs Fernglas beobachtet hat: ein großer runder Tisch unter einer Billard-Lampe, die ziemlich weit heruntergezogen ist, hinten in einem Regal eine Stereoanlage mit einer imposanten CD-Sammlung. Frantz wirft auch dieses Bild in den Papierkorb. Als er gerade das Programm schließen will, packt ihn doch noch einmal die Neugier. Er holt das Foto der Scheune wieder aus dem Papierkorb, und mit ein paar Mausklicks hat er den Ausschnitt des hinteren, dunklen Teils vergrößert: Kartons, Säcke mit Erde, Gartengeräte, Werkzeugkasten,

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